Der Fluch der Welt. Robert Heymann

Der Fluch der Welt - Robert Heymann


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      Robert Heymann

      Der Fluch der Welt

      Roman

      5. Band der modernen Kulturromane

      4. Fortsetzung des Romans „Das flammende Land“

      Saga

      Der Fluch der Welt

      © 1918 Robert Heymann

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711503614

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

      Die Deutschen sind der Fluch der Welt.

      Lord Northcliffe

      Vorwort.

      Der Weltkrieg hat eine Ausdehnung angenommen, die niemand vor drei Jahren geahnt hat. Der Donner der Kanonen erfüllt noch immer die Welt und übertönt die Rufe der Völker nach Frieden. Deutschland bot die Hand zur Versöhnung, die Machthaber der feindlichen Nationen wiesen sie mit Hohn zurück. Erstaunt wirft jeder Deutsche die Frage auf: Geht es um so hohe wirtschaftliche Werte für England, dass für zwei germanische Nationen die Erde nicht mehr Raum hat? Ist das Schlagwort Elsass-Lothringen für Frankreich eine moralische Lebensfrage, dass Hekatomben seiner besten Söhne für ein Stück Land den heimischen Boden düngen müssen, denselben Boden, den das eherne Gesetz des Krieges in eine Wüstenei verwandelt hat? Und kann sich Russland nicht losreissen von seinem englischen Manichäer? Soll der Kriegstaumel Italiens nur die Stunde hinausschieben, in der die Revolutionsglocken dem Schwiegersohn Nikitas das Schicksal Nikolaus II. verkünden? Schreckt keine Nation das Schicksal Serbiens, Belgiens, Rumäniens? Ist das ehedem freie Amerika ein willenloses Werkzeug in der Hand eines Trusts von Milliardären geworden, die ihre europäischen Aussenstände durch die Aufopferung aller Freiheiten einer Nation sichern wollen?

      Hat ein Wahn die Welt ergriffen? Kreist epidemisch der Vernichtungewille im Blut der Völker? Haben wir Luftschiffe erfunden und die höchsten Probleme der Technik gelöst, um unsere Kultur zu vergewaltigen und Europa dem Hunger zu überliefern? Was ist es, das die Menschheit in Banden hält? Der Hass.

      Ein Hass, wie ihn die Weltgeschichte ähnlich nie verzeichnen konnte, in deren Büchern sich die Tragödien des Neides, des Ehrgeizes und der Verblendung aneinanderreihen. Der Hass ist als Fluch der Welt über die Menschheit gekommen.

      Lord Northcliffe sagte in einer Rede in London: Die Deutschen sind der Fluch der Welt. Er begründete die billig gewordene Phrase durch einen Schwall jener aus Hass geborenen Entstellungen und schöpfte aus einem unergründlichen und scheinbar unerschöpflichen Brunnen, der der wirkliche Fluch der Welt ist und seine Quellen in allen Erdteilen brodeln lässt: die Presse.

      Diesem Problem ist ein Teil meines neuen Romanes gewidmet.

      Wenn einmal die kritische Geschichte dieses Völkerringens geschrieben werden wird, und der Geschichtsschreiber vielleicht ratlos vor den pathologischen Erscheinungen stehen wird, dann müssen alle Archive dieses Übermass gifttriefender Geistesprodukte zum Verständnis der Psychose ausleihen, unter deren Druck sich die Völker beugten. Dann wird man klar erkennen, dass nicht Aberwitz die Menschheit des Verstandes beraubte, sondern der wohlorganisierte verbrecherische Betrug des Geistes. Scheint es gleich Wahnsinn, dass die Flut bedruckten Papieres die neue Sintflut hervorrief und tausenden menschlicher Wohnstätten das Schicksal von Sodom und Gomorrha bereitete: dieser Wahnsinn hatte Methode und diese Methode richtete sich gegen Deutschland. Die Presse Frankreichs, Englands, Italiens und Russlands hat ihre ethische Mission verleugnet und einen ungeheuerlichen Lügenfeldzug mit schrecklichsten Verirrungen des Hasses inszeniert. Wir Deutsche lächelten 1914 über diese papierenen Regimenter, welche England über den Erdkreis marschieren liess. Aber diese schwarzen Legionen des Wortes, des entarteten Gedankens und der schmachvollen Lüge haben mehr Siege errungen, als die deutschen Waffen.

