Finanzmanagement. Jürgen Stiefl
und kalkulatorische Zinsen (Anderskosten) oder aber auch der kalkulatorische Unternehmerlohn einer Personengesellschaft, der in der Finanzbuchhaltung keine Berücksichtigung findet (Zusatzkosten).
Einzahlungen sind Zuflüsse von liquiden Mitteln. Die Zahlungs- und Geldeingänge bedeuten eine Erhöhung des Zahlungsmittelbestandes. Dieser setzt sich dabei zusammen aus dem Bestand an Bar- und Buchgeld. Einzahlungen entstehen bspw. beim Barverkauf von Güter- und Dienstleistungen oder bei der Rechnungsbegleichung eines Kunden.
Auszahlungen hingegen bedeuten Abflüsse von liquiden Mitteln bzw. eine Verminderung des Zahlungsmittelbestandes. Beispielhaft kann hier die Gehaltsüberweisung an die Mitarbeiter oder die Begleichung einer Lieferantenrechnung aufgeführt werden.5
Die obige Abbildung lässt beim genauen Hinschauen im Vergleich zum aufgeführten Zahlenbeispiel einige Unschärfen erkennen. Wurde im Zahlenbeispiel Finanzierung gewissermaßen mit der Passivseite der Bilanz gleichgesetzt, so findet sich die Finanzierung im Schaubild nun unter dem Finanzwesen wieder. Ferner wird dort das Finanzwesen mit der Finanz-/Liquiditätsrechnung in Verbindung gebracht. Diese vermeintliche Diskrepanz soll im nächsten Unterkapitel »Begrifflichkeiten und Abgrenzung« ausgeräumt werden.
1.3 Begrifflichkeiten und Abgrenzung
Die Begriffe und Anschauungen aus dem Bereich der Investition und der Finanzierung sind sehr vielschichtig. Für das vorliegende Lehrbuch sollen deshalb nur die im weiteren Verlauf zur Diskussion stehenden Ansätze und Kriterien genannt werden.6
Die größte Verbreitung findet die Unterscheidung in den statisch bilanziellen und in den dynamischen Finanzierungsansatz.
Nach dem statisch bilanziellen Ansatz, der im vorangegangenen Abschnitt erklärt wurde, umfasst die Finanzierung alle Maßnahmen, die mit der Kapitalbe schaffung eines Unternehmens im Zusammenhang stehen. Der Gegenwert des Kapitals kann in Form von Geld, Gütern oder Wertpapieren zur Verfügung gestellt werden. Verdeutlicht werden kann dieser Ansatz am besten in Form einer grob gegliederten Bilanz.
Abb. 11: Standardbilanz
Die Kapitalbeschaffung findet, wie bereits erwähnt, ihren Niederschlag auf der Passivseite der Bilanz und zeigt, woher die finanziellen Mittel stammen, die für die unternehmerischen Prozesse benötigt werden. Die Passivseite ist damit die Mittelherkunftsseite der Bilanz, weil sie darstellt, ob das Unternehmen eigen- und/oder fremdfinanziert ist bzw. ob das Kapital des Unternehmens von außen oder von innen zur Verfügung gestellt wurde.7
Demgegenüber zeigt die Aktivseite der Bilanz, wie das beschaffte Kapital investiv verwendet wurde. So kann das Kapital längerfristig gebunden im Anlagevermögen oder aber kurzfristiger gebunden im Umlaufvermögen, bspw. in den Vorräten, investiert worden sein.
Im Gegensatz zum statisch bilanziellen Ansatz sieht der dynamische Finanzierungsansatz in der Finanzierung den Zu- und Abfluss von liquiden Mitteln. Betrachtet wird damit ausschließlich die Zahlungsebene des Unternehmens (Einzahlungen und Auszahlungen).8
Beide Ansätze, d. h. sowohl der statisch bilanzielle als auch der dynamische Ansatz, finden sich in den weiteren Darstellungen wieder. Die Ausführungen zum Kapitalbeschaffungsmanagement folgen tendenziell eher dem statisch bilanziellen Ansatz, während die Bereiche des Finanzmanagements eher der dynamischen Betrachtungsweise nachgehen.
