Essentielle Werke des Heiligen Athanasius, Band 1. Athanasius der Große
zu verlassen, nicht gehorcht habe.
In K. 27 und 28 erklärt er nun, daß er im Vertrauen auf seine gute Sache sich auf den Weg gemacht habe, um persönlich vor dem Kaiser zu erscheinen, er aber auf seiner Reise von den schweren Verfolgungen gegen die Bischöfe, die sein Verdammungsurtheil nicht unterschrieben hätten, und von der Verfolgung gegen die Katholiken überhaupt in Kenntniß gesetzt worden sei. In K. 29 spricht er sich dahin aus, daß er selbst durch diese Nachrichten sich nicht habe abhalten lassen, seine Reise fortzusetzen. Da seien ihm aber zwei Schreiben des Constantius zu Gesicht gekommen, von denen das erste, an die Alexandriner gerichtet, gegen Athanasius die schwersten Beschuldigungen erhebt und seine Anhänger mit den schwersten Strafen belegt, das zweite, an die Tyrannen von Auxumis gerichtet, diese beauftragt, Frumentius, den Bischof von Auxumis, nach Ägypten zu schicken, um vor Georgius und den übrigen arianischen Bischöfen in Ägypten wegen seiner durch Athanasius geschehenen Erhebung zur bischöflichen Würde sich zu rechtfertigen. K. 30 und 31 enthalten beide kaiserliche Schreiben. Diese zwei Schreiben hätten ihn bewogen, sich wieder in die Wüste zurückzuziehen und nach der Mahnung des Herrn die Flucht zu ergreifen. Es folgt dann noch eine Vertheidigung dieser Flucht und schließlich die Bitte, die verbannten Bischöfe in ihre Diöcesen zurückkehren zu lassen. K. 32 — K. 35.
Fußnoten
Aus: Ausgewählte Schriften des Heiligen Athanasius, Erzbischofs von Alexandria und Kirchenlehrers: 2. Band / aus dem Urtexte übers. und mit Einl. sowie erl. Bemerkungen vers. von Jos. Fisch. (Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 29), Kempten 1875.
Des hl. Athanasius Schutzschrift an Kaiser Constantius (Apologia ad Constantium)
1.
Da ich weiß, daß Du schon seit vielen Jahren Christ bist und die Frömmigkeit von Deinen Vorfahren ererbt hast, so gehe ich jetzt guten Muthes an meine Vertheidigung. Indem ich mich nämlich der Worte des seligen Paulus bediene,1 mache ich ihn zu meinem Fürsprecher bei Dir. Denn ich weiß, daß er ein Verkünder der Wahrheit ist, Du aber, gottesfürchtiger Augustus, seine Worte gerne vernimmst. Was nun die kirchlichen Angelegenheiten und die gegen mich geschmiedeten Ränke anbelangt, so genügen die Beschlüsse so vieler Bischöfe, um Deiner Frömmigkeit davon Zeugniß zu geben. Auch reicht die Reue des Ursacius und Valens hin, um Alle zu überzeugen, daß Nichts von dem, was sie gegen uns vorbrachten, auf Wahrheit beruhte. Denn könnte sonst Jemand ein so kräftiges Zeugnis geben, als Diese schriftlich niedergelegt haben? „Wir logen, wir erdichteten, und alle Anschuldigungen gegen Athanasius strotzen von Verleumdung.“ Zu diesem offenen Beweis kommt noch, wenn Du es noch vernehmen willst, daß die Ankläger in unserer Gegenwart gegen den Priester Makarius keinen Beweis führten, in unserer Abwesenheit aber für sich allein thaten, was ihnen beliebte. Ein solches Verfahren aber hat zunächst nach dem göttlichen Gesetze, dann aber auch nach unsern Gesetzen keine Giltigkeit. Daraus kannst Du überzeugt sein, daß Deine wahrheitsliebende und gottesfürchtige Gewissenhaftigkeit uns von jedem Verdachte frei finden und unsere Gegner als Verleumder erklären wird.
2.
Was aber die Verleumdung betrifft, die bei Deiner Menschenfreundlichkeit wegen des gottesfürchtigen Kaisers, Deines Bruders Constans seligen und ewigen Andenkens, gegen mich gerichtet wurde, — denn das verbreiten die Feinde und haben es sogar zu schreiben gewagt, — genügt das Frühere zum Beweise, daß auch das nicht wahr sei. Denn wenn es andere Menschen wären, die das sagen, so könnte die Sache in Untersuchung gezogen werden, und es wäre ein umständlicher Beweis und eine augenscheinliche Überführung nöthig. Wenn aber die, welche das Erste erdichtet, auch Dieß zusammengesetzt haben, wie geht nicht aus Jenem hervor, daß auch Dieß erdichtet sei? Deßhalb sagen sie Dir Dieß wieder* insgeheim*, weil sie glauben, Deine Gottesfurcht hintergehen zu können. Aber sie täuschen sich. Denn nicht, wie sie wollen, hörst Du sie, sondern Du hast in Deiner Geduld auch uns die Vertheidigung gestattet. Denn daß Du nicht plötzlich in Flammen geriethest und Strafe verhängtest, ging auf nichts Anderes hinaus, als daß Du als gerechter Herrscher auch die Vertheidigung des Angeklagten abwarten wolltest. Wenn Du Dich herablässest, diese anzuhören, so hoffe ich zuversichtlich, daß Du auch hierin sie tadeln wirst als verwegene Menschen, die Gott nicht fürchten, welcher befiehlt, daß man den König nicht anlüge.
