Faust. Der Tragödie erster Teil. Johann Wolfgang von Goethe

Faust. Der Tragödie erster Teil - Johann Wolfgang von Goethe


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      Johann Wolfgang von Goethe

      Faust. Der Tragödie erster Teil

      ERNST BEUTLER

      Saga

      Faust. Der Tragödie erster TeilCoverbild / Illustration: Shutterstock Copyright © 1808, 2020 Johann Wolfgang von Goethe und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726540000

      1. Ebook-Auflage, 2020

      Format: EPUB 2.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

      – a part of Egmont www.egmont.com

      Zueignung

      Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,

      Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.

      Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?

      Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?

      Ihr drängt euch zu! nun gut, so mögt ihr walten,

      Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;

      Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert

      Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.

      Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,

      Und manche liebe Schatten steigen auf;

      Gleich einer alten, halbverklungnen Sage

      Kommt erste Lieb und Freundschaft mit herauf;

      Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage

      Des Lebens labyrinthisch irren Lauf.

      Und nennt die Guten, die, um schöne Stunden

      Vom Glück getäuscht, vor mir hinweggeschwunden.

      Sie hören nicht die folgenden Gesänge,

      Die Seelen, denen ich die ersten sang;

      Zerstoben ist das freundliche Gedränge,

      Verklungen, ach! der erste Widerklang.

      Mein Leid ertönt der unbekannten Menge,

      Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang,

      Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,

      Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.

      Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen

      Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,

      Es schwebet nun in unbestimmten Tönen

      Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich,

      Ein Schauer fasst mich, Träne folgt den Tränen,

      Das strenge Herz, es fühlt sich mild und weich;

      Was ich besitze, seh ich wie im Weiten,

      Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.

      Vorspiel auf dem Theater

      Direktor, Theaterdichter, Lustige Person

      direktor. Ihr beiden, die ihr mir so oft

      In Not und Trübsal beigestanden,

      Sagt, was ihr wohl in deutschen Landen

      Von unsrer Unternehmung hofft!

      Ich wünschte sehr, der Menge zu behagen,

      Besonders weil sie lebt und leben lässt.

      Die Pfosten sind, die Breter, aufgeschlagen,

      Und jedermann erwartet sich ein Fest.

      Sie sitzen schon mit hohen Augenbraunen

      Gelassen da und möchten gern erstaunen.

      Ich weiss, wie man den Geist des Volks versöhnt;

      Doch so verlegen bin ich nie gewesen:

      Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt,

      Allein sie haben schrecklich viel gelesen.

      Wie machen wirs, dass alles frisch und neu.

      Und mit Bedeutung auch gefällig sei?

      Denn freilich mag ich gern die Menge sehen,

      Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt

      Und mit gewaltig-wiederholten Wehen

      Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt,

      Bei hellem Tage, schon vor Vieren,

      Mit Stössen sich bis an die Kasse ficht

      Und, wie in Hungersnot um Brot an Bäckertüren,

      Um ein Billett sich fast die Hälse bricht.

      Dies Wunder wirkt auf so verschiedne Leute

      Der Dichter nur: mein Freund, o tu es heute!

      dichter. O sprich mir nicht von jener bunten Menge,

      Bei deren Anblick uns der Geist entflieht!

      Verhülle mir das wogende Gedränge,

      Das wider Willen uns zum Strudel zieht!

      Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,

      Wo nur dem Dichter reine Freude blüht,

      Wo lieb und Freundschaft unsres Herzens Segen

      Mit Götterhand erschaffen und erpflegen!

      Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,

      Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt,

      Missraten jetzt und jetzt vielleicht gelungen,

      Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.

      Oft, wenn es erst durch Jahre durchgedrungen,

      Erscheint es in vollendeter Gestalt.

      Was glänzt, ist für den Augenblick geboren;

      Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.

      lustige person. Wenn ich nur nichts von Nachwelt hören sollte!

      Gesetzt, dass ich von Nachwelt reden wollte,

      Wer machte denn der Mitwelt Spass?

      Den will sie doch und soll ihn haben!

      Die Gegenwart von einem braven Knaben

      Ist, dächt ich, immer auch schon was.

      Wer sich behaglich mitzuteilen weiss,

      Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;

      Er wünscht sich einen grossen Kreis,

      Um ihn gewisser zu erschüttern.

      Drum seid nur brav und zeigt Euch musterhaft,

      Lasst Phantasie mit allen ihren Chören,

      Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,

      Doch, merkt Euch wohl! nicht ohne Narrheit hören!

      direktor. Besonders aber lasst genug geschehn!

      Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.

      Wird vieles vor den Augen abgesponnen,

      So dass die Menge staunend gaffen kann,

      Da habt Ihr in der Breite gleich gewonnen,

      Ihr seid ein vielgeliebter Mann.


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