Das Geheimnis von Fuensanta - Krimi. Rudolf Stratz

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jeder eine Holzkiste von der Grösse einer Schlafkammer trug. „So geht das jetzt jeden Tag! Jeden Tag geht, alles in allem, ungefähr ein Güterzug mit Matteis-Sechs hinaus an unsere Kunden — alles unser neues Kleinauto, seitdem ich damit das Bergrennen gemacht hab’! Fein — was?“

      Das junge Mädchen vergass für einen Augenblick Not und Drang des Tages. Sie schaute stolz durch ihr Reich. Und es war dem melanchlolischen Rechtsanwalt neben ihr, als sei sie selbst ein Stück dieses Reichs von Feuer und Stahl, eine schöne Blüte, die dieser heisse, zitternde Boden der Arbeit trieb, das Kind einer neuen Welt von Nerven, Kohlen, Massen, Muskeln, mit neuem Lebenswillen und neuem Ichgefühl. Sie stand jetzt etwas abseits im Gespräch mit dem technischen Direktor. Sie verhandelte mit diesem ungemütlich bestimmt aussehenden Herrn im langen Leinenkittel, dessen Wort sonst kurzer Befehl und blinder Gehorsam hiess, vertraulich und sachlich wie ein jüngerer Kamerad mit dem älteren, und trennte sich von ihm mit kräftigem Händedruck.

      „Es muss nämlich jetzt jemand anderer statt mir die neue leichte Rennmaschine einfahren helfen!“ sagte sie, auf dem Rückweg nach der Villa, zu dem Rechtsanwalt Burhem. „Dumm — aber nichts zu machen! . . . Paule! . . . Paule!“ Sie winkte dem Werkmeister Giesebrecht, der an einem mächtigen Tourenwagen herumbastelte. „Denken Sie um Gottes willen an unsere Triptyques für Frankreich und Spanien! Schon beim Klub unterwegs? Na schön! Dann bin ich hier fertig!“

      „Fräulien Matteis,“ begann Albert Burhem eindringlich, während sich die beiden dem Fabrikgitter näherten, „es klingt ja komisch, wenn ein Rechtsanwalt meines Kalibers sozusagen um Beschäftigung bittet . . . Ich wimmele mir ja im Gegenteil die Sachen ab, wo ich nur kann!“

      „Ja. Das sagten Sie heute morgen schon!“ Male Matteis betrat zerstreut den Hofraum vor der Garage.

      „Aber diese Sache heute macht eine Ausnahme! Diese Sache beschäftigt mich in einem Masse . . . Ich möchte diese Sache nicht aus der Hand lassen! Sie sollten mir deise Sache ruhig anvertrauen!“

      Das junge Mädchen stand, ohne auf ihn zu hören, und betrachtete misstrauisch das kleine, dunkle Stadtcoupé, das eben, von dem Chauffeur gesteuert, dumpf tutend aus der Garage um die Villa herum nach der Vorfahrt rollte.

      „Mama fährt aus?“ murmelte sie. „. . . In ’ner Stunde wie dieser? Ohne mir was zu sagen? Wenn nur nicht da ’ne Dummheit . . . Ich muss doch mal nachsehen!“ Sie lief leichtfüssig dem Rechtsanwalt Burhem voraus, nach vorn. „Gott — Mama — da stehst du ja schon — du — Mama — Ich seh’ dir was an! . . . Du bist auf bösen Wegen . . .“

      „Nenn’ es, wie du willst!“ sagte Frau Amalie Matteis, im Begriff, in ihren Wagen zu steigen, mit leidenden Entschlossenheit. „Hier — die Tante Minna begleitet mich! . . .“

      Das alte Fräulein Schuh sass schon in dem Auto. Die anderen Verwandten, der Pfarrer und seine Frau, die Primanerin, der Bankbeflissene, standen auf der Freitreppe. Male drängte sie zur Seite und musterte kopfschüttelnd ihre Mutter. Die beharrte: „Ich schwöre nun mal auf den Strohmeyer!“

      „Und da willst du jetzt wirklich zu dem Hellseher hin?“

      „Jetzt gleich! Vormittags ist er immer zu Hause!“

      „. . . und ihn wegen der Elfi fragen?“

      „Vielleicht spart dir das deine ganze Reise nach Spanien! Vielleicht bringt das Licht in die ganze Sache!“

      „Der wird die ein schönes Zeug vorreden!“

      „Nein. Deswegen eile ich mich ja so, ehe etwas von der Exhumierung heute in der Mittagszeitung steht!“ sagte die Witwe Matteis aufgeregt, den Fuss auf dem Trittbrett. „Jetzt kann er noch nichts von dieser Überraschung wissen! Jetzt ist er auf seine eigenen, okkulten Kräfte angewiesen!“

      „Aber dich kennt er doch — von dem gestohlenen Teeservice her, Mama!“ Male tippet sich mit dem Finger gegen die Stirne. „Wahrscheinlich hast du ihm bei der Gelegenheit auch von der Elfi ihrem Tod erzählt! Ja? Na also! Da weiss der gute Mann ja ’ne ganze Menge! Daraus kombiniert er dann munter so weiter! Kinder — da kann ich auch hellsenen!“

      „Ja — aber was soll man denn da machen?“

      „Vor allem — Mama — es müsste doch jemand hin, den er nicht kennt! Der ihm auch keine Namen nennt, so dass er keinerlei Anhaltspunkte gewinnt. Dann soll er mal zeigen, was er kann!“

      „Aber wer sollte das sein, Male?“

      „Hat er je die Tante Minne gesehen?“

      „Die Tante Minna ist doch viel zu quatsch dazu!“ flüsterte auf der Treppe die Primanerin zu dem Banklehrling. Males Mutter schüttelte mit einem Blick auf das alte Fräulein im Wagen unsicher den Kopf.

      „Nein . . . Niemals! Aber ob es die gute Minna allein . . .“

      „Also ich fahre in Gottes Namen mit ihr hin, Mama, bloss damit wenigstens diese Sache vor meiner Abreise aus der Welt kommt! Ich habe gerade noch eine Stunde Zeit.“ Male Matteis schlüpfte biegsam in den engen, kleinen Wagen. „Mach’ mal ’n bisschen Platz, Tante! Ich hab’ lange Beine! So! Los!“

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