Butler Parker Staffel 13 – Kriminalroman. Günter Dönges
auch verzeihen können.« Die ältere Dame gab sich großmütig. »Dann werde ich eben den Rest des Falles übernehmen, Mister Parker. Diese Oberratte kann sich auf einiges gefaßt machen. Sie ahnt überhaupt nicht, was da noch auf sie zukommt.«
»Vielleicht gibt es im Moment andere Sorgen, Mylady«, sagte Josuah Parker und deutete auf einen schmalen Feldweg, der sich durch die weiten Wiesen schlängelte. Er meinte eine Gruppe von Motorradfahrern, die in voller Fahrt heranpreschten.
Parker ahnte, um welche Männer es sich da handelte. Es mußten jene Wassersportler sein, deren Behelfsflöße er zerschmettert hatte. Parker machte sich auf eine lebhafte Diskussion gefaßt.
*
Sie waren blitzschnell heran und stiegen von ihren schweren Maschinen. Sie trugen wieder ihre unheimlich aussehenden Jethelme und die Lederbekleidung. Sie formierten sich und marschierten dann schweigend auf den Butler zu.
Doch dann blieben sie jäh stehen und beratschlagten. Parker schaute zum Hubschrauber hinüber, auf dem das Reizwort »Polizei« stand.
Agatha Simpson benahm sich nach Parkers Meinung mehr als ungewöhnlich. Sie winkte den jungen Männern zu und stampfte ihnen dann entgegen. Parker, um die alte Dame besorgt, folgte ihr. Er hatte seinen »Universal-Regenschirm« entsichert, das heißt, er war bereit, aus ihm die gefürchteten »Giftpfeile« zu verschießen.
Der Schirmstock war nämlich nichts anderes als eine Art modernes Blasrohr. Mittels komprimierter Kohlensäure konnte er kleine, stricknadellange und bunt gefiederte Pfeile verschießen, deren Spitzen präpariert waren. Das »Pfeilgift« sorgte für einen kurzfristigen, aber tiefen Schlaf.
»Sie haben die Type leidet zu früh erwischt«, sagte der Wortführer der sechs jungen Männer. Er schob sein Visier hoch und sah Josuah Parker grimmig an.
»Von wem reden Sie eigentlich?« wollte Agatha Simpson wissen. Sie wandte sich halb zu Parker um.
»Von dem alten Knacker da«, lautete die Antwort. »Wissen Sie etwa nicht, daß er harmlosen Frauen nachstellt und sie vergewaltigen will?«
»Mister Parker, was höre ich da von Ihnen?« Lady Simpson schmunzelte.
»Die Herren dürften falsch informiert worden sein«, stellte der Butler richtig.
»Mann, tun Sie bloß nicht so!« Der Sprecher der Motorradfahrer wurde ärgerlich. »Haben Sie die junge Frau nicht an Bord gelockt? Wollten Sie sie nicht aufs Kreuz legen?«
»Von wem, wenn ich höflich fragen darf, stammen Ihre Informationen?« erkundigte sich Josuah Parker.
»Von wem wohl? Von der jungen Frau!«
»Sie liegt in der Kabine des Hausbootes da drüben. Und sie wurde von ihrem Komplizen angeschossen.«
»Ich glaube, ich muß Ihnen da eine Illusion nehmen«, sagte Lady Agatha. »Die hilflose, junge Frau, für die Sie sich einsetzten, ist eine durchtriebene Gangsterin, so reizvoll und unschuldig sie auch aussieht.«
»Und die Type da neben Ihnen?«
»Das ist mein Butler, Mister Josuah Parker.«
Die jungen Männer waren sehr enttäuscht, denn sie hatten sich auf eine abwechslungsreiche Prügelei gefreut.
»Sie könnten mir einen Gefallen tun«, ließ Lady Simpson sich vernehmen. »Haben Sie Lust, drei weitere Gangster einzufangen?«
Die sechs jungen Männer blühten förmlich auf. Der Tag schien für sie gerettet zu sein. Sie nickten wie gleichgeschaltet.
»Mein Butler wird Ihnen erklären, was zu tun ist«, redete Agatha Simpson weiter. »Worauf warten Sie noch, Mister Parker? Sie sehen doch, daß die jungen Männer endlich aktiv werden wollen.«
»Sehr wohl, Mylady.« Parker faßte sich erstaunlich kurz und beschrieb den Motorradfahrern die Farm, die von dem Trio Pete, Maud und Rob gemietet worden war.
