Der Ruhestand: Perspektiven eines Arbeitslebens. Brigitte Geldermann

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      Alt sein, bedeutet nicht mehr brauchbar und letztlich hilfsbedürftig zu sein. Und damit gilt der Mensch in der Konkurrenzgesellschaft nichts mehr, ist nur noch Verwahrungs- und Versorgungsobjekt. Das Alter als Lebensphase konstituiert sich unter Aspekten von Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Dabei wird seit einigen Jahren der Beginn des Alters mit einem bestimmten Lebensjahr in Frage gestellt und das pauschale Aussortieren aus dem Berufsleben kritisch gesehen, da die Aussortierten keinen gesellschaftlichen Beitrag mehr leisten und nur noch Kostgänger sind. Die Last für die Gesellschaft, die sie darstellen, gilt es möglichst zu verringern, die Alten differenziert zu betrachten, statt sie pauschal abzuqualifizieren und ihre nützlichen Seiten zu entdecken.

Zu allen Zeiten, lange bevor es die Einrichtung des Ruhestands gab, haben Philosophen und Dichter versucht, das Alter als Lebensphase zu rehabilitieren und gegen die gängigen herabsetzenden Darstellungen zu verteidigen. Am bekanntesten sind wohl Ciceros „De Senectute“ und Jakob Grimms Rede über das Alter. Nach Cicero wird das Nachlassen von Kraft und Schnelligkeit kompensiert durch Voraussicht, Autorität und Entschlusskraft. Er zieht zum Vergleich die Tätigkeit eines Steuermanns heran, der nicht auf die Masten steigt oder durch das Schiff läuft, sondern ruhig auf dem Hinterdeck sitzt und dabei Wichtigeres tut als die geschäftigen Matrosen. Für Jakob Grimm steht die Fähigkeit der Alten auch zu „strengen Arbeiten“ außer Frage. Wichtiger noch erscheint ihm aber eine zunehmende Klarheit und Freiheit des Geistes: „Je näher wir dem Rande des Grabes treten, desto ferner weichen von uns sollten Scheu und Bedenken, die wir früher hatten, die erkannte Wahrheit, da wo es an uns kommt auch kühn zu bekennen (Jakob Grimm, Rede über das Alter).“ Artur Schopenhauer hat sich ausführlich über das Alter geäußert und betont neben dem Zuwachs an Erfahrung auch die geistige Unabhängigkeit, die durch den Verlust aller Illusionen entsteht: „Erst im späten Alter erlangt der Mensch ganz eigentlich das horazische nil admirari, d. h. die unmittelbare, aufrichtige und feste Überzeugung von der Eitelkeit aller Dinge und der Hohlheit aller Herrlichkeiten der Welt: die Schimären sind verschwunden (Artur Schopenhauer: Vom Unterschiede der Lebensalter).“

      Für die Wissenschaft ist das Alter bzw. Alterungsprozesse ein relativ neues Thema.

„Zwar gab es historisch früh bereits eine philosophische, literarische und künstlerische Beschäftigung mit dem Alter. Doch erst das 20. Jahrhundert brachte durch demographische Veränderungen, durch eine generell gesicherte Ausgliederung der Älteren aus dem Produktionsprozess und die damit verbundenen Probleme und Phänomene des Selbstgefühls eine (sozial-) wissenschaftliche Hinwendung zum höheren Alter“ (Backes/Clemens 2003, 30).

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