Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу
und Potter fiel, da sprang der Indianer-Joe mit dem Messer —“
Krach! — Schnell wie der Blitz sprang der Indianer-Joe zum Fenster durch alle Zuschauer hindurch und war im Nu verschwunden!
Fünfundzwanzigstes Kapitel.
Tom war schon wieder ein strahlender Held — der Liebling der Alten, der Neid der Jugend. Sein Name gelangte sogar zu den Ehren der Druckerschwärze, denn das Blättchen des Dorfes verherrlichte ihn. Es gab sogar Leute, die in ihm den zukünftigen Präsidenten sahen, ausgenommen, wenn er vorher gehenkt werde.
Wie gewöhnlich, drückte die gedankenlose Welt jetzt Muff Potter an ihre Brust und überschüttete ihn mit Zärtlichkeiten, wie sie ihn bisher verlästert hatte. Aber diese Sinnesänderung spricht für die Welt; deswegen ist‘s besser, keine Glossen drüber zu machen.
Toms Tage waren Tage des Glanzes und des Frohlockens, aber seine Nächte waren Zeiten des Schreckens. Der Indianer-Joe spukte in all seinen Träumen und immer mit haßerfüllten Augen. Schwerlich hätte irgend etwas den Jungen veranlassen können, nach Anbruch der Nacht noch hinauszugehen. Der arme Huck befand sich gleichfalls im Zustand der Verzweiflung und Angst, denn Tom hatte in der Nacht vor der Gerichtsverhandlung dem Verteidiger alles gesagt, und Huck hatte gräßliche Angst, daß seine Beteiligung bei der Sache bekannt werden möchte, obwohl ihn des Indianers Flucht von der Qual befreit hatte, vor Gericht Zeugnis ablegen zu müssen. Der arme Bursche hatte vom Verteidiger das Versprechen des Schweigens erhalten, aber was war das? Seit Tom, durch sein beladenes Gewissen getrieben, in jener Nacht ins Haus des Verteidigers gegangen war und die schreckliche Geschichte, die doch mit den bindendsten, furchtbarsten Eiden in ihm verschlossen sein sollte, gebeichtet hatte, war Hucks Glauben an die menschliche Rasse nahezu vernichtet.
Jeden Tag ließen Muff Potters Dankesbezeugungen Tom sich freuen, daß er gesprochen hatte, aber nachts wünschte er, das Geheimnis bewahrt zu haben. Manchmal fürchtete er, der Indianer-Joe möchte niemals gefunden werden, dann wieder zitterte er, daß er gefunden werden könnte. Er fühlte nur zu sicher, daß er nicht mehr ruhig atmen könne, bis dieser Mensch tot sei und er seine Leiche gesehen habe.
Belohnungen waren ausgesetzt, das Land durchsucht, aber kein Joe gefunden. Eins jener geheimnisvollen, ehrfurchtgebietenden Wunder, ein Detektiv, kam von St. Louis herauf, schnüffelte herum, schüttelte den Kopf, tat sehr weise und hatte den überraschenden Erfolg, den Angehörige dieser Berufsklasse stets haben, das heißt, „er fand den Schlüssel“. Aber man kann einen Schlüssel nicht als Mörder hängen und so, nachdem der Detektiv heimwärts gegangen war, fühlte sich Tom genau so unsicher wie vorher. Trübselig schlichen die Tage, aber jeder nahm ein klein wenig von seiner Besorgnis mit sich.
Sechsundzwanzigstes Kapitel.
In jedes normal veranlagten Jungen Leben kommt eine Zeit, wo er den rasenden Wunsch empfindet, irgendwo nach vergrabenen Schätzen zu suchen.
Dieser Wunsch überfiel Tom eines Tages ganz plötzlich. Er machte sich auf den Weg, um Joe Harper zu suchen, hatte aber keinen Erfolg. Dann suchte er Ben Rogers; der war zum Fischen gegangen. Plötzlich stieß er auf Huck Finn, den ‚Bluthändigen‘. Tom schleppte ihn an einen versteckten Ort und vertraute sich ihm an. Huck war sofort bereit. Huck war immer bereit, sich an einem Unternehmen zu beteiligen, das Zerstreuung versprach und kein Kapital verlangte, denn er hatte schrecklichen Überfluß von der Art Zeit, die nicht Geld ist.
