Des Kaisers Reeder. Hans Leip
wie über der Kugel der Welt. Es ist ein großer Augenblick, da er nun freundlich erwidern darf: „Sehr nett, Herr Meyer. Es sind allerdings jetzt zwölf. Und wir haben es nicht mehr so eilig.“
Meyer wäre am liebsten sofort wieder aufgesprungen, aber er ist wie gelähmt vor dieser sanften Stimme. Er nimmt eine Zigarre, er kippt sogar einen Kognak, und dann spricht er über das schöne Wetter. Selbst Ballin findet, daß dieser Mai bislang besonders angenehm verlaufen sei.
Meyer wirft einen Blick zur Seite, von wo der Betrieb der Passage lebhaft hereintönt. „Haben Sie denn kein Privatkontor?“ fragt er und schnuppert nach Oberwasser.
„Warum?“ lächelt Ballin, „wir halten die Unkosten vorläufig klein, und so bin ich immer mitten im Betrieb.“
„Zwölf Dampfer Union-Linie!“ seufzt Meyer, es soll geringschätzig klingen, aber es bricht wie ein Klagelaut aus ihm hervor. Er richtet sich steil auf, er tut einen gedankenvollen Tabakzug. Und danach erst vermag er das Folgende herauszubringen, als handle es sich höchstens um ein Faß grüne Seife. „Sagen Sie mal, Herr Ballin, wollen Sie nicht die Passage der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Aktiengesellschaft übernehmen?“
Ballin antwortet nach gebührender Weile: „Sie meinen auch, Herr Meyer?“ Er betont das „auch“ ein wenig.
Es ist der zweite große Augenblick in seinem Leben. Er kommt unvorbereitet, aber findet ihn gelassen.
Meyer fühlt, daß etwaige Zweifel die Dornen des eingeschlagenen Weges nur spitzer machen würden. Er zwingt sich ins Strahlende. Schließlich handelt es sich ja nur um einen Angestellten. Und somit lächelt er wie King Lear bei der Schenkungsurkunde: „Wir würden es mal versuchen, Herr Ballin.“
Ballin mißgönnt ihm den Tonfall nicht. Er entgegnet schlicht: „Ganz meine Ansicht, Herr Meyer. Es müßte sich erst herausstellen, ob wir zueinander passen.“
Oho, klingt das etwa nach Gleichberechtigung? Meyer erhebt sich steif. Er müsse den Vorschlag erst unterbreiten. Oder sei etwa eine Fusion gemeint?
„Vielleicht nur eine beiderseitige Dienlichkeit betreffs Passage und Fracht, Herr Meyer.“
Aha. Meyer spürt, daß hier einzulenken ist. „Unter einheitlicher Leitung etwa?“
„Ja.“
„Ich muß Sie schon bitten, Ihre Bedingungen schriftlich einzureichen, Herr Ballin.“
„Nach Rücksprache mit Herrn Carr, gern.“
Meyer überwindet sich zu einem Ausstrecken der Hand. Ballin ergreift sie ungeziert und herzlich. Mögen die Herren Meyer in aller Welt sein, wie sie wollen, nachtragen ist unklug, selbst wenn man es sich leisten könnte. Er weiß zudem gut: die Union ist allein nicht lebensfähig. Er weiß es noch besser als Carr.
Herr Meyer aber geht, ein hoffnungsbanges Stoßgebet unterm Hut; denn er seinerseits weiß, was selbst der Aufsichtsrat und selbst der gewiegte Konsul Münchmeyer nicht ahnen, daß nämlich die Hapag dicht vorm Konkurs steht.
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