Der Held von Björnnäs. Nordische Erzählung. Karl Friedrich Kurz

Der Held von Björnnäs. Nordische Erzählung - Karl Friedrich Kurz


Скачать книгу
er. „Morgen geh ich zum Pfarrer. In zwei Wochen muss Hochzeit sein!“

      Wie umgewandelt war da die Brita. Diesmal schlug sie ihre runden Arme um seinen Hals und drückte ihre vollen Lippen auf seinen Mund. Un jetzt stand er, steif wie ein Stock, und war in sichtlicher Verlegenheit.

      Aber nachts trafen sie sich jenseits der Mauer, die den Gaard umschloss, in der öden Wildmark, und dann war der Daniel nicht mehr so blöde. Jedoch die Nacht ist heimlich und verschwiegen. Sie verrät die nimmer, die sich ihr anvertrauen.

      Als der Daniel gegen den Morgen hin über die Berge und Klüfte Björnnäs zutrollte, pfiff und trällerte er, war leichten Herzens und fühlte von der kaum überstandenen Krankheit rein gar nichts mehr.

      Hindernisse

      Daniel Storekjäft tat, wie er versprochen. Er ging am Sonntagmorgen schon zum Pfarrer. Der sass in seiner Studierstube und bereitete sich zur Trauung des Paares vor. Er liess den Bräutigam eintreten und empfing ihn freundlich.

      „So ist’s recht, mein Sohn! Recht ist’s, dass du noch zu mir kommst. Wahrlich, du stehst vor einem schweren Schritt; vor dem bedeutungsvollsten in deinem Leben. Denn, glaube mir, es ist kein Kinderspiel, sich seine Gefährtin für alle Zeiten auszusuchen.“

      So hub der Pfarrer an und setzte sich in seinem Lehnstuhl zurecht, um den jungen Burschen in einer Fahrt mit Ermahnungen und guten Ratschlägen für den Ehestand vorzubereiten.

      Andächtig gesenkten Hauptes hörte Daniel Storekjäft zu und war von den Worten der Gottesfurcht und Lebensweisheit offenbar sehr gerührt.

      Als der Pfarrer mit dieser Weisheit zu Ende war, schaute er nach der Uhr und stand auf.

      „Hättest deine Braut auch mitbringen können. Wär auch für sie gut gewesen,“ sagte er, während er sich den Hut aufsetzte.

      Die Kirchenglocken begannen zu läuten, und die Menschen, die bisher unten am Strand in Gruppen beisammen gestanden, bewegten sich langsam zur Kirche herauf.

      „Werd sie dann am nächsten Sonntag mitbringen,“ meinte Daniel, ohne von seinem Stuhl aufzustehen. Er räusperte sich umständlich, öffnete mehrmals den Mund. Aber er konnte das rechte Wort nicht finden.

      Der Pfarrer legte seine Hand auf die Türklinke.

      „Jetzt ist’s Zeit! Deine Braut wartet schon unten vor der Kirchtür, seh’ ich.“

      „Was tut sie?“ rief Daniel aufs höchste verwundert und drehte den Kopf nach dem Fenster.

      „Salze und brate mich!“ staunte er. „Ja, wahrlich, da steht sie!“

      Der Pfarrer aber achtete nicht mehr auf ihn. Er war schon draussen im Hausflur, von dort aus winkte er gebieterisch mit der Hand und verliess das Haus. Erst am Gartentor holte ihn Daniel Storekjäft wieder ein.

      „Ach Väterchen!“ säufzte er, „ich will sie ...“

      Doch da war der Glockner Aarö zum Pfarrer getreten, hatte ihn auf die Seite gezogen, um ihm im Flüstertone irgendeine wichtige Mitteilung zu machen.

      Mehr und mehr Leute kamen herzu; und der Pfarrer schritt mit ihnen davon.

      Daniel Storekjäft aber drängte sich mit den Ellbogen aufs neue an ihn heran, zupfte ihn an seinem schwarzen Priestergewand und sagte aufgeregt:

      „Väterchen, ich will sie nicht! Ich will sie nicht, hörst du!“

      Aber der Pfarrer hörte es nicht. Wenigstens tat er so.

      In dichten Haufen umdrängten die Männer den Daniel, blinzelten und schmunzelten ihm vergnüglich zu, schlossen ihn wie mit einer beweglichen Mauer ein und zogen und schoben den merkwürdigen Bräutigam gegen seinen Willen in die Kirche.

