Verwandte Lügen. Dawn Brower

Verwandte Lügen - Dawn Brower


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auch gedruckt kaufen, falls das jemand lieber mochte. Im Zeitalter des Lustprinzips erzielte die digitale Ausgabe immer höhere Verkaufszahlen als die gedruckte Version jemals erreichen würde. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Mann vor ihr. Wenn sie seine Hilfe wollte, mussten ihre Flirtversuche besser werden. Sie war, ehrlich gesagt, eine Niete im Flirten und das war schon immer so gewesen.

      „Wofür steht denn das S?” fragte er und lachte leise.

      Sie seufzte, weil sie es wirklich hasste, ihren zweiten Vornamen zu gestehen, den Mutter ihr angehängt hatte. Die Anfangsbuchstaben waren lediglich praktisch aufgrund des Wortes, das sie bildeten. Amethyst hatte ihren Mittelnamen nie gemocht und konnte sich auch nicht vorstellen, ihre Meinung in absehbarer Zeit zu ändern. „Solstice“, gab sie widerwillig zu.

      Er reagierte auf den ungewöhnlichen Namen nicht wie erwartet. Stattdessen schlug er eine völlig andere Denkrichtung ein und zeigte seinen eigenen Hang zur Neugierde. Ein ansteckendes Lächeln lag auf seinem gutaussehenden Gesicht, als er antwortete: „Das ist wirklich interessant. Ihre Mutter glaubte bei der Namenswahl an Kreativität. Haben Sie Geschwister? Tut mir leid, wenn das zu persönlich klingt, aber ich bin neugierig, ob sie den hohen Standard durchhalten konnte, den sie sich selber gesetzt hat.“

      Amethyst schüttelte langsam den Kopf; sie war ganz benommen, weil sie direkt in die faszinierend blaugrünen Tiefen seiner Augen starrte. „Ich bin leider ein Einzelkind. Es war recht bald klar, dass sie kein zweites so tadelloses Kind wie mich produzieren konnte, also gab sie es auf. Warum noch mehr Versuche, wenn sie die Perfektion schon hinbekommen hat.“

      Ihre Mutter war, ehrlich gesagt, äußerst flatterhaft, aber sie hatte keine Lust, ihre Tendenz zu Überreaktionen zu erklären. Sogar selbsternannte Melodramatiker verblassten oft beim Vergleich mit ihr.

      „Ich kann nicht behaupten, dass sie da falsch liegt. Alles, was ich bisher sehe, ist ideal.“

      „Was soll ich dazu sagen? Ich bin eben ziemlich perfekt.“ Bevor sie noch überlegen konnte, rutschte ihr dieser ironische Kommentar heraus, den sie nur gedacht hatte. Am Ende könnte diese Reise sogar Spaß machen. Immer vorausgesetzt, ihre Mutter würde nicht auftauchen und alles ruinieren. Lyoness Keane tat sich schwer, es länger an einem Ort auszuhalten.

      „Ihre Mutter muss eine tolle Frau sein, wenn sie so eine wunderbare Tochter wie Sie hat.“ Seine Lippen zuckten leicht, als er dagegen ankämpfte, laut loszulachen.

      Solche Kommentare zeigten, wie der äußere Schein trügen konnte. Als sie aufwuchs, hatte sie so viele verschiedene ‚Väter‘ gehabt, dass sie den echten nicht mal erkannt hätte, wenn er direkt vor ihr gestanden wäre. Sie wusste, dass ihre Mutter keine tiefen Gefühle für die Männer in ihrem Leben empfand. Sie waren einfach ein Mittel zum Zweck, um ihr über die Einsamkeit hinwegzuhelfen. Wenn die Beziehung ins Auge ging, nahm sie Amethyst und versuchte ihr Glück eben woanders. Leider wartete das Glück auch woanders nicht. Deshalb hatte Amethyst letztendlich keine Wurzeln und gehörte nirgendwohin.

      „Äh, ja, Mutter sieht großartig aus.“ Das war keine Lüge. Lyoness Keane sah wunderbar aus und hätte Model werden können, wenn sie diese Laufbahn eingeschlagen hätte. Stattdessen wollte sie verwöhnt werden und fand reiche Männer, die sich ihrer annahmen.

      „Bestimmt, da bin ich sicher“, antwortete er und sein Ton blieb freundlich. „Na gut, jetzt checken wir Sie mal ein.“ Er tippte auf ein paar Tasten des Computers. Dann blickte er auf und meinte: „Ich muss das jetzt fragen: Haben Sie einen Spitznamen? Amethyst ist schon recht umständlich.“

      „Nein. Ich war schon immer Amethyst.“ Vielleicht sollte sie ja einen Spitznamen haben, aber das würde bedeuten, dass sie Freunde hätte, die sie so nannten. Was das anging war es nicht hilfreich, wenn man dauernd umzog. Daher gab sie nach einer Weile auf und blieb für sich. Das war teilweise auch der Grund, warum sie schon in sehr jungen Jahren ihre Zeitschrift gründen konnte. Sie tat nicht das, was normale Jugendliche machten; die Zeitschrift half ihr zu vergessen, wie einsam ihr Leben sein konnte.

