Seewölfe Paket 35. Fred McMason

Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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Tonkrug, weiter nichts. Wahrscheinlich haben ihn ein paar Fischer verloren, oder er ging im Sturm über Bord.“

      Smoky glaubte wieder mal, eine grandiose Idee zu haben.

      „Wir ermitteln den besten Schützen“, schlug er sogleich eifrig vor. „Wir können ja doch nichts tun. Wir schießen mit Musketen drauf, und wer ihn trifft, muß ein Fäßchen Rum ausgeben.“

      „Du bist ja bescheuert“, sagte Carberry entrüstet. „Für den Treffer muß er auch noch einen ausgeben, was, wie? Da wird doch jeder danebenhalten und sich eins grinsen. Nein, dem besten Schützen wird ein Fäßchen spendiert. Dann ergibt das auch einen Sinn.“

      „Vergeßt das“, sagte Hasard. „Wir haben genug gute Schützen an Bord, und wir ballern hier auch nicht grundlos vor der Küste herum, schon aus dem Grund nicht, um keine Neugierigen anzulocken. Musketenschüsse sind mitunter meilenweit zu hören.“

      Ein paar waren neugierig und wollten wissen, ob in dem Krug etwas drin sei, aber er war zur Zeit unerreichbar. Etwa eine Kabellänge entfernt trieb er in der nur schwach bewegten See.

      „Wie kann man an das Ding nur ran?“ fragte Smoky, den die Neugier am meisten plagte. „Wenn wir die Jolle abfieren …“

      „Vergeßt den Krug“, sagte Old O’Flynn mit Grabesstimme. „Ich traue den Indern nicht. Wahrscheinlich steckt ein Dämon in dem Teufelsding, einer aus Rauch und Schwefel, der uns gefangennimmt oder gar Unheil über das Schiff bringt. Ich habe so was schon mal auf der …“

      „Sag bloß nicht, daß du auf der ‚Empress of Sea‘ einen Flaschenteufel gefunden hast“, schnaubte der Profos.

      „… ‚Empress of Sea‘ erlebt“, sagte Old Donegal ungerührt. „Es war eine furchtbare Geschichte, direkt unheimlich und grauslich. Mir standen die Haare zu Berge, als der Geist aus der Kruke quoll.“

      Old Admiral konnte sein Flunkern nicht lassen, und die alte „Empress of Sea“ geisterte durch alle seine Träume. Da hatte er Dinge erlebt, von denen andere nicht mal zu träumen wagten.

      Vor ein paar Tagen hatte der alte Kampfhahn sie damit genervt, daß er im Traum gesehen habe, wie der Stützpunkt der Korsaren in der Karibik, Great Abaco, überfallen wurde. Auch da waren grauenhafte und fürchterliche Dinge passiert. Aber das nahm kaum jemand ernst.

      Der neue Moses an Bord, Clint Wingfield, der den Arwenacks von der Kriegsgaleone „Respectable“ gefolgt war, schlug vor, einfach hinzuschwimmen und den Krug zu holen, falls der „Sir“ das gestatte.

      Der Sir gestattete es mit einem Lächeln, und ein halbes Dutzend Kerle hatten nichts Eiligeres zu tun, als sich über Bord zu stürzen.

      Schließlich kehrte Smoky mit dem Ding im Arm triumphierend an Bord zurück, aber da erfolgte Old Donegals zweite Warnung, die er mit erhobenem Zeigefinger vortrug.

      „Solche Krüge benutzen die Inder, um ihre giftigen Schlangen darin zu verstecken“, warnte er. „Das habe ich in Bombay gesehen. Entweder ist da ein Dämon oder eine Schlange drin.“

      Die eindringlichen Warnungen des alten Zausels wurden wieder mal in den Wind geschlagen, genauer gesagt in die Kalme, die gerade herrschte.

      Das Ding wurde Hasard gebracht und von allen bestaunt. Der Tonkrug war sorgfältig mit einem Stopfen verschlossen und mit Bienenwachs versiegelt, damit kein Wasser eindringen konnte.

      Als Hasard den Krug leicht schüttelte, war ein leises Knistern und Rascheln zu hören.

      „Sie zischt schon“, sagte Old Donegal, womit er die Schlange meinte, die angeblich in dem Krug steckte.

      Mit dem Messer entfernte der Seewolf schließlich den Stöpsel. Grinsend sah er dabei seinen Schwiegervater an.

      Der Dämon war vermutlich längst entwichen, und eine giftige Schlange flitzte auch nicht aus der Öffnung, wie Old Donegal befürchtet hatte.

      Als Hasard die Öffnung ans Licht hielt und hineinblickte, erkannte er auf dem Boden des Kruges ein Ding, das an ein gefaltetes Stück Papier erinnerte. Es war nur etwas dicker.

      Es ließ sich nicht herausholen, so sehr er auch schüttelte.

      Old Donegal hatte seine Meinung inzwischen geändert und tippte auf eine Schatzkarte. Er erbot sich auch sogleich, zusammen mit den Zwillingen und Clint Wingfield, den Schatz zu heben.

      „Scheint so etwas wie eine Botschaft zu sein“, sagte der Seewolf. „Aber sie ist teilweise aufgerollt und läßt sich nicht entfernen.“

      „Darf ich mal, Sir?“ fragte der Profos.

      Er löste das Problem auf seine Art, von der der Kutscher behauptete, daß sie nicht logischer Überlegung, sondern brutaler Gewalt entspränge. Er nahm den Krug einfach in seine riesigen Flossen und schlug sie leicht aneinander.

      Es gab einen dumpfen Knall und eine Menge Tonscherben, und es gab auch tatsächlich eine Botschaft.

      Sie war auf dünne Baumrinde gepinselt und zeigte eine vor der Küste liegende Insel, die offenbar sehr klein war. Ein paar Worte in seltsamer Schrift waren darunter gepinselt.

      Jetzt hatten sie wieder etwas, um sich die Köpfe zu zerbrechen.

      „Zweifellos ein Hilferuf, der noch nicht sehr alt sein kann“, schloß der Kutscher messerscharf.

      „Es steht kein Datum darauf“, sagte Hasard. „Kann also doch schon sehr alt sein.“

      „Mit Verlaub, Sir“, sagte der Kutscher förmlich. „Der Tonkrug sah noch ziemlich neu aus. Er hatte weder die üblichen kleinen grünen Algen noch irgendwelche Muscheln angesetzt. Ich habe ihn mir zuvor genau angesehen. Triebe er länger in der See, dann würde man das zweifellos bemerken, wenn mir dieser Hinweis gestattet ist.“

      „Schlaues Kerlchen“, murmelte Carberry. „Möchte mal wissen, was du eigentlich nicht weißt.“

      „Die Augenfarbe deiner Urgroßmutter“, sagte der Kutscher trocken.

      Die Zwillinge und auch Dan O’Flynn, die inzwischen einiges von der indischen Sprache gelernt hatten, versuchten jetzt, die Zeichen zu entziffern.

      „Ja, offenbar ein Hilferuf“, sagte Hasard junior. „Es wäre zumindest logisch.“

      „Die Küste scheint nördlich oder auch südlich zu verlaufen“, meinte Dan O’Flynn. „Davor ist eine winzige Insel eingezeichnet, die ganz dicht unter der Küste liegen muß, wenn die Zeichnung stimmt. Ich tippe auf einen oder mehrere Leute, die auf dieser Insel gestrandet sind und keine Möglichkeit haben, an das Festland zu gelangen. Aber diese Insel kann natürlich überall und nirgends liegen.“

      „Wir könnten mal auf der Karte des Maharadschas nachsehen“, schlug Don Juan de Alcazar vor. „Die Karten sind ziemlich genau. Bisher haben wir uns immer nach ihnen richten können.“

      Clint holte die Karte aus Hasards Kammer und breitete sie auf den Planken aus. Die Ecken wurden mit ein paar Tonscherben beschwert, damit sie nicht aufrollten.

      Sie hatten den Küstenverlauf jetzt genau vor sich. Ein Meister hatte diese Karte angefertigt. Fast alle Orte waren eingetragen, ebenso die Flüsse und sogar etliche kleine Nester. Die Beschriftungen waren einmal in Portugiesisch und darunter in der Schreibweise der Inder erläutert.

      „Trivandrum liegt hinter uns“, sagte der Seewolf. „Nagarcoil und das Kap haben wir ebenfalls passiert. Der nächste Ort, der hier eingetragen ist, heißt Tuticorin, eine größere Ansiedlung, die noch im Golf liegt. Zeigt mir einmal die kleine Schriftrolle.“

      Der Kutscher beteiligte sich ebenfalls sehr emsig an der Enträtselung der Karte.

      Jetzt wurden Vergleiche mit den Schriften angestellt. Dabei taten sich wieder Hasards Söhne besonders hervor.

      Jung Hasard grinste über das ganze Gesicht.

      „Da ist ein Punkt eingezeichnet“, sagte er. „Das könnte die Insel sein, wenn’s nicht gerade Fliegendreck war. Liegt fast unter Land. Deshalb


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