Die Kapitalbeschaffung (auch Finanzierung i.e.S.) sieht ihre originäre Aufgabe darin, dem Unternehmen Kapital in Form von Eigen- oder Fremdkapital, entweder über den Innenfinanzierungs- oder den Außenfinanzierungsprozess zur Verfügung zu stellen.9
Das Finanzmanagement (auch Finanzierung i.w.S.) hingegen hat den Schwerpunkt auf der Planung, Steuerung und Kontrolle sowie der Sicherung der jederzeitigen Zahlungsbereitschaft.
Die im Zuge des statisch bilanziellen Finanzierungsbegriffs diskutierte Kapitalverwendung, also die Frage, wie das bereitgestellte beschaffte Kapital unternehmerisch einzusetzen ist, wird in den weiteren Ausführungen des Lehrbuches mit der Investition näher erörtert.
1.4 Notwendigkeit der Investition und Finanzierung
In diesem Unterkapitel wollen wir uns noch einmal abschließend die Frage stellen, warum, wie bereits oben erwähnt, Finanzierung und das investiv eingesetzte Kapital einen so bedeutsamen Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre verkörpern. Es liegt insbesondere darin begründet, dass die Verantwortlichen des Unternehmens das ständige zeitliche und betragsmäßige Auseinanderdriften von Ein- und Auszahlungen überwachen sowie entstehende Finanzierungslücken kompensieren müssen. Auch das obige Eingangsbeispiel hat dies deutlich gemacht, wie folgende Abbildung noch einmal zeigt.
Im Zuge der Unternehmensgründung hatte die Kapitalbeschaffung zunächst zu einer Einzahlung geführt. Es wurde Eigenkapital von außen eingebracht. Im Anschluss wurden Mittel in Anlagevermögen investiert. Diese Kapitalverwendung machte jedoch eine Auszahlung erforderlich, die die bestehenden liquiden Mittel deutlich überstieg. Deshalb musste die Gesellschaft mit neuem Kapital ausgestattet werden (hier Bankendarlehen), um die notwendig gewordene Liquidität bereitzustellen. Im weiteren Verlauf kam es dann durch den Verkauf von Produkten zu einem Kapitalrückfluss. Auch hier hätte man sich ein zeitliches Auseinanderfallen von Auszahlungen für das Personal und Einzahlungen aus dem Verkauf der Produkte vorstellen können. Erfolgt nämlich der Produktverkauf auf Ziel, werden zunächst Forderungen gegenüber den Kunden eingebucht, die somit erst später in Form von liquiden Mitteln einzahlungswirksam werden.
Abb. 12: Finanzielle Vorgänge einer Unternehmung
Aus der soeben geführten Diskussion erhebt sich unmittelbar die Frage, was die Hauptbestimmungsgründe des Kapitalbedarfs sind. Als solche können der betriebliche Umsatzprozess und die (langfristigen) Investitionen ausfindig gemacht werden.
Der betriebliche Umsatzprozess führt zu einer vergleichsweise kurzen Kapitalbindung. Kurzfristig zu finanzieren sind bspw. Produktionsfaktoren wie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, fremdbezogene Vorprodukte und die Arbeitsleistung.
Investitionen z. B. in Produktionsanlagen oder den Fuhrpark haben eine vergleichsweise lange Kapitalbindung – meist über mehrere Jahre – zur Folge. Die investierten Mittel fließen über den betrieblichen Umsatzprozess in das Unternehmen zurück, wenn die Marktteilnehmer über den Produktpreis die Produktionskosten einschließlich der Abschreibungen der Anlagen finanzieren.
1.5 Ziele und Fragestellungen
Im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre ergeben sich eine ganze Reihe von unternehmerischen Zielen mit den daraus abgeleiteten finanzwirtschaftlichen Zielen und den daran anknüpfenden Fragen, die im weiteren Verlauf relevant sind.
Hinsichtlich der Zielkriterien unterscheidet man in der Literatur häufig die Kategorien
• quantifizierbare/qualitative Ziele,
• Leistungs-, Erfolgs- und Finanzziele sowie
• komplementäre, konkurrierende und indifferente Ziele.
Quantifizierbare Ziele lassen sich in Mengen oder Preisen ausdrücken. So lässt sich die geplante Absatzmenge in Stückzahlen oder Tonnagen angeben, oder aber der geplante Umsatzerlös einer Abrechnungsperiode in € oder $.
Qualitative Ziele haben zunächst einmal den Nachteil, dass sie sich aufgrund ihres Charakters