Sorrowville. Michaela Harich
waren so heruntergelaufen, dass das Metall nicht mehr durchschimmerte, sondern dominant hervorstach. Und wenn er es richtig gesehen hatte, hatten sie vorne an den Zehen kleine Löcher. Vielleicht sollte er ihr seine Halbschuhe hinstellen. Die waren vielleicht einige Nummern zu groß, aber immerhin keine Mordwerkzeuge! Sie kicherte immer noch, und er seufzte. Möglicherweise war es besser, die Nacht einfach zu beenden und abzuschreiben. Die Aussicht auf sein Bett war verlockend, und seine Nerven würden es ihm danken.
»Willst du nicht erstmal aus diesem Rosenbusch herauskommen, bevor du fliegen möchtest?«
»Ooooh, ich möchte auf Rooooosen fliiiiiegen«, hauchte sie, und ein hohes, albernes Kichern folgte. Das war definitiv nicht die Wirkung von Alkohol, nicht nur. Er fühlte sich nicht wohl dabei, ihr noch etwas zu geben, was ihr Bewusstsein auf andere Weise erweitern würde – nachher glaubte sie wirklich noch, sie könne fliegen, und sprang vom Dach des Rathausturms! Allerdings konnte er sie auch schlecht so überdreht liegen lassen, oder? Auch wenn seine Mittelchen keinerlei Wirkung haben sollten, man durfte die Macht der Suggestion nicht unterschätzen, und ein Placeboeffekt war immerhin nicht von schlechten Eltern, wie er selbst schon oft beobachtet hatte.
»Willst du dich vielleicht ein wenig … abkühlen und runterkommen?« Er musste ihr einfach helfen. Vielleicht ein Bad im See?
»Oh, ja! Ich möchte im Moooondliiiiicht baden.« Sie kicherte erneut und rülpste undamenhaft. Er verdrehte die Augen. Großartig. Einfach großartig.
Mit einem Sprung war er unten bei ihr – es waren ja nur wenige Stufen, und die konnte man ohne High Heels problemlos überspringen – und griff nach ihren Armen. Sie fühlte sich kalt an, ein leichter Schweißfilm lag auf ihrer Haut. Zusammen mit ihrem sehr süßen, sehr schweren Parfum sorgte das für Gänsehaut, aber nicht die angenehme Art. Sie widerte ihn an, wie die meisten Frauen ihrer Art. Immerhin leistete sie keinen Widerstand, als er sie auf die Beine zog. Wacklig und desorientiert klammerte sie sich an ihn und strich ihm über die Brust. Sowohl sie wie er keuchten überrascht auf. Als sie Anstalten machte, ihre Hände unter seine Jacke und sein Hemd zu schieben, stieß er sie von sich. Erneut landete sie im Rosenbusch, doch dieses Mal würde er ihr nicht hochhelfen.
»Ekelhaftes Weib!«, grunzte er. Er angelte in seiner Tasche nach einem Tütchen voller Gras und schüttelte es. Sollte er ihr das einfach zustecken? Oder sollte er ihr helfen, sich damit zu entspannen? Nachdenklich musterte er die junge Frau, die nun jegliche Hemmungen verloren zu haben schien und ihm viel mehr Einblick in gewisse Regionen gewährte, als er jemals haben wollte.
»Das haaaaast du siiiiicher noch niiiiie so gesehen«, giggelte sie. »Außer du hast einen Spiegel hiiiingehalten.« Ihr irres Kichern nahm ihm die Entscheidung ab. Kurzerhand warf er ihr das Päckchen auf die entblößte Stelle ihres Bauches, denn durch den zweiten Sturz war ihre Bluse verrutscht, und beschloss, nach Hause zu gehen. Diese Nacht war eine Verschwendung gewesen: an Zeit, an Nerven, an Ressourcen.
Hoffentlich wurde es morgen besser.
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