Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
gänzlich besiegte. Spartacus fiel in der Schlacht. ein Staatsfeind, wenn du ein Staatsbürger bist? Kannst du aber ein Bürger sein, durch dessen Schuld es einmal keinen Staat gab? Und mich benennst du mit deinem Namen55 D. h. mit einem Namen, der dir zukommt, nicht mir; denn du verdientest die Strafe der Landesverweisung für deine Frevelthaten gegen den Staat, nicht ich, der ich die größten Verdienste um den Staat habe., da doch Alle der Ansicht sind, daß mit meinem Weggange das Gemeinwesen verwiesen war? Willst du niemals, unsinnigster Mensch, um dich schauen, niemals überlegen, weder was du thust, noch was du redest? Weißt du nicht, daß Landesverweisung die Strafe für Frevelthaten ist? Daß jene meine Reise56 Cicero nennt seine Verweisung eine Reise (kurz vorher Weggang), die er von freien Stücken unternommen habe. Nachdem sich nämlich Cicero nicht allein von den Consuln, sondern auch von Pompejus im Stiche gelassen sah, wollte er lieber Rom verlassen als das Leben vieler edler Patrioten den bewaffneten Scharen des Clodius preisgeben und entfernte sich daher aus der Stadt, bevor der Urtheilsspruch über seine Verbannung gefällt war. hingegen wegen der herrlichsten Thaten57 Nämlich wegen der Entdeckung und Unterdrückung der Catilinarischen Verschwörung. Clodius hatte auf Cicero's Verweisung angetragen, weil dieser Theilnehmer der Verschwörung, die Römische Bürger waren, unverurtheilt habe hinrichten lassen., die ich ausführte, von mir unternommen wurde?
31. Alle Frevler und Bösewichter, für deren Anführer du dich offen bekennst, die die Gesetze mit Verweisung bestraft wissen wollen, sind Verwiesene, wenn sie auch den Boden nicht gewechselt haben. Und du solltest kein Verwiesener sein, da doch alle Gesetze dich verweisen? Sollte der nicht ein Verwiesener heißen, der sich mit Mordgewehr bewaffnet hat58 Nach der lex Cornelia de sicariis wurde derjenige, der sich mit einem Mordgewehre bewaffnet hatte, um einen Anderen zu tödten, für einen Meuchelmörder gehalten, obgleich er die Mordthat noch nicht vollbracht hatte. S. Orelli Index Leg. p. 162.? Von dem Senate wurde dein Dolch ergriffen59 In dem Tempel des Castor wurde nämlich ein Sklave des Clodius ergriffen, den dieser dahin geschickt hatte, um den Pompejus zu ermorden, weil derselbe früher auf seiner Seite gestanden, jetzt aber für die Zurückberufung Cicero's gestimmt hatte. S. Cicer. pro Milone 7, 18. in Pison. 12, 28. pro Sestio 32, 69.. Nicht der, welcher einen Menschen getödtet hat? Du hast schon sehr Viele getödtet. Nicht der, welcher Brand angestiftet hat? Der Tempel der Nymphen ist durch deine Hand in Flammen aufgegangen60 S. Cicer. pro Milone 27, 73. In dem Tempel der Nymphen befand sich das Archiv (tabularium).. Nicht der, welcher die geweihten Plätze besetzt gehalten hat? Auf dem Forum61 Das Forum war einer der geweihten Plätze (templa) Rom's. hast du ein Lager aufgeschlagen.
