Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland. Группа авторов

Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland - Группа авторов


Скачать книгу
Meer im Ohr: Gedichte [2017]), und 2012 publizierte sie ihren Roman Porcelænskvinden. Auch Kinderbücher sind von ihr erschienen (Trolden Trøst [2006], Alfrida og Alfekatten [2007] und Maya, jeg Maya [2009]). Finn Egeris Petersen (geb. 1958) verfasste u.a. Romane (Broderskab [2012] und De faderløse [2016]), die in Tønning/Tönning und Slesvig/Schleswig spielen.

      Unter den älteren noch lebenden1 VerfasserInnen ist an zentraler Stelle Karin Johannsen-Bojsen (geb. 1936) zu nennen. Sie debütierte 1977 mit der Gedichtsammlung Sindelag – Barn i Flensborg 1939–49; später erschienen ihre Romane Regnbuelandet (1987) und Himmel med mange stjerner – En roman fra Sydslesvig (1997), letzterer über das Bemühen einer Frau, in Südschleswig ein dänisches Kulturzentrum zu etablieren. Es folgten Erinnerungen: Sydslesvigpige – en opvækst mellem to kulturer i årene 1936–1954 (2004) über die Kindheit in Flensborg/Flensburg und den dänischen Schulbesuch, die Begegnung mit der dänischen Lebensweise, Sprache und Kultur und Sydslesvigkvinde – et voksenliv mellem to kulturer i årene 1954–2004 (2008) über das Studium der Autorin in Dänemark, Deutschland und England und ihre Zeit als Lehrerin an der dänischen Duborg Skolen (‚Duburg-Schule‘) in Flensborg/Flensburg, als SSW-Politikerin und als Rednerin. Den Erinnerungen von Karin Johannsen-Bojsen folgte eine Reihe anderer Erinnerungen aus Südschleswig, u.a. von Kirstin Deckert (geb.1939), in deren Jugendbuch Børnene dernedefra (2012) es um das Leben in zwei Kulturen nach dem Zweiten Weltkrieg in Lyksborg/Glücksburg geht, und Vidnet (2014), das die Berichte ihres Vaters aus dem Ersten Weltkrieg zum Thema hat. Auch Rolf Erbst (geb. 1946) schreibt in Barakkerne (2012) über eine dänisch-deutsche Kindheit, diesmal im Flensborg/Flensburg der Nachkriegszeit, und Harald Dirks (geb. 1936) beschreibt in Over stregen – en Flensborg-krønike (2017) das Leben einer Flensburger Familie zwischen 1912 und 1945.

      Auch bei den älteren und bereits verstorbenen südschleswigschen VerfasserInnen spielen Familien- und Erinnerungsromane eine große Rolle, so zum Beispiel im Hauptwerk von Willy-August Linnemann (1914–1985), dem fünfbändigen Werk Europafortællinger (1958–66), das die Entwicklung einer südjütischen Familie in Südschleswig über mehrere Jahrhunderte hinweg schildert. Niels Bøgh Andersen (1908–1991) beschreibt sein Leben in den vier Büchern En fiskersøn fra Aventoft (1974), Feltdegn fra Harreslev Mark (1978), Forstander på Jaruplund (1975) und Krigsdagbog (1981). Die beiden Weltkriege, an denen die südschleswigschen Männer teilnahmen, spiegeln sich in diesen und einer Reihe von Werken anderer Verfasser. Ernst Christiansens (1877–1941) Du kan, du maa og skal! (1923) handelt von Kriegserlebnissen im Ersten Weltkrieg, und Gretes Kamp (1927), in dem es um die Bedingungen und Umstände des Kampfes um die Grenze geht, stellt einen Schlüsselroman um Grete, die Schwester des Redakteurs und Verfassers Jacob Kronika, dar. Der Titel von Jacob Kronikas (1885–1953) Roman Berlins Undergang – Dagbog fra Det Tredje Riges fald (1945, als E-Book 2015) benennt sein Thema bereits. Die beiden Romane von Helmut Leckband (1916–2003) handeln von deutschen Soldaten in russischer Kriegsgefangenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, zu denen auch der südschleswigsche Verfasser selbst gehörte (Krigsfangelazarettet i Tamanskajagaden (1973) und Krigsfange (1977)).

      Hans Peter Jacobsen (1892–1973) schildert in Peter Nogensen (1948, 2017 erschienen als E-Book) eingehend die Erlebnisse der dänischen Minderheit unter den Bedingungen von Ästhetik und Gedankengängen des Nationalsozialismus.