„Wo wollen wir graben?“ fragte Huck.
„O — halt überall.“
„Was, ist überall welches vergraben?“
„Ach was, das nicht! ‘s ist an ganz besonderen Plätzen vergraben, Huck — manchmal auf Inseln, manchmal in alten verfaulten Kisten, unter den Wurzeln eines abgestorbenen Baumes, grad‘ da, wohin der Schatten bei Mondschein fällt; besonders aber unter dem Fußboden in ‘nem verfallenen Haus.“
„Wer vergräbt‘s denn?“
„Na, Räuber selbstverständlich — was dachtst du denn? Sonntagsschul-Lehrer?“
„Weiß nicht. Wenn‘s mir gehörte, ich würd‘s nicht vergraben. Ich würd‘s ausgeben und mir ‘ne lustige Zeit machen.“
„Tät‘ ich auch. Aber Räuber tun‘s nicht, die vergraben‘s immer und lassen‘s liegen.“
„Kommen sie gar nicht mehr hin?“
„Nein, — sie denken wohl, sie wollen wieder hinkommen, aber dann haben sie die Zeichen vergessen oder sind auch inzwischen gestorben. Manchmal liegt‘s ‘ne lange, lange Zeit da und wird rostig. Und schließlich find‘ dann mal jemand so ‘n altes vergilbtes Papier, da muß er über ‘ne Woche drüber brüten, denn ‘s sind schwere Zeichen und Hieroglyphen drauf geschrieben.“
„Hiero — was?“
„Hieroglyphen — Bilder und Zeug, weißt du, das gar nichts vorzustellen scheint.“
„Hast du schon mal so ‘n Papier gehabt, Tom?“
„Nee.“
„Na, wie willst du denn die Zeichen rauskriegen?“
„Ach was, brauch‘ keine Zeichen. Sie vergraben‘s ja immer unter ‘nem verfallnen Haus oder auf ‘ner Insel oder unter ‘nem abgestorbenen Baum, der ‘ne Wurzel von sich streckt. Na, wir haben‘s ja schon mal mit der Jackson-Insel versucht und können ja leicht noch mal hingehn; und dann ist da das alte verfallne Haus auf dem Stillhaus-Hügel, und dann gibt‘s ‘ne Menge Wurzeln von toten Bäumen — massenhaft!“
„Ist unter allen was?“
„Was schwatzt du! Nee!“
„Woher kannst du denn wissen, wohin wir gehen müssen?“
„Na — zu allen!“
„Verflucht, Tom — ‘s wird den ganzen Sommer dauern.“
„Na, was schad‘s? Denk‘, du findst ‘nen Messingtopf, ganz rostig oder ‘ne verfaulte Kiste voll Diamanten — he?“
Hucks Augen glänzten.
„Wär‘ grad‘ was für mich, Tom, wär‘ ganz extra was für mich! Ader die Diamanten nehm‘ ich nicht für hundert Dollars!“
„Na, schon gut. Aber ich würd‘ die Diamanten nicht verschmähn! Einige von ihnen sind zwanzig Dollar wert. Alle nicht — aber auch die andern sind sechs Cent bis ‘nen Dollar wert.“
„Nee — ist das so?“
„Sicher — alle sagen‘s. Hast du nie einen gesehn, Huck?“
„Nicht, daß ich wüßte.“
„O, Könige haben Haufen davon.“
„Na, ich kenn‘ aber keinen König, Tom!“
„Denk‘ wohl, daß du keinen kennst. Aber, wenn du nach Europa gingst, würdst du ‘ne Menge rumhüpfen sehn.“
„Hüpfen die?“
„Hüpfen, du Schafskopf? Nee!“
„Na — warum sagtest du denn, daß sie‘s täten?“
„Nachtmütze!