Schwarzes Echo. Michael Connelly

Schwarzes Echo - Michael Connelly


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Augenbrauen hoch, als er diese Idee zum ersten Mal überdachte.

      »Ich glaube«, sagte er, und dann verschwand er durch einen schwarzen Vorhang in einem Korridor hinter dem Tresen. Einige Augenblicke später kam er mit einem Schuhkarton voller Polaroids zurück, an denen gelbe Durchschläge aus Kohlepapier hingen. Er blätterte die Fotos durch, zog gelegentlich eines heraus, krauste die Augenbrauen und steckte es dann wieder an seinen Platz zurück. Schließlich fand er, was er suchte.

      »Hier. Das ist es.«

      Bosch nahm das Foto und betrachtete es.

      »Antik, Gold mit geschnitzter Jade, sehr hübsch«, sagte Obinna. »Ich erinnere mich, erstklassige Ware. Kein Wunder, dass der Drecksack, der mir die Scheibe eingeschlagen hat, es haben wollte. Angefertigt in den dreißiger Jahren, Mexiko … Ich habe dem Mann achthundert Dollar gegeben. Einen so hohen Preis habe ich noch nicht oft für ein Schmuckstück bezahlt. Ich erinnere mich, wie ein sehr dicker Mann hier reinkam mit dem Super-Bowl-Ring. 1983. Sehr hübsch. Ich habe ihm eintausend Dollar gegeben. Er ist nie wiedergekommen.«

      Er streckte seine linke Hand aus, um den überdimensionalen Ring vorzuzeigen, der an seinem stummeligen Finger noch größer wirkte.

      »Der Mann, der das Armband verpfändet hat – erinnern Sie sich an den genauso gut?«, fragte Bosch.

      Obinna machte ein verdutztes Gesicht. Bosch fand, seine Augenbrauen wirkten wie zwei miteinander kämpfende Planierraupen. Er zog eines der Polaroids von Meadows aus der Tasche und reichte es dem Pfandleiher. Der sah es sich genau an.

      »Der Mann ist tot«, sagte Obinna nach einem Moment. Die Planierraupen schienen vor Angst zu erzittern. »Der Mann sieht tot aus.«

      »Dafür brauche ich Ihre Hilfe nicht«, sagte Bosch. »Ich möchte wissen, ob er das Armband versetzt hat.«

      Obinna gab ihm das Foto zurück. Er sagte: »Ich glaube, ja.«

      »Ist er jemals hier gewesen und hat irgendwas anderes versetzt, vor oder nach dem Armband?«

      »Nein. Ich glaube, ich würde mich an ihn erinnern. Ich würde sagen, Nein.«

      »Ich nehme das hier mit«, sagte Bosch und hielt das Polaroid von dem Armband hoch. »Wenn Sie es brauchen, rufen Sie mich an.«

      Er legte eine seiner Visitenkarten auf die Kasse. Die Karte war von der billigen Sorte, Name und Telefonnummer waren handschriftlich eingetragen. Als er unter einer Reihe von Banjos hindurch zur Ladentür ging, sah Bosch auf seine Uhr. Er wandte sich zu Obinna um, der wieder in seinem Karton mit Polaroids kramte.

      »Mr. Obinna, der Wachhabende hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass Sie besser nach Hause gehen sollten, wenn die Detectives nicht binnen einer halben Stunde da wären. Die Beamten würden dann morgen früh kommen.«

      Obinna starrte ihn an, ohne ein Wort zu sagen. Die Planierraupen griffen an und kollidierten. Bosch hob den Kopf und sah sich selbst in dem polierten Messingknie eines Saxofons, das an der Decke hing. Ein Tenor. Dann drehte er sich um, ging zur Tür hinaus und machte sich auf den Weg zum ComCenter, wo er das Tonband abholen wollte.

      Der wachhabende Sergeant im ComCenter unter der City Hall ließ Bosch den Notruf von einem der großen Tonbandgeräte überspielen, die niemals aufhören, sich zu drehen und die Schreie der Großstadt festzuhalten. Die Stimme des Notdienstes war weiblich und schwarz. Der Anrufer war männlich und weiß. Der Anrufer klang wie ein Junge.