      Der Glockner Aarö stiess ihn nach der vordersten Bank, die gerade unter der Kanzel stand. Von der andern Seite brachten ein paar Weiber die Trine herbei und drückten sie zur Rechten des verdutzten Daniel nieder. Zur Linken setzte sich der Glockner Aarö. Daniel Storekjäft wollte zwar gleich wieder aufstehen; aber der Glockner hielt ihn mit starker Faust zurück.

      Und da begann auch die Gemeinde schon zu singen. Nun erst wagte der Daniel einen Blick nach den Händen seiner ehemaligen Braut zu tun. Er traute seinen Augen nicht; der Ring war wieder an ihrem Finger!

      Als der Gesang zu Ende war, fing der Pfarrer zu reden an. Das dauerte eine ganze Stunde lang. Und als er schwieg, kam er von seiner Kanzel herunter und stellte sich hinter den Altar.

      Der Glockner Aarö machte der Trine ein Zeichen und puffte den Daniel vor den Seelsorger hin.

      Nach einer abermaligen längeren Rede, in welcher der Pfarrer vom Ehestand im allgemeinen sprach und das Brautpaar im besonderen auf seine Pflichten darin aufmerksam machte, begann er mit der eigentlichen Kopulierung, wie sie das Gesetz vorschreibt.

      Eine grosse Feierlichkeit war über die ganze Gemeinde gekommen. Ein paar alte Weiber hatten ihre bunten Taschentücher gezückt und trockneten sich die nassen Augen; wie das bei dergleichen Anlässen zu geschehen pflegt.

      Der Pfarrer verrichtete seine schwierige Funktion mit viel Würde und Verstand und alles ging glatt vonstatten. Bis zum Augenblicke, da er die Frage an den Bräutigam richtete:

      „Daniel Storekjäft von Björnnäs, willst du heute die Trine von Kraakösund als dein rechtmässig Eheweib haben, sie alle Zeit lieben und achten?“

      Ein Puff Aarös belehrte den Daniel, dass er antworten solle. Aber er antwortete nicht. Darum musste der Pfarrer seine Frage wiederholen. Auf Aarös erneutes Puffen schaute Daniel zum Pfarrer auf und fragte zurück:

      „Willst du sie haben, Väterchen?“

      Der Glockner Aarö flüsterte da dem Daniel ins Ohr:

      „Musst ‚ja‘ sagen, du Dummerian!“

      Nun aber wandte sich Daniel Storekjäft an den Glockner und fragte:

      „Willst vielleicht du sie haben?“

      „Nein,“ erklärte Aarö in erregtem Flüstertone, „ich will sie nicht und der Pfarrer will sie nicht. Er muss nur so fragen, verstehst du!“

      „Ei der Henker auch!“ rief da Daniel Storekjäft so laut, dass es alle hören konnten. „Also keiner von euch will sie haben! Ja dann — bei meiner Seele — will ich sie auch nicht!“

      Damit drehte er sich um und verliess die Kirche.

      Jetzt, nachdem der Bräutigam auf diese Weise abhanden gekommen, war’s natürlich vorbei mit der Trauung. Die Gemeinde, samt Pfarrer und Glockner, verliessen die Kirche ebenfalls und nahmen die Trine mit.

      Zur nicht geringen Verwunderung des Pastors aber fand er Daniel Storekjäft in seiner Studierstube sitzen, als er zu Hause ankam.

      „Ich will die Trine nicht haben!“ rief der seinem Seelenhirt zu. „Aber die Brita will ich haben, Väterchen!“

      Ein paar Minuten lang machte der Pfarrer ganz glasige Augen vor purer Verwunderung.

      „Was?!“ rief er dann, als hätte er nicht recht verstanden.

      „Die Brita, Väterchen — die Brita will ich!“ wiederholte Daniel Storekjäft und erzählte in ausführlicher Weise von seiner Krankheit und Genesung.

      „Aus dem wird nichts!“ donnerte der Pfarrer, als Daniel Storekjäft schwieg. „Bist wohl verrückt geworden! Freist um die Trine, gibst ihr Ring und Versprechen — und jetzt willst ihre Magd, die Brita, heiraten. Das geht nicht, sag ich dir!“

      „Doch, doch, es geht, Väterchen,“ meinte der junge Bursch zuversichtlich. „Gib mir nur die Brita, Väterchen, dann wird’s schon gut gehn.“

      „Die Trine wär für dich Sausewind die rechte gewesen,“ ereiferte sich der Pfarrer. „Die hätt’ dir blutjungem Schnaufer den rechten Weg in der Ehe weisen können, die war in gesetztem Alter; hätt’ dir den Kopf zurecht setzen können.“

      „O,


Скачать книгу