G.F. Barner Jubiläumsbox 9 – Western. G.F. Barner

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Bei Cannonball angekommen, drehte er den Gorilla auf den Rücken. Er schleifte ihn hinaus, stellte ihn auf die Beine und feuerte noch einmal seine Faust ab. Als beide Burschen übereinander im Tränketrog lagen, machte Rocky kehrt.

      »Jetzt ist Ruhe!« sagte er mit einem dumpfen Grollen, als er an den Tresen trat und ihn zurechtrückte. »In Ordnung, Howie?«

      »In Ordnung«, erwiderte Howie McGruder, aber ihm war hundeelend zumute. Sie hatten zwar gewonnen, doch die Niederlage würden Cannonball und Einohr-Joe niemals vergessen.

      *

      Cannonball Jackson knirschte vor Wut mit den Zähnen, als er Luke­ Harris in Rossmans Saloon eine Kehrtwendung machen sah. Luke­ und Selwyn Harris, die beiden großen Söhne des alten Abe, sahen sich kurz an. Sie hatten noch einen Bruder, einen Nachkömmling, der nicht zählte, weil er zu klein für rauhe Späße war. Außerdem besaßen sie noch eine Schwester. Entscheidungen trafen jedoch nur Luke und Selwyn. Und es waren harte Entscheidungen – genauso hart wie jene vor weniger als einer Viertelstunde, die Cannonball und Einohr-Joe in Bewegung gesetzt hatte.

      »Wie seht ihr aus?« tobte Luke Harris giftig. »Dreckig von oben bis unten, verbeult und zerkratzt. Hol’s der Teufel! Und ihr wollt die rauhesten Burschen von Arizona sein? Prügel habt ihr bezogen, nicht zu fassen!«

      »Das ist kein Mensch!« schnaufte Einohr-Joe und hielt sich den Bauch. »No, Rocky ist kein Mensch, sondern ein Ungeheuer.«

      »Hätten wir vielleicht schießen sollen?« maulte Cannonball. »Howie ist verdammt schnell mit dem Colt, das könntest du vielleicht schaffen, Selwyn. Ihr hättet ja mitkommen können.«

      »Idiot!« entgegnete Selwyn giftig. »Damit uns der Alte die Haut abzieht, was? Er hat befohlen, nichts anzufangen. Da, drei Dollar für euch! Versauft sie und kommt dann nach. Wir reiten los.«

      Die Harrisbrüder gingen davon. Cannonball starrte ihnen giftig nach und kochte vor Wut. Wenn etwas schiefging, verdrückten sich die Brüder immer sofort.

      »Die haben Angst vor Big John Warren«, zischte er Einohr-Joe zu. »Nur keinen Ärger mit dem Sheriff, was! Wenn der mir jemals frech kommt, haue ich ihn aus dem Anzug, diesen alten Narren. Big John Warren! Sie sollten ihn lieber Old John nennen, denn er ist verdammt alt geworden. Eines Tages breche ich ihm alle Knochen und werfe ihn den Hunden zum Fraß vor.«

      In diesem Moment lachte jemand. Cannonball und Einohr fuhren wie auf Kommando herum. Dann starrten sie den ganz hinten in der Ecke des Saloons sitzenden Mann wie hungrige Tiger an und setzten sich in Bewegung. Jemand hatte gewagt, sie auszulachen. Das war zuviel.

      Cannonball Jackson und Einohr-Joe Murphy hatten einen Blitzableiter gefunden. An irgendwem mußten sie ihre Wut auslassen.

      *

      Der Mann lachte nicht mehr. Er lag mit dem Oberkörper auf der Tischplatte, hielt das Whiskyglas zwischen den Fingern und schien die beiden rauhen Harrisburschen nicht zu sehen.

      »Slater!« rief Cannonball drohend. »He, Archie, mein Freund, lachst du über uns?«

      Archie Slater, der Stadtsäufer, ein dunkelhaariger, noch junger Mann blinzelte träge. Vor einigen Jahren hätten sich Cannonball und Einohr nicht an ihn herangetraut, denn damals war Slater noch Deputy-Sheriff in Tuscon gewesen. Er hatte Cannonball sogar einmal eingelocht. Dann hatte er in Nogales eine Frau erschossen. Und von dem Tag an hatte Slater nur noch gesoffen, bis ihm nichts mehr geblieben war – nicht mal ein Freund.

      Seitdem lebte Slater in Sulphur Springs, und wenn sich John Warren nicht um ihn gekümmert hätte, wäre er wahrscheinlich längst in der Gosse gelandet. Ab und zu arbeitete der einstmals gefürchtete Deputy-Sheriff, aber nur, um das Geld sofort in Fusel umzusetzen. Judy Weiser, die Witwe von Nat Weiser, dem Storekeeper, gab ihm immer wieder Arbeit, obwohl Archie jeden Cent vertrank.