»Ich möchte Sie aber eindringlich warnen«, schloß er. »Rechnen Sie mit Schußwaffen und Gegenwehr.«
Sie hörten gar nicht mehr hin. Sie saßen bereits auf ihren Feuerstühlen und fegten zurück über den schmalen Feldweg. Es dauerte nur knapp anderthalb Minuten, bis sie auf der Straße verschwunden waren.
»Ich habe einen entscheidenden Fehler gemacht«, sagte Lady Simpson. Sie hatte den jungen Männern nachgeschaut und drehte sich nun zu Parker um.
»Mylady sehen mich betroffen.«
»Ich hätte mitfahren sollen«, sagte die Detektivin nachdenklich. »Ein Motorrad von dieser Größe wollte ich schon immer mal fahren.«
*
»Dieser Higgins hat doch keine Manieren.« Agatha Simpson sah dem davonfliegenden Hubschrauber nach. »Er hätte sich wenigstens verabschieden können.«
»Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, Mylady, daß Mister Higgins förmlich geflohen ist«, konstatierte der Butler.
»Und ich weiß auch warum«, ließ Kathy Porter sich vernehmen.
»Nämlich, meine Liebe?« Agatha Simpson wollte es genau wissen.
»Er hat bestimmt Angst, Sie könnten noch mal fliegen wollen, Mylady.«
»Papperlapapp, Kindchen. Wollen Sie etwa abstreiten, ich wäre mit diesem Ding nicht fertig geworden?«
»Das schon, Mylady, aber Ihre Flugtechnik ist Mister Higgins und seinem Piloten nicht bekommen.«
»Nun ja, ich habe mich etwas mit dem Piloten gestritten«, bekannte die ältere Dame. »Aber ich war stärker. Er sah das schnell ein.«
»Nachdem Sie ihm Ihren Pompadour um die Ohren geschlagen haben, Mylady«, sagte Kathy Porter.
»Es gab Mißverständnisse an Bord des Helikopters?« erkundigte sich Josuah Parker.
»Es war eine Art Zweikampf«, gab die kriegerische Dame zu und nickte. »Er wollte mich daran hindern, den Hubschrauber zu fliegen. Das konnte ich nicht zulassen.«
Parker malte sich aus, was sich da in der Luft abgespielt hatte. Er war heilfroh, wieder an Bord des Hausbootes zu sein. Hier auf dem Wasser konnte kaum etwas passieren.
Er hatte wieder Kurs auf den kleinen Ort genommen, von wo aus die Flußfahrt begonnen hatte. Die Bikinischönheit befand sich im Hubschrauber und wurde von Higgins ins nächste Krankenhaus gebracht. Für den Butler war dieses Intermezzo eigentlich schon beendet. Was jetzt noch zu tun war, erledigte die Polizei. Auch die Festnahme dieses John Bartlett war nur noch eine Frage der Zeit.
Parker geriet keineswegs in Panik, als Agatha Simpson sich für den Ruderstand zu interessieren begann. Schnell war das Hausboot nicht. Die unternehmungslustige Dame konnte damit auf keinen Fall ein Rennen veranstalten.
»Mylady werden noch heute zurück nach London fahren?« fragte er jedoch sicherheitshalber. Er dachte an seinen Urlaub.
»Das steht noch nicht fest, Mister Parker«, erwiderte sie. »Da ist ja noch diese Oberratte Bartlett.«
»Die Polizei wird ihn sehr schnell finden.«
»Machen Sie sich doch nichts vor, Mister Parker. Der Mann wird untertauchen.«
»Aber keine Whiskytransporter mehr entführen und ausplündern.«
»Er wird versuchen, Sie umzubringen.«
»Mylady rechnen mit dem Rachedurst dieses Mannes?«
»Natürlich! Mich wird er ebenfalls umbringen wollen. Aber das nur am Rande gesagt.«
»Unter diesen Umständen werde ich mir erlauben, Mylady zurück nach London zu geleiten.«
»Unsinn, Mister Parker! Einen Dreck werden Sie tun!« Sie sah ihn empört und ein wenig gereizt an. »Eine ›Ratte‹ kann mich nicht in Panik versetzen. Wir werden uns diesem Subjekt sogar anbieten.«
»Das Hausboot ist recht klein, Mylady, wenn ich darauf respektvoll