Privatdetektiv Joe Barry - Eiffeltürme für Paris. Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Eiffeltürme für Paris - Joe Barry


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konnte. Sie kennen den Zauber ja. Dabei machte Bristol eine höchst interessante Bemerkung. Nach seinen Angaben war Henry Walsh in den letzten Wochen von irgend jemandem telefonisch bedroht worden. Walsh hatte einmal zu Bristol darüber gesprochen und kurz darauf erwähnt, er hätte Ärger mit einem Neffen gehabt.“

      „Sie suchten also einen Neffen von Walsh. Das Merkwürdige ist nur, daß Stanley keinen Onkel dieses Namens hat.“

      „Warten Sie nur ab! Ich durchforschte also den Lebenslauf von Walsh. Dabei kam ich darauf, daß er vor fünfzehn Jahren den Namen gewechselt hatte. Das war 1947. Er war kurz vorher von der Luftwaffe entlassen worden und hatte plötzlich den Wunsch, sich anders zu nennen. Sie wissen ja, daß man damals in dieser Beziehung Kriegsteilnehmern gegenüber großzügig war.“

      „Wie war sein ursprünglicher Name?“

      „Henry Fisher!“

      „Langsam nähern wir uns Stanley.“

      „Ganz recht. Ich fand heraus, daß Henry Fisher einen Neffen hatte, der in Syracuse, Illinois, lebt. Ich setzte mich mit der dortigen Polizei in Verbindung und erfuhr zwei höchst interessante Tatsachen. Die eine war, daß Stanley vorgestern Syracuse mit dem Ziel New York verlassen hatte, die zweite, daß seine letzte Telefonrechnung außergewöhnlich hoch war – so, als hätte er in den letzten Wochen mehrfach mit New York gesprochen.“

      „Das sieht allerdings nicht mehr so harmlos aus“, nickte Joe.

      „Das Weitere war Routine“, sagte Mahonny. „Stanley hatte Syracuse acht Jahre lang nicht verlassen. Er kannte folglich niemanden in New York. Es war zu erwarten, daß er hier ins Hotel ging. Bereits unsere erste Rundfrage hatte Erfolg – er hatte im ,California‘ ein Zimmer vorbestellt. Wir holten ihn hierher, und ich fühlte ihm auf den Zahn. Der Bursche war allerdings verschlagen wie eine Auster. Und ich hatte auch keine Möglichkeit, ihn festzusetzen. Der Untersuchungsrichter verweigert den Haftbefehl, bis feststeht, was mit Henry Walsh geschehen ist.“

      „Well – Sie hätten ihn nicht nach einem Verwandten namens Walsh, sondern nach seinem Onkel Henry Fisher fragen sollen. Vielleicht hätte er sich dann erinnert.“

      Der Leutnant schüttelte den Kopf.

      „Entweder er hat Walsh umgebracht – dann weiß er sofort Bescheid, oder er hat nichts damit zu tun – dann interessieren mich seine Geschichten über Onkel. Henry nicht. Ich wollte nur sehen, wie er reagiert.“

      „Und wie war Ihr Eindruck?“

      „Nicht gut, nicht schlecht.“ Mahonny grinste plötzlich. „Wollen Sie sich etwa auch noch auf die Suche nach Walsh machen? Das ist eine Aufgabe, an der die gesamte New Yorker Polizei schon herumbastelt.“

      „Ich bin ein leidenschaftlicher Bastler“, erwiderte Joe. „Überlassen Sie mir doch mal für eine halbe Stunde die vollständige Akte Walsh!“

      „Das ist ein Staatsgeheimnis“, empörte sich der Leutnant. „Kennedy hat verboten, sie Außenstehenden zu zeigen.“

      Dann ließ er Joe mit der Akte allein.

      *

      Minor Beach lag zu weit entfernt, um noch ein Vorort von New York zu sein aber nahe genug, um vielen Leuten, die in der Stadt arbeiteten, als Wohnort zu dienen. Um in Minor Beach ein Haus zu haben, waren zwei Dinge notwendig: Das eine waren Dollars, das andere noch mal Dollars.

      Barrys spinatgrüner SL flitzte über die Uferstraße. Auf einer Anhöhe stoppte er. Joe breitete die Karte aus und studierte sie.

      „Hier muß die Stelle sein“, sagte er, bog von der Straße ab und fuhr über den Sand langsam am Wasser entlang. Ein frischer Wind kam vom Meer her; die Wellen hatten weiße Schaumkronen.