      Er lächelte und zwinkerte ihr zu, als er in die Tasten tippte. „Das müssen wir ändern, während Sie bei uns sind.“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er den Bildschirm betrachtete. „Ach, da sind Sie ja. Ich sehe, dass Sie ein paar Wochen bei uns bleiben werden. Wenn Sie nicht mehr wissen, was Sie unternehmen sollen, dann kommen Sie doch einfach zu mir.“

      Amethyst bekam bei seinen Worten große Augen. Hatte er sie gerade angemacht? Niemand hatte jemals so offen mit ihr geflirtet. Ihre Art des Flirtens von vorhin erschien ihr jetzt plump und unbeholfen. Wollte sie wirklich wissen, wohin das führte? Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie ein Mann jemals so angezogen hatte. Er war fast zu gutaussehend, es schmerzte, ihn anzuschauen. Nach ein paar Minuten des Schweigens begann er draufloszureden und riss sie zurück in die Gegenwart.

      „Ich wollte eigentlich sagen, dass ich schon immer hier lebe und wahrscheinlich mehr hiesige Sehenswürdigkeiten kenne, als man auf irgendwelchen Websites findet. Du lieber Himmel, ich vermassle alles mit meinem Gerede. Ich heiße Cooper und würde mich total freuen, wenn ich ein bisschen Zeit mit Ihnen verbringen könnte, während Sie hier sind.“

      Wie charmant. Er dachte, er müsste alles erklären. Amethyst mochte ihn sofort und dachte, dass sie ihn gerne besser kennenlernen würde. Sie lächelte ihn kurz und ermutigend an. „Nett, dich kennenzulernen, Cooper.“ Sie war völlig durcheinander … „Ich bin Amethyst, aber das weißt du ja schon.“ Konnte man eigentlich einen noch konfuseren Eindruck machen? „Kann ich jetzt den Zimmerschlüssel haben?“

      Er hatte ihn in der Handfläche gehalten. Wenn sie richtig riet, dann wollte Cooper ihn einfach nicht loslassen. Er sah auf seine Hand hinunter und murmelte erstaunt: „Ach ja, genau, das wäre wahrscheinlich nützlich. Du hast Zimmer dreizehn. Es ist oben, am Ende des Flurs.“ Er reichte ihr die Schlüssel und zeigte zum Treppenaufgang neben dem Empfangsbereich.

      „Danke“, antwortete sie, als er den Schlüssel in ihre Hand fallenließ.

      „Ich wünsche einen schönen Aufenthalt.“ Ein Schatten der Enttäuschung lag in seinen Augen.

      Sie wollte ihn zwar besser kennenlernen, aber auch keinen falschen Eindruck erwecken. Sie stürzte sich nicht auf jede Gelegenheit, mit einem Mann etwas anzufangen. Sie respektierte sich selbst zu sehr, um sich in den erstbesten gutaussehenden Mann zu verknallen, der bei ihr Gefühle auslöste. Amethyst Keane würde sich nicht so verhalten, als ob sie leicht zu haben wäre. Wenn sie sich entschied, dieses Ding mit ihm weiterzuverfolgen … dann wäre es eine sorgfältig überlegte Entscheidung. Er war nett und sie wollte später seine Hilfe in Anspruch nehmen, also weckte sie in ihm eine kleine Hoffnung, an die er sich klammern konnte. „Vielleicht komme ich auf dein Angebot zurück.“

      „Wirklich?“ Er zog neugierig die Augenbrauen hoch.

      „Ich melde mich später, wenn ich mich ausgeruht habe.“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und ließ ihn stehen. Amethyst hielt kurz inne und betrachtete den Raum. Ihr fiel der kunstvoll eingerichtete Hauptbereich der Pension auf. Ein kleines Sofa und zwei Plüschsessel neben einem Tischchen standen vor dem offenen Kamin mit Marmorsims. Die Marmoreinfassung des Kamins wies detailliert ausgearbeitete Schnitzereien auf. Sie hätte gerne die Finger darüber gleiten lassen und jede Einzelheit studiert, aber dazu war später noch Zeit. Erst mussten dringendere Dinge erledigt werden, bevor sie sich irgendwelche Launen erlauben konnte. Sie wandte sich um, schenkte Cooper ihre ganze Aufmerksamkeit und lächelte ihn an, bevor sie auf die Treppe zuging. Vor dem Treppenaufgang drehte sie sich noch einmal um und sah, dass er sie wieder anstarrte.

      Aber ja doch, ich kann mich an dir auch nicht sattsehen, dachte sie.

      Sie lächelte ihn zurückhaltend an und sagte: „Ich habe vergessen zu fragen, wo man gut essen kann.“

      Er begann zu strahlen, als ob er gerade den größten Preis seines Lebens gewonnen hätte. In diesem Lächeln lag Coopers ganzer überwältigender Charme. Amethyst neigte den Kopf und wieder kam ihr der Gedanke, dass sie es kaum erwarten konnte, ihn näher kennenzulernen.

      „Im Dorf gibt es nur zwei Lokale. Wahrscheinlich bist du auf dem Weg hierher schon daran


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