      Sigfred Andresen (1925–1993) unterscheidet sich von den übrigen südschleswigschen AutorInnen darin, dass er im Sønderjysk/südjütischen Dialekt von Sydtønder/Südtondern (Südschleswig) über das Leben auf dem Land schreibt. Am bekanntesten sind seine Novellensammlungen Æ gahmands bænk (1976) und Jørn Bommands enghø (1986).

      Die bereits verstorbenen südschleswigschen LyrikerInnen teilen eine Reihe von Themen mit den RomanautorInnen, so zum Beispiel Aksel Lieb (1912–1984), dessen Digte 1985 erschienen ist und das Grenzgebiet und die Ostfront im Zweiten Weltkrieg, in dem der Verfasser selbst Soldat war, zum Thema hat. Gerhard Ernst (1931–2009) gab 1955, 1961, 1989 sowie 2009 Gedichtsammlungen (Livssplinter) heraus, in denen sich das tiefe Verständnis des Verfassers für die menschliche Vielfältigkeit spiegelt. Die Gedichtsammlung (Ucensurerede) Avisdigte (1988) von Hermann Liebers (1935–1989) enthält humoristische und nachdenkliche Gedichte und weist Ähnlichkeit mit dem Band von Rolf Lehfeldt (1928–2002) auf (Lyriske tegn, 1998), der Gedichte und Gelegenheitspoesie aus rund 40 Jahren umfasst.

      Die Literatur der dänisch-südschleswigschen VerfasserInnen wird rezipiert, nicht zuletzt auch aus literaturwissenschaftlicher Perspektive (vgl. z.B. Wischmann 2016), jedoch offenbar nicht in dem Umfang, in dem es sich die Minderheit wünscht. So wird im Vorwort der Sydslesvig Antologi (Andersen et al. 2015) festgestellt, dass sowohl das Wissen über als auch das Bewusstsein für die südschleswigsche Minderheit und ihre Literaturprodukte in Dänemark gering ist.

      4 Soziolinguistische Situation: Kontaktsprachen, Sprachform(en) des Deutschen und der Minderheitensprache, sprachliche Charakteristika, Code-Switching und Sprachmischung

      4.1 Kontaktsprachen

      In Schleswig-Holstein, wie in der übrigen Bundesrepublik Deutschland, ist Deutsch die einzige offizielle Sprache. Darüber hinaus ist Dänisch in den drei Varianten Standarddansk (Standarddänisch), Sydslesvigdansk (Südschleswigdänisch) und Sønderjysk (Südjütisch) sowie Nordfriesisch als Minderheitensprachen und Niederdeutsch als Regionalsprache in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats anerkannt.

      Das Dänisch, das von der Mehrheitsbevölkerung als Fremdsprache gelernt wird, weist keine Merkmale des Südschleswigdänischen auf.

      Sønderjysk ist eine Varietät, die früher sowohl unter der dänisch- als auch der deutsch-orientierten Bevölkerung Nord- und Südschleswigs die meistverbreitete Variante des Dänischen war. In den vergangenen gut 100 Jahren ist seine Verwendung sehr stark zurückgegangen, wie auch schon Untersuchungen aus Agtrup/Achtrup (Petersen 1973) und Rødenæs/Rodenäs (Spenter 1977, Larsen 1984, 1986) gezeigt haben. Heute wachsen nur wenige Kinder der dänischen Minderheit mit Sønderjysk als Muttersprache auf; häufig sind ihre Eltern aus Dänemark zugezogen.

      Nordfriesisch als Minderheitensprache ist auch innerhalb der dänischen Minderheit repräsentiert, da eine der dänischen Minderheitenschulen eine friesisch-dänische Schule ist. Der Friisk Foriining (‚Friesischer Verein‘)1 ist dem dänischen SSF angeschlossen.

      In Bezug auf Niederdeutsch ist die Situation ähnlich wie für Sønderjysk. Es handelt sich auch hier um eine Varietät, die im Rückgang begriffen ist, und nur noch von wenigen Kindern muttersprachlich erworben wird. Häufiger wird es in ländlichen Regionen verwendet. Als Regionalsprache wird Niederdeutsch vor allem von älteren Mitgliedern der dänischen Minderheit gesprochen. Es spielt außerdem im (lokalen) Theater eine Rolle, und gelegentlich enthält die Flensborg Avis einen niederdeutschen Beitrag.

      4.2 Die einzelnen Sprachformen des Dänischen

      4.2.1


Скачать книгу