3.
Ich schäme mich nun fürwahr, mich wegen solcher Punkte zu vertheidigen, die, wie ich glaube, nicht einmal der Ankläger in unserer Gegenwart erwähnen würde. Denn er weiß ganz gut, daß er lügt, und daß ich weder wahnsinnig bin, noch den Verstand verloren habe, so daß man muthmaßen könnte, ich hätte so Etwas auch nur gedacht. Deßhalb würde ich auch sonst Niemandem auf gestellte Frage antworten, damit nicht, die mich anhören, während der Zeit der Vertheidigung in Ungewißheit schweben. Vor Deiner Gottesfurcht aber vertheidige ich mich mit lauter und deutlicher Stimme und ausgestreckter Hand, wie ich es vom Apostel gelernt habe: „Ich rufe Gott zum Zeugen an auf meine Seele,“2 und wie in den Büchern der Könige geschrieben steht: „Zeuge ist der Herr, und Zeuge sein Gesalbter,“3 so gestatte auch mir zu sagen: Ich habe niemals über Deine Gottesfurcht ein schlimmes Wort bei Deinem Bruder Constans seligen Andenkens, dem gottesfürchtigen Kaiser, gesprochen. Ich habe ihn nicht aufgestachelt, wie Diese mich verleumdet haben. Vielmehr, wenn er einmal, da wir zu ihm kamen, Deiner Menschenfreundlichkeit Erwähnung that, — und er that Erwähnung, als Thalassus nach Pitybion kam und wir in Aquileja verweilten, — so sei der Herr mein Zeuge, wie ich Deiner Gottesfurcht erwähnte und so über Dich redete, wie der Herr es Deiner Seele offenbaren möge, damit Du Dich von der Ränkesucht meiner Verleumder überzeugest. Gestatte mir, menschenfreundlicher Kaiser, Dieß zu sagen, und gewähre mir großmüthige Nachsicht. Nicht hat jener Freund Christi sich so viel vergeben, noch war ich ein so bedeutender Mann, daß wir über solche Dinge mit einander Rücksprache nahmen, oder daß ich den Bruder beim Bruder hätte anschwärzen, oder vor dem Kaiser hätte des Kaisers in ungünstigem Sinne gedenken sollen. Ich bin nicht wahnsinnig, o Kaiser, und ich vergesse nicht des göttlichen Ausspruches, welcher lautet: „Und in deinem Gewissen verfluche den König nicht, und in den Räumen deines Schlafgemaches verfluche den Reichen nicht. Denn ein Vogel des Himmels wird dein Wort weiter tragen, und das beflügelte Thier deine Rede verkünden.“4 Wenn aber sich nicht verbergen läßt, was man insgeheim gegen euch Könige spricht, wie ist es glaubwürdig, daß ich vor dem Kaiser und vielen Anwesenden gegen Dich gesprochen habe? Denn niemals habe ich Deinen Bruder allein gesehen, noch hat dieser jemals mit mir allein verkehrt, sondern immer kam ich in Begleitung des Bischofs der Stadt, wo ich war, und Anderer, die dort sich ausserdem aufhielten, zu ihm, und wir sahen ihn gemeinschaftlich und gingen mit einander wieder zurück. Es kann Dieß Fortunatian, der Bischof von Aquileja, bezeugen. Auch der Vater Hosius kann es bestätigen, ebenso Crispinus, der Bischof von Patavium, Lucillus in Beroni, Dionysius in Leis, der Bischof Vincentius in Campanien, und da Maximin von Trier und Protasius von Mailand gestorben sind, kann der damalige Magister5 Eugenius Zeugniß geben. Denn dieser stand an der Schwelle und vernahm, um was wir ihn baten, und was er uns zu erwidern geruhte. Obschon nun das ein genügender Beweis ist, so gestatte mir gleichwohl, daß ich Dir den Zweck meiner Reise auseinandersetze, damit Du auch daraus die kennen lernst, so uns leichtfertig verleumden.
4.
Ich verfügte mich von Alexandria nicht ins Lager Deines Bruders oder sonst zu Jemand, sondern ich reiste nur nach Rom, und indem ich meine Sache der Kirche anvertraute, — denn das war meine einzige Sorge, — wohnte ich den Versammlungen bei. An Deinen Bruder schrieb ich nur, als die Anhänger des Eusebius ihm gegen mich geschrieben hatten und ich, da ich noch in Alexandria war, mich vertheidigen mußte, und als er mir auftrug, ihm Abschriften der heiligen Schrift zu verschaffen, fertigte ich solche an und schickte sie ihm; denn ich muß in meiner Vertheidigung Deiner Gottesfurcht gegenüber die Wahrheit sagen. Nach Verlauf von drei Jahren schreibt er mir nun im vierten Jahre und ladet mich ein, zu ihm zu kommen. Er war aber in Mailand. Und als ich um die Ursache fragte, — denn ich kannte sie nicht, der Herr sei mein Zeuge, — da erfuhr ich, daß einige Bischöfe, die dahin gekommen seien, ihn angegangen