Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen
Du willst wohl nach Haegstad?
Peer Gynt. Nein.
Der Schmied. Eine Zeit,
Da hieß es, die Dirn dort, die wär’ Dir nicht leid.
Peer Gynt.
Du Kolkrabe –!
Der Schmied (weicht etwas zurück.)
Immer härm’ Dich nicht, Peer;
Hat Dich Ingrid verschmäht, – es gibt ja noch mehr.
Der Sohn von Jon Gynt; pah! Der treibt sie zu Paaren!
Du findest dort Lämmlein wie Witwen von Jahren –
Peer Gynt.
Zur Hölle –!
Der Schmied. Da wird Dich schon eine wählen. –
Guten Abend! Ich werd’ Dich der Braut empfehlen. –
(Sie gehen unter Lachen und Geflüster ab.) Peer Gynt (sieht ihnen eine Weile nach, macht eine wegwerfende Bewegung und wendet sich halb um.)
Meinthalben teilt die Haegstad ihr Bette,
Mit wem sie Lust hat. Was mich das schiert!
(Sieht an sich hinunter.)
Die Hosen zerrissen. Zerlumpt, beschmiert. –
Wer bloß was Neues zum Wechseln hätte!
(Stampft auf den Boden.)
Könnt’ ich mit einem Schlachtergriff
Ihnen die Mißachtung aus der Brust reißen!
(Sieht sich plötzlich um.)
Was war das? War das nicht eben ein Pfiff?
Als möcht’ sich ein Mensch da sein Lachen verbeißen?
Ich will heim zu Muttern.
(Geht, bleibt aber wieder stehen und horcht nach dem Hochzeitshof hinunter.)
Da fängt der Tanz an!
(Starrt und horcht; geht Schritt um Schritt wieder zurück; seine Augen leuchten; er reibt sich die Beine.)
Dies Gewimmel von Mädels! Sieben, acht auf den Mann.
Ah, Tod und Teufel auch, – wen das nicht lockte! –
Wenn Mutter nur nicht auf dem Mühldach hockte –!
(Seine Blicke werden wieder hinabgezogen; er hüpft und lacht.)
Heißa, der Hallingtanz tollt über die Wiese!
Ja, ja, der Guttorm geigt die Waden in Gang!
Das stampft und das braust wie ein Sturzbach am Hang.
Und dann all diese schimmernden Mädels! Diese
Mädels! Zum Henker! Wer da nun noch stockte!
(Setzt mit einem Sprung über den Zaun und den Weg hinunter.)
(Der Hofplatz auf Haegstad.)
(Im Hintergrund das Wohnhaus. Viele Gäste. Auf dem Wiesenplan wird lebhaft weiter getanzt. Der Spielmann sitzt auf einem Tisch. Der Küchenmeister steht in der Tür. Kuchenweiber eilen zwischen den Gebäuden hin und her, ä1tere Leute sitzen hier und dort im Gespräch zusammen.)
Eine Frau (nimmt Platz in einer Gruppe, die auf einigen Balken sitzt.)
Die Braut? Ach Gott, das bißchen Gewein’,
Das macht nichts; so tun alle Bräute.
Der Küchenmeister (in einem andern Haufen.)
Da habt Ihr zu trinken, gute Leute!
Ein Mann.
Du meinst es zu gut; Du schenkst zu oft ein.
Ein Bursche (zum Spielmann, während er, ein Mädel an der Hand, vorbeifliegt.)
Heißa, Guttorm, in die Fiedel gewettert!
Das Mädel.
Streich, daß es über die Wiesen hinschmettert!
Mädels (im Kreis um einen Burschen, der tanzt.)
Fein war der Sprung!
Ein Mädel. Seine Knie’ haben’s weg!
Der Bursche (tanzend.)
Hier ist’s weit bis zur Wand und noch weiter bis zur Deck’!
Der Bräutigam (nähert sich greinend dem Vater, der im Gespräch mit ein paar anderen steht, und zieht ihn an der Jacke.)
Sie will nicht, Vater; sie ist so voll Trotz.
Der Vater.
Sie will nicht?
Der Bräutigam.
Sie hat sich eingeschlossen.
Der Vater.
So find’ den Schlüssel, und werd’ nicht zum Possen!
Der Bräutigam.
Wo soll ich ihn finden!
Der Vater. Du bist ein Klotz!
(Wendet sich wieder zu den anderen. Der Bräutigam trollt über den Hof ab.) Ein Bursche (hinter dem Haus hervor.)
Mädels! Juchheißa! ‘s wird immer feiner!
Peer Gynt kommt!
Der Schmied, (der eben dazugetreten ist.)
Wer hat ihn gebeten?
Der Küchenmeister. Keiner.
(Aufs Haus zu ab.) Der Schmied (zu den Mädels.)
Spricht er Euch an, so laßt mir ihn stehn!
Ein Mädel (zu den anderen.)
Wir tun, als hätten wir ‘n nie gesehn.
Peer Gynt (kommt erhitzt und voller Leben daher, bleibt mitten vor dem Schwarme stehen und klatscht in die Hände.)
Wer ist die Flinkste von Euch zum Drehn?
Eine Einzelne, (der er sich nähert.)
Ich nicht.
Eine Andere (ebenso.)
Ich auch nicht.
Eine Dritte. Ich? Nicht um die Welt!
Peer Gynt (zu einer vierten.)
So komm denn Du, bis ‘ne bessre sich stellt.
Das Mädel (kehrt sich ab.)
Hab’ keine Zeit.
Peer Gynt (zu einer fünften.)
Na, denn Du!
Das Mädel, (sich zum Gehen anschickend.)
Muß nach Haus
Peer Gynt.
Heut Abend? Du bist wohl ganz von Verstand?
Der Schmied (gleich darauf, halblaut zu Peer.)
Da reicht sie ‘nem alten Trottel die Hand.
Peer Gynt (wendet sich rasch an einen älteren Mann.)
Wo ist eine frei hier?
Der Mann. Find’ sie heraus.
(Geht von ihm fort.)
(Peer Gynt ist mit einem Male still geworden. Er blickt verstohlen und scheu auf die Gruppe. Alle sehen auf ihn, aber niemand spricht. Er nähert sich anderen Gruppen. Wohin er kommt, wird es stumm; sobald er sich wieder entfernt, lächelt man und blickt ihm nach.)
Peer Gynt (leise.)
Höhnische Blicke; Gedanken wie Pfeile.
Das zischelt, wie Sägblätter unter der Feile!
(Er drückt sich den Zaun entlang. Solvejg, mit klein Helga an der Hand, betritt den Hof, begleitet von ihren Eltern.)
Ein Mann (zu einem andern in der Nähe von Peer Gynt.)
Die sind zugewandert.