Mein Papa und die Jungfrau von Orléans, nebst anderen Grotesken. Salomo Friedländer
— adieu!“
Damit wollte der gemütliche Mann in eine Elektrische steigen. Er hatte schon den einen Fuß auf dem Trittbrette, da riß ihn Max am Rockschoß so heftig zurück, daß beide stolperten und in eine Menge Kehricht übereinander fielen. Das Publikum lacht bei solchen Gelegenheiten, welche im Grunde garnicht zum Lachen sind, immer wieder herzlich. Die beiden klopften sich gegenseitig den Mist ab, worauf dann Max grinsend fragte: „Sie sollten mir doch erst sagen, mit was ich meine Zähne putzen könnte!“ „Ach so,“ meinte der heimtückische Greis, „ach so! Und darum Räuber und Mörder! Ein bißchen, ein bißchen ......... hä hä hä ..... Kohlenasche. Nehmen Sie Kohlenasche, junger Mann - - ganz einzigartiger Erfolg, auf Ehre! Adieu!“ Damit fuhr er ab. — Max wanderte fürbaß. Er grinste zähnefletschend und wiederholte murmelnd immerfort: „Kohlenasche, Kohlenasche.“ In einer Drogerie verlangte er eine Bürste, mit der man Kohlenasche aufnehmen könne. Der Drogist sann eine Zeitlang nach. Dann gab er ihm ein Mittelding zwischen Klosett- und Handseifenbürste. „Das ist eine schöne Bürste,“ sagte Max lallend und zahlte. Der Drogist gab ihm durchaus recht, er nickte eifrig bestätigend. Max vergaß, sich die Bürste einwickeln zu lassen. Er trottete, sie bald im Bogen schwingend, bald wie zur Probe vors Gebiß haltend, seines Wegs. Die Passanten hatten das garnicht ungern, niemand war darüber betrübt. „Kohlenasche, Kohlenasche,“ murmelte Max.
Da sah er Lisette in ein Haus gehn. Die Bürste wie zum Gruß an den Hut hebend, blieb er stehen. Lisette, sich umblickend, bemerkte es und lachte hell auf. Gleich darauf schloß sie oben ihr Fenster. Max machte ihr, die Bürste in der Hand, Fensterpromenade.
Plötzlich aber hörte man gellende, furchtbare Schreie aus dem Hause dringen. Menschen, Männer, Weiber, Kinder, Hunde. Katzen, alles kam in Bewegung und stürzte in’s Haus, dessen Bewohner aufgeregt aus ihren Wohnungen eilten. Die entsetzlichen Schreie, welche aber bald schwächer und schwächer wurden, drangen aus Lisettens Zimmer. Leider war es fest verschlossen; es dauerte eine geraume Weile, bis man die Tür aufgebrochen hatte.
Die Schreie waren längst verstummt. Das kleine Zimmer zeigte sich von dichtesten Brandwolken erfüllt; aus einem im Dunste kaum sichtbaren Häufchen auf dem Fußboden zuckten Flammen. Der Rauch war so erstickend, daß niemand sich ins Zimmer wagte. Die alarmierte Feuerwehr erschien. Man löschte, drang in’s Zimmer und entdeckte in dem Häufchen die tote, verbrannte Lisette. (Natürlich war wieder einmal dasleichtsinnige Umgehen mit dem explosiven Kochapparate schuld.)
Indem nun alles unter dem erschütternden Eindruck dieser Katastrophe stand und das unglückliche Mädchen beklagte, nahte sich dessen verkohlten Überresten grinsend der edle Max. Zum Schaudern aller Umherstehenden und ehe jemand es hindern konnte, denn sogar Polizisten und Feuerwehrleute standen starr, als sie es sahen; sie sahen es und wolltenes nicht glauben: stippte Max mehrmals seine breite Bürste in die Asche der Leiche. „Kohlenasche! Kohlenasche!“ jauchzte er und rieb und putzte sich sorgsam die Zähne. Auf einmal aber quollen dicke Tränen aus seinen Lidern. Er begriff das Geschehene, und, weinend statt grinsend, fuhr er fort, sich das Gebiß mit Lisettens Asche kräftig zu bearbeiten.
Ach! Ach! Im Irren haus ist es schön. Max geht mit der schwarzen Bürste im Garten spazieren. Er grinst. Seine Zähne leuchten so blank in der Sonne. —
Ihr aber, alte Burschen mit unverlangten Ratschlägen, bedenkt es, wie leicht euer Wort suggestiv wirke! „Kohlenasche“, im Scherz hingesprochen, beschwor ein Schicksal herauf. Gesprochene Asche kann reale machen. Ja, nehmt euch in acht! Sprecht vorsichtiger, denkt vorsichtiger! Kitzelt das Geschick nicht einmal zum Scherz, diese Bestie in der Menagerie des Lebens, deren Necken mit Recht verboten werden muß.
Welche Hoffnungen wurden hier buchstäblich zu Asche! Wie ich höre, soll auch Maxens Leiche (er überlebte Lisetten nicht lange) verbrannt worden sein .....
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.