Hold My Girl. Nadine Wilmschen
mir ihre erste Therapiestunde übte. Erst im letzten Semester hatte sie den Studiengang gewechselt und sich für Psychologie eingeschrieben. »Was löst diese Wut aus?«
»Seine pure Anwesenheit.« Ein weiteres Stück Schokolade wanderte in meinen Mund.
»Es gibt sicher etwas, das dich triggert.«
Was mich getriggert hatte? Sein verdammter Penis. Doch das wusste nicht einmal Grace. Wieder auf ihn hereinzufallen, fühlte sich wie eine Niederlage an. Eine Niederlage vor den eigenen, dummen Gefühlen, die sich nicht abstellen ließen. Bei jeder Gelegenheit hatte ich behauptet, dass ich ihn hasste. Nur um dann mit ihm zu schlafen. Annie würde es verstehen, weil sie immer alles verstand. Doch es war mir peinlich und unangenehm, wie willensschwach und dämlich ich gewesen war. »Es reicht, wenn er einfach nur mit mir spricht.«
»Hm.« Sie bedachte mich mit einem langen, intensiven Blick. »Was hat er denn gesagt?«
Schnaubend nahm ich mir noch ein Stück der Schokolade. »Dass ich ihn nicht hassen soll, obwohl ich jedes Recht dazu hätte.«
»Du hasst ihn nicht.«
»Natürlich nicht.« Hilflos warf ich die Hände in die Luft. »Und das ist das fucking Problem. Würde ich ihn hassen, wäre alles so viel einfacher.« Dann hätte ich sicherlich auch nicht mit ihm geschlafen.
»Ich habe letztens einen interessanten Artikel gelesen, der vielleicht nützlich sein könnte.«
Nur mühsam unterdrückte ich ein Stöhnen. »Will ich wissen, worum es darin geht?« Es hatte garantiert etwas mit ihrem Studium zu tun.
»Vielleicht hilft es.«
»Mir kann nur noch ein Exorzist helfen.« Ich war zwar nicht von einem Dämon besessen, jedoch ganz sicher von Josh Sanders.
Annie schlug mir sanft gegen den Oberarm. »Darüber macht man keine Witze.«
Manchmal vergaß ich, wie religiös Annie aufgewachsen war. Die Glaubensdiktatur ihrer Großmutter hatte bei ihr Spuren hinterlassen. »Tut mir leid.«
»Schon okay.« Sie drehte sich zu mir um und sah mich erwartungsvoll an. »Dieser Artikel handelte von einer Studie an einer Uni in Europa. Amsterdam, um genau zu sein.«
Ich bezweifelte, dass mich eine niederländische Uni retten würde, doch Annie war nicht zu bremsen.
»Man hat herausgefunden, dass es sehr hilfreich ist, wenn sich Menschen für schwierige Situationen selbst Regeln aufstellen. Sie halten sich daran, nur weil sie davon wissen. Das funktioniert, auch wenn es eigentlich keinerlei Konsequenzen gibt.«
»Ich verstehe kein Wort.« Wie sollte das mein Josh-Problem lösen?
»Du musst dir für dich selbst Verhaltensweisen überlegen, an die du dich hältst, wenn du Josh begegnest.« Annies Müdigkeit war verschwunden und gruseligem Enthusiasmus gewichen. »Wenn du ihm das nächste Mal über den Weg läufst, weiß du genau, was zu tun ist, und hältst dich unbewusst daran.«
»Und was sollen das für Regeln sein?« Skeptisch knabberte ich an einem weiteren Stück Schokolade.
»Du überlegst dir eine Strategie, die du anwendest, wenn er dich aufregt.«
»Zum Beispiel?«
»Das ist doch ganz einfach.« Annie strich sich ein paar Locken aus der Stirn, die sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst hatten. »Wenn er dich wütend macht, könnte deine Regel lauten, tief durchzuatmen und dich zu verabschieden. So streitet ihr nicht.«
»Er macht mich immer wütend.«
Annie rollte theatralisch mit den Augen. »Das war auch nur ein Beispiel. Die Regel könnte auch lauten, dass du zehn Atemzüge abwartest, bevor du ihm antwortest.«
»Und du glaubst, das funktioniert?«
»Die Forscher an der Universität in Amsterdam tun das.«
Vielleicht wäre ein Exorzist doch die bessere Wahl.
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