Das große Buch der Bienen. Jutta Gay

Das große Buch der Bienen - Jutta Gay


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die solitär leben, gründen Wespen und Hornissen Staaten mit mehreren Tausend Bewohnern. Darüber hinaus zeichnet sich ihr Leben durch klare Arbeitsteilung und intensive Brutpflege aus.

      Im Frühjahr beginnt die junge Wespenkönigin mit dem Bau des Nestes und der Gründung des Staates, bei der sie ganz auf sich allein gestellt ist. Zunächst schabt sie Fasern von morschem, trockenem Holz ab, vermischt diese mit Speichel und verwendet dann das Material zum Bau von zehn bis 20 Brutwaben, in die sie jeweils ein Ei legt und die sie mit Spermien aus der Samentasche befruchtet. Sind die Larven geschlüpft, übernimmt die Königin auch die Fütterung mit toten Insekten. So wächst eine erste Generation an Arbeiterinnen heran, die fortan für die Erweiterung und Pflege des Nestes sowie die Versorgung der Larven verantwortlich ist. Die Königin verlegt ihr »Kerngeschäft« indes auf die Eiablage und Vergrößerung des Staates. So wächst im Laufe von Monaten ein Wespenstaat heran, der bis zu 10.000 Tiere, in warmen Regionen fremder Kontinente sogar 50.000 Insekten umfasst.

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      Im Frühjahr beginnt die junge Wespenkönigin mit dem Bau des Nestes. Ausgangsmaterial für die Wespennester ist morsches, trockenes Holz, das zu Kügelchen zerkaut wird. Die Nester sind stets nach unten hin geöffnet.

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      Wespen gehören zusammen mit Bienen und Hummeln zu der Ordnung der Hautflügler. Wie bei der Honigbiene zeichnet sich auch das Leben im Staat der Echten Wespe nach dem Schlüpfen der ersten Generation durch klare Arbeitsteilung und intensive Brutpflege aus.

      Während die Königin das Nest nun nicht mehr verlässt, schwärmen die Arbeiterinnen auf der Suche nach Nahrung aus. Und hier kommt es zu den ungeliebten Zusammenstößen zwischen Mensch und Wespe, wobei es lediglich zwei Arten sind, die uns das Essen streitig machen: die Deutsche Wespe (Paravespula germanica) und die Gemeine Wespe (Paravespula vulgaris). Beide Arten legen ihre Nester gerne in der Erde an, wo sie vorhandene Mäuse- oder andere Tierlöcher nutzen. Doch auch menschliche Behausungen dienen diesen Wespenarten als Nistplatz, hier vor allem dunkle Hohlräume, wie sie sich etwa auf Dachböden oder an Rollladenkästen befinden. Da die Deutsche Wespe ebenso wie die Gemeine Wespe Populationen mit vielen Tausend Tieren ausbilden kann, fallen sie uns Menschen aufgrund ihrer Stückzahl zuweilen unangenehmer auf als andere Insekten.

      Um ihre Brut zu versorgen, sind die Arbeiterinnen auf der Suche nach zwei Grundstoffen: Proteine zur Fütterung der Larven und zuckerhaltige Säfte als Energielieferant für den eigenen Körper. In der freien Natur findet sie beides in Gestalt von kleinen Insekten wie Mücken oder Wanzen bzw. Blütennektar oder dem Saft reifer Früchte. Mit unseren Ess- und Trinkgewohnheiten liefern wir Menschen den Wespen jedoch ebenso einen idealen Futterplatz: Fruchtsäfte und Limonaden auf der einen Seite, Aufschnitt und andere Fleischsorten auf der anderen Seite bieten den Insekten alles, was sie suchen. Wen mag es da verwundern, dass die Tiere mit Vorliebe unsere gedeckten Tische anfliegen? Das macht sich besonders im Spätsommer bemerkbar, wenn die Populationen von Gemeiner und Deutscher Wespe ihren Höchststand erreichen und mit dem Tod der Königin zugleich die allmähliche Auflösung des Staates beginnt: Da über die Königin keine weiteren Eier im Nest ausgelegt werden, fehlen den Arbeiterinnen auch die kohlehydratreichen Speicheltropfen, die sie von den Larven während der Brutpflege als Energielieferant erhalten. Nahrungsknappheit tritt auf, sodass die Arbeiterinnen verstärkt gezwungen sind, außerhalb des Nestes nach Energiequellen zu suchen. Zudem schwärmen geschlechtsreife Wespen aus, um einen Platz zum Überwintern zu finden. Nur ein Bruchteil von ihnen überlebt die kalten Monate und beginnt dann im Frühjahr mit dem Bau eines Nestes, das zum Grundstock für die nächste Wespenpopulation wird.

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      Die Wespenkönigin legt zunächst zehn bis 20 Brutwaben an, in die sie jeweils ein Ei legt und die sie mit Spermien aus der Samentasche befruchtet.

      Neben Deutscher Wespe und Gemeiner Wespe gibt es eine weitere Gattung Echter Wespen, die den meisten Menschen die größte Freude bereitet, wenn sie sich erst gar nicht zeigt. Hornissen lassen sich aufgrund ihrer Größe recht einfach von anderen Mitgliedern der Familie unterscheiden: Die Arbeiterinnen erreichen eine Körpergröße zwischen 18 und 25 Millimetern, die Königin wiederum sticht mit 35 Millimeter deutlich hervor. Da natürliche Baumhöhlen als ursprüngliche Nistplätze sehr selten geworden sind, lassen sich Hornissen mittlerweile oft in Holzschuppen nieder, in Nischen an Dachböden und Balkonen oder an Hausverkleidungen aus Holz, wo sie bis zu 700 Tiere umfassende Nester bilden. Selten stößt dieses Vordringen in den menschlichen Siedlungsbereich auf die Gegenliebe der Anwohner. Die Insekten gelten als gefährlich und aggressiv, das Sprichwort »Sieben Hornissenstiche töten ein Pferd, drei einen Erwachsenen und zwei ein Kind« hält sich hartnäckig in den Köpfen vieler Menschen. Aus Sorge vor Stichen wurden Hornissennester lange Zeit vorsorglich vernichtet, wodurch sich der Bestand in vielen Regionen dramatisch reduzierte. Seit 1987 