32. Doch wozu führe ich allgemeine Gesetze an, die dich alle für einen Verwiesenen erklären? Dein vertrautester Freund62 Der Consul Marcus Piso. S. Cicer. ad Attic. 13, 1. hat in Beziehung auf dich die besondere Verordnung63 Privilegium, d. h. ein Gesetzvorschlag, der sich nur auf eine einzelne Person bezog, sowol in gutem als in bösem Sinne. in Vorschlag gebracht, daß, wenn du in das verbotene Heiligthum der Guten Göttin64 Das Fest der Guten Göttin wurde am 1. Mai des Nachts in dem Hause eines der Consuln oder Prätoren gefeiert. Ueber die hier erwähnte Sache s. die65 Cicero meint die Zeit, wo Clodius, sein erbittertster Feind, es durchsetzte, daß er aus Rom verwiesen wurde. Publius Clodius Pulcher war einer der vornehmsten und ruchlosesten Volksaufwiegler und der sittenlosesten Menschen. In der Kleidung einer Zitherspielerin wußte er sich in das Haus der Pompeja, Cäsar's Gemahlin, mit der er ein geheimes Liebesverständniß unterhielt, als daselbst das Fest der Guten Göttin (s. die Anm. 28), zu dem allen Männern der Zugang verboten war, einzuschleichen, wurde aber erkannt und vor Gericht angeklagt. Da er behauptete, er habe sich an diesem Tage gar nicht in Rom aufgehalten, zeugte Cicero gegen ihn, daß er ihn an diesem Tage in Rom gesehen habe. Nichtsdestoweniger wurde er freigesprochen. Von diesem Augenblicke an faßte er den unversöhnlichsten Haß gegen Cicero, und klagte im J. 58 v. Chr. als Volkstribun ihn an, daß er zur Zeit der Catilinarischen Verschwörung Römische Bürger, die vom Volk nicht verurtheilt worden seien, habe hinrichten lassen. Obwol der Senat sich der Sache Cicero's auf das Angelegentlichste annahm, so mußte dieser doch in die Verbannung gehen. Hiermit noch nicht zufrieden, verwüstete er Cicero's Landgüter und riß dessen Haus in Rom nieder. S. Cicer. pro Sestio 24. Aber schon im folgenden Jahre wurde Cicero aus der Verbannung zurückgerufen, und wie im Triumphe zog er durch Italien nach Rom, wo ihm die ehrenvollste Aufnahme bereitet war. S. Cicer. pro Sestio 63.. eingedrungen seiest, du verwiesen werden sollest. Aber du pflegst dich sogar dieser That zu rühmen. Wie ist es nun möglich, daß du, durch so viele Gesetze aus dem Lande verwiesen, vor dem Namen eines Landesverwiesenen nicht erzitterst? – »In Rom bin ich,« sagst du. – Ja wol, und du bist sogar in einem verbotenen Heiligthume gewesen. Nicht also wird Einer an dem Orte, wo er sich aufhält, ein Anrecht haben, wenn er sich daselbst nicht nach den Gesetzen aufhalten darf.
Fünftes Paradoxon
‘Ότι μόνος ο σοφὸς ελεύθερος, καὶ πα̃ς άφρων δου̃λος66 Diog. Laert. 7, 121: μόνον τε ελεύθερον (ει̃ναι τὸν σοφόν), τοὺς δὲ φαύλους δούλους· ει̃ναι γὰρ τὴν ελευθερίαν εξουσίαν αυτοπραγίας, τὴν δὲ δουλείαν στέρησιν αυτοπραγίας..
Der Weise allein ist frei, und jeder Thor ist ein Sklave.
I. 33. Mag fürwahr dieser als Befehlshaber gepriesen oder auch so genannt oder dieses Namens würdig erachtet werden. Wie oder welchem freien Manne wird denn der befehlen, der seinen eigenen Begierden nicht befehlen kann? Er zügele zuerst seine Begierden, verachte die sinnlichen Vergnügungen, bezähme seinen Zorn, halte seine Habsucht in Schranken, entferne die übrigen Flecken seiner Seele. Dann fange er an Anderen zu befehlen, wenn er selbst den schlechtesten Herrinnen, der Schande und der Schmach, zu gehorchen aufgehört hat. So lange er wenigstens diesen sein Ohr leiht, kann man ihn nicht für einen Befehlshaber, ja nicht einmal für einen freien Mann halten.
Es ist nämlich ein vortrefflicher Lehrsatz, der von den gelehrtesten Männern aufgestellt ist, – ich würde mich nicht auf ihr Zeugniß berufen, wenn ich diesen Vortrag vor einigen Ungebildeten zu halten hätte; da ich aber vor den einsichtsvollsten Männern rede, denen solche Behauptungen nicht unbekannt sind, warum sollte ich mir den Schein geben, als ob ich die Mühe, die ich auf diese Studien verwendet habe, für verloren achtete? – Es ist also von Männern der gründlichsten Bildung67 Außer den Stoikern stellten diesen Satz auch die Sokratiker, die Akademiker und Platoniker auf. Vgl. Xenoph. Comment. IV, 5, 3–12. Auch der Kirchenvater Augustin. de Civit. Dei IV, 3. spricht den Satz ganz wie die Stoiker aus: Bonus, etiamsi serviat, liber est, malus autem, etiamsi regnet, servus est, nec unius hominis, sed, quod est gravius, tot dominorum, quot vitiorum. der Satz aufgestellt, außer dem Weisen sei Niemand ein Freier.
34. Denn