      »Notruf neun eins eins. Was möchten Sie melden?«

      »Äh, äh …«

      »Kann ich Ihnen helfen? Was möchten Sie melden?«

      »Äh, ja, ich melde, dass Sie da einen toten Mann in einer Röhre haben.«

      »Sie sagen, Sie melden einen Toten?«

      »Ja, das stimmt.«

      »Was meinen Sie mit einer Röhre, Sir?«

      »Er liegt in einer Röhre oben beim Damm.«

      »Welcher Damm ist das?«

      »Äh, Sie wissen schon, wo das Wasserreservoir und das alles ist, beim Hollywood-Zeichen.«

      »Ist das der Mulholland-Damm, Sir? Oberhalb von Hollywood?«

      »Ja, der. Genau. Mulholland. Ich wusste den Namen nicht mehr.«

      »Wo ist die Leiche?«

      »Da oben gibt es eine dicke, alte Röhre. Sie wissen schon, die, in der die Leute schlafen. Der Tote liegt da in der Röhre. Hinten drin.«

      »Kennen Sie diese Person?«

      »Nein, Mann, kein Stück.«

      »Schläft er?«

      »Scheiße, nein.« Der Junge lachte nervös. »Er ist tot.«

      »Wieso sind Sie so sicher?«

      »Ich bin mir sicher. Ich sag es Ihnen doch. Wenn Sie nicht wollen …«

      »Wie ist Ihr Name, Sir?«

      »Was soll das? Wozu brauchen Sie meinen Namen? Ich hab ihn nur gesehen. Ich hab es nicht getan.«

      »Woher soll ich wissen, dass dies ein ernst gemeinter Anruf ist?«

      »Sehen Sie in der Röhre nach, und Sie wissen es. Ich weiß nicht, was ich Ihnen noch sagen soll. Was hat mein Name damit zu tun?«

      »Für unsere Akten, Sir. Können Sie mir Ihren Namen sagen?«

      »Äh, nein.«

      »Sir, werden Sie warten, bis ein Officer eintrifft?«

      »Nein, ich bin schon weg. Ich bin nicht da, Mann. Ich bin unten …«

      »Ich weiß, Sir. Auf meinem Bildschirm sehe ich, dass Sie in einer Telefonzelle an der Gower in der Nähe vom Hollywood Boulevard sind. Werden Sie warten, bis ein Officer da ist?«

      »Wie …? Egal, ich muss los. Sehen Sie nach. Die Leiche ist da. Ein toter Mann.«

      »Sir, wir würden gern mit Ihnen …«

      Die Verbindung wurde unterbrochen. Bosch steckte die Kassette in seine Tasche und ging auf demselben Weg aus dem ComCenter hinaus, auf dem er hereingekommen war.

      Es war fast zehn Monate her, seit Harry Bosch zuletzt den dritten Stock des Parker Centers betreten hatte. Gut zehn Jahre war er beim Morddezernat gewesen, dann aber seit seiner Suspendierung und der Versetzung von der Spezialeinheit zu den Hollywood Detectives nie mehr hierher gekommen. An dem Tag, an dem er es erfahren hatte, war sein Schreibtisch von Lewis und Clarke, zwei Gorillas von der Abteilung für Innere Angelegenheiten, leer geräumt worden. Sie hatten sein Zeug im Revier von Hollywood auf dem Schreibtisch abgeladen, an dem die Mordfälle bearbeitet wurden, und dann auf seinem Anrufbeantworter zu Hause die Nachricht hinterlassen, wo er seine Sachen finden könne. Jetzt, zehn Monate später, ging er wieder über den geweihten Flur der Eliteeinheit und freute sich, dass Sonntag war. Er würde keine bekannten Gesichter treffen. Kein Grund, sich abzuwenden.

      Zimmer 321 war leer, abgesehen von einem Detective, der Wochenenddienst hatte und den Bosch nicht kannte. Harry zeigte auf den hinteren Teil des Zimmers. »Bosch, Hollywood Detectives. Ich muss mal die Kiste da hinten benutzen.«

      Der Detective vom Dienst, ein junger Bursche mit einem Haarschnitt, der noch aus seiner Zeit beim Marine Corps stammen musste, saß am Schreibtisch und blätterte in einem Waffenkatalog. Er drehte sich zu den Computern an der Rückwand um, als wollte er sichergehen, dass sie noch da waren, und sah dann Bosch wieder an.

      »Schlage vor, Sie benutzen den in Ihrer eigenen Abteilung«, sagte er.

      Bosch ging an ihm vorbei. »Ich habe nicht die Zeit, nach Hollywood rauszufahren. In zwanzig Minuten hab ich eine Autopsie«, log er.

      »Wissen Sie, ich hab schon von Ihnen gehört, Bosch. Ja. Die Fernsehserie und das alles, Sie waren früher mal auf diesem Flur. Früher mal.«

      Der letzte


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