      Diese Brandstifter Europas wurden der Fluch der Welt. Sie entzündeten die übelsten Instinkte der Massen, sie verdunkelten das Licht des Geistes, sie legten Zündschnure an alle Leidenschaften ehrgeiziger Politiker und machten aus der Verleumdung heilige Wahrheiten. Und so von teuflischer Narrheit befangen sind die Völker, dass sie den erschreckenden Witz der Geschichte, die Ironie solch ausposaunter Gemeinplätze nicht mehr begreifen. England bekämpft den Militarismus und führt die allgemeine Wehrpflicht ein, reisst das kühle Amerika mit sich und überzeugt die Nachkommen Washingtons von der Notwendigkeit, die preussische Autokratie durch den amerikanischen Imperialismus niederzuringen. England rächt den „Neutralitätsbruch“ in Belgien und jagt einen neutralen König gegen den Willen seines Volkes in die Verbannung, um ein militärisches Abenteuer auf dem Balkan sicher zu stellen. England proklamiert das Selbstbestimmungsrecht der Völker und lässt in Indien und Aegypten die Prediger dieser Theorie durch britische Kugeln zu Märtyrern werden. Frankreich will Elsass-Lothringen auf Grund historischer Rechte anektieren und weiss sehr gut, dass das deutsche Reich einmal halb Belgien, halb Italien und überhaupt halb Europa umfasste. Amerika zieht für die demokratische Freiheit ins Feld und verbietet seinen Sozialisten, einer Friedenskonferenz beizuwohnen. Es würde zu weit führen, die dem Fluch der Lächerlichkeit verfallenen pathetischen Grundsätze der Ehrgeizigen aufzuzählen, die ihren von kapitalistischen Machtworten diktierten Kriegshandlungen das Mäntelchen ethischer Ziele umhängen. Ihre Unternehmungen sind von so absurden Voraussetzungen geleitet, dass nur ein durch Branntwein berauschtes oder nicht mehr normales Volk Gefolgschaft leisten kann.

      Und doch folgen sie alle dem Schlachtruf, denn dieser Branntwein, dieser Fluch der Welt, hat sie alle des Verstandes beraubt: das Pathos der Lüge, des Hasses, der Verleumdung, der Rechtsverdrehung, das die erlesensten Geister der romanischen und anglikanischen Rasse auf ihre Fahnen geschrieben haben.

      Die Zeitungen haben sich verkauft, gedemütigt, haben ihre edlen Ziele verleugnet, ihre hohe Berufung verneint, sind zu nichtswürdigen Parteigängern der politischen Brandstifter geworden. Sie haben dem Krieg seine Erhabenheit, der Begeisterung ihre edle Geste, der Menschheit ihre Kultur und den Völkern ihre primitivsten Rechte entwertet. Sie, die einst an der Spitze der Zivilisation marschierten, sind zu Marodeuren geworden, die den Leichenraub betreiben. Dieser Zustand ist der Fluch der Welt!

      Robert Heymann.

      Verschiedene Wege.

      Hauptmann Franz Scholz kehrte eben aus Polen zurück, als seine geliebte Mutter zu kränkeln anfing. Ihr zweiter Sohn Hans, der Lehroffizier im Blindenheim war, befand sich bei ihr und begrüsste herzlich den heimgekehrten Bruder.

      Seit langer Zeit waren die Mitglieder der Familie Scholz wieder versammelt, freilich nicht vollzählig, denn Sonja und ihr Töchterlein fehlten.

      Die schöne Gattin des Hauptmanns war in ihre Heimat zurückgekehrt. Die deutsche Regierung hatte sie in das neue Königreich Polen berufen, wo man sie wegen ihrer Kenntnisse der polnischen Volksseele brauchte.

      Die Zeit war da, wo Deutschland „bis zum letzten Hauch von Ross und Mann“ sich einsetzen musste. Wo auch die Frauen auf den Plan traten und Seite an Seite mit den Männern um Zukunft und Existenz rangen. Frau Sonja nahm Dienst im deutschen Gouvernement, wo sie in einer eigenen Abteilung die Judenfrage zu behandeln hatte.

      Sie fand trotzdem noch Zeit, ihren Mutterpflichten zu genügen. Ihre Kleine besuchte die deutsche Schule in Warschau.

      Mit Entschlossenheit und Energie hatte der neue Gouverneur von Beseler Ordnung geschaffen. Polen sollte ein Königreich werden, selbständige Verfassung erhalten, ein eigenes Heer stellen.

      Aber mit dieser deutschen Proklamation waren noch nicht alle Fragen gelöst,


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