      »Cannonball«, lallte Archie mühsam, »he, Ca – Cannonball, mein Freund. Was – was ist?«

      »Jack!« rief Rossman vom Tresen her. »Er ist betrunken. Glaube mir, der weiß nicht mal, daß er gelacht hat. Ich kenne ihn – er lacht immer, wenn er genug hat. Mann, handele dir keinen Ärger ein, du weißt doch, daß er sich nie prügelt und niemals wehrt. Denke an Big John, der mag es nicht, wenn man…«

      »Halt’ das Maul, Rossman, sonst nehmen wir deinen Laden auseinander!« gab Einohr-Joe zurück. »Der Kerl hat uns ausgelacht.«

      Er packte Archie am Kragen und riß ihn mit einem Ruck quer über den Tisch. Dann schleifte er ihn zur Theke. Cannonball folgte ihm, hob Archie Slaters Beine an, und sie warfen Archie auf die Messingplatte. Als sie seinen Kopf in das Spülbecken steckten, stiegen ein paar Blasen blubbernd hoch.

      Rossman war kreidebleich geworden, wagte es jedoch nicht, die beiden zweibeinigen Tiger zu stoppen oder sich noch mal einzumischen.

      Sekunden später flog Archie vom Tresen herunter. Cannonball stellte ihn auf die Füße, schüttelte ihn heftig und knurrte: »Na, lachst du noch mal über uns, Archie, du Saufgenie? Dir werde ich’s abgewöhnen, uns auszulachen, du Ratte!«

      Archie Slaters Knie gaben nach, doch Cannonball zerrte ihn wieder hoch.

      »Ich – ich habe gelacht?« fragte Archie verständnislos. »Cannonball, was habe ich dir getan? Ich krümme doch keiner Fliege ein Haar. Ich bin doch dein Freund, oder? Warum sollte ich dich auslachen?«

      »Ich sagte doch, er weiß von nichts«, meldete sich Rossman. »Cannonball – mach keinen Blödsinn! Er ist stockbetrunken.«

      »Bin – bin ich nicht«, lallte Archie bockig. »Ich werde nie be­trunken. So viel Whisky gibt es nicht.«

      In Jacksons Augen blitzte es kurz auf. Im nächsten Moment griff er nach einer fast vollen Whiskyflasche auf dem Tresen, zog den Korken mit den Zähnen heraus und gab Archie einen Stoß. Der kippte Einohr-Joe in die Arme.

      »Du hast also nicht über uns gelacht, du Lügenbeutel?« erkundigte sich Jackson höhnisch. »Na gut, Archie, wenn du die Flasche hier aussäufst, glaube ich dir. Los, nimm die Flasche und mach sie leer, aber in einem Zug!«

      »Um Gottes willen!« protestierte Rossman. »Cannonball, wenn er sie leertrinkt, ist er tot. Der hat schon soviel getrunken, daß er sterben wird. Das kannst du nicht machen, Cannonball!«

      »Er bekommt doch angeblich nie genug«, höhnte Einohr-Joe. »Jetzt darf er mal auf unsere Kosten saufen. Na, Archie, was ist denn jetzt? Du kannst wählen: Entweder hast du über uns gelacht, dann brauchst du die Flasche nicht zu saufen. Was wir dann mit dir machen, ist dir hoffentlich klar? Oder du säufst jetzt das Zeugs.«

      »Nein«, sagte Archie Slater und drehte den Kopf zur Seite, als Cannonball ihm die Flasche an die Lippen setzen wollte. »Nein, das tue ich nicht, ich bringe mich doch nicht um. Laßt mich los! Ich habe nicht über euch gelacht und will euren Fusel nicht!«

      »Er will nicht?« echote Cannonball. »Ah, der Säufer ist sich zu fein, einen Drink von uns anzunehmen. Verstehst du, Joe? Halte ihn fest!«

      Einohr-Joe Murphy umschlang Archie mit beiden Armen. Cannonball packte Archie an den klatschnassen Haaren, riß ihm den Kopf in den Nacken und preßte ihm den Flaschenhals auf die Lippen.

      Du großer Gott, dachte Rossman entsetzt, sie bringen ihn um. Entweder er säuft jetzt, oder Cannonball zerquetscht ihm die Lippen. Die Prozedur hält kein Mensch aus.

      In derselben Sekunde ertönte der gellende Schrei.

      *

      Es war nicht Archie Slater, der gellend aufschrie. Cannonball Jackson flog brüllend zurück. Der Mann mit den überlangen Armen hatte nur auf die Flasche, jedoch nicht auf Slaters Beine geachtet.

      Der ehemalige Deputy Archie Slater hing in Joe Murphys Armen, stieß sich jäh ab und riß dann die Beine an. Völlig überrascht hielt ihn Einohr-Joe fest, und so konnte Slater Cannonball die Fußspitze in den Leib treten. Der Stoß war so heftig, daß nicht nur Cannonball zurückflog, sondern auch Einohr-Joe zu Boden ging. Jackson bekam plötzlich keine Luft mehr, fand sich am Boden wieder und begriff dann, daß sie


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