      „Der arme Onkel Henry“, sagte Stanley, der neben Barry saß, mindestens zum zwanzigsten Male. „Ich habe ihn das letztemal als Kind gesehen. Ich hatte immer geglaubt, er wäre im Krieg umgekommen.“

      Joe hielt an und stieg aus.

      „Hier fand man den Wagen von Walsh“, sagte er. „Die Polizei nimmt an, daß er hier ermordet und mit einem anderen Wagen fortgeschafft wurde.“

      „Ja“, äußerte Stanley nicht übermäßig geistreich.

      „Für einen Mord ist das die ungünstigste Stelle, die man sich denken kann“, fuhr Joe fort. „Die Gegend flach wie ein Brett; nur im Norden das Panorama von Minor Beach. Wie sollte Walsh hierhergekommen sein? Die Stelle taugt zu nichts, nicht einmal zu einem Rendezvous.“ Er dachte kurz nach. „Hier wurde lediglich Walshs Wagen hergebracht“, sagte er dann überzeugt. „Und zwar nicht von ihm selbst.“

      „Woher weißt du das?“ fragte Stanley verblüfft.

      „Ich weiß gar nichts. Ich stelle Vermutungen an.“ Joe klappte die Tür auf. „Vorwärts! Hier ist nichts mehr zu tun.“

      Sie fuhren nach Minor Beach zurück. Nach einigem Suchen fanden sie das Haus von Henry Walsh. Ein uniformierter Cop machte ihnen auf. Er gehörte zur Mannschaft des Headquarters. Joe kannte ihn.

      „Hallo, Fred!“ sagte er. „Was bewachst du hier?“

      „Keine Ahnung“, antwortete der Cop grinsend. „Anordnung von Leutnant Mahonny.“

      „Hier soll ein Hausmeister sein. Kann ich ihn sprechen?“

      „Natürlich.“

      Joe durchquerte die Halle und klopfte an der Tür, die der Cop ihm gezeigt hatte. Das Haus war im alten englischen Stil erbaut, mit Holz an den Wänden und offenen Kaminen.

      „Der Alte ist schwerhörig“, sagte der Cop und stieß die Tür auf. „Gestern mußte ein Streifenwagen ihm erst neue Batterien für sein Hörgerät besorgen, bevor der Leutnant ihn verhören konnte.“

      Joe sah sich um. Vor ihm lag ein kleines Zimmer. Es war leer.

      „Verstehe ich nicht“, brummte der Cop. „Vor einer Stunde sah ich ihn reingehen, nachdem er die Halle gebohnert hatte. Er wollte seinen Mittagsschlaf halten.“

      Joe entdeckte eine weitere Tür und öffnete sie. Dahinter lag eine kleine Wohnküche.

      Schweigend sah Joe zu Boden. Der Cop trat hinter ihn. Seine Augen weiteten sich.

      „Verdammt!“ entfuhr es ihm.

      Auf dem Boden lag der Hausmeister.

      Er war tot.

      „Zwei Schüsse“, faßte Lieutenant Antony Starr, der Leiter der Mordkommission, das Resultat der Untersuchung zusammen.

      „Der Schütze war im Garten, den er ungesehen erreichen konnte. Er benutzte ein Zielfernrohr und Schalldämpfer. Das Fenster stand offen. Wir wissen, wie der Mord geschehen ist. Wir wissen aber nicht, warum.“

      „Die alte Gretchenfrage“, sagte Joe, „Habt ihr im Garten Spuren gefunden?“

      „Ein paar Fußabdrücke im Gras, die aber nichts wert waren. Außerdem eine Patronenhülse. Nach der anderen wird noch gesucht. Sonst nichts.“

      Stanley hatte mit bleichem Gesicht zugehört.

      „Haben Sie irgendeine Erklärung für diesen Mord. Captain?“ fragte er.

      „Noch nicht. Er verstärkt nur den Verdacht daß der verschwundene Henry Walsh ebenfalls ermordet wurde.“

      Joe nickte zustimmend.

      „Dieser alte Hausmeister war bestimmt völlig harmlos. Es gibt nur wenige denkbare Erklärungen dafür, daß er ermordet wurde. Eine davon ist, daß er wußte, wer Walsh ermordet hat.“

      „Das hätte er gestern Leutnant Mahonny sagen können.“

      „Vielleicht kannte er den Mörder, ohne Zeuge des Mordes gewesen zu sein. Vielleicht wußte er Dinge, die ihm unwichtig schienen, die aber doch auf die Spur des Mörders geführt hätten, wenn er sie erzählt hätte.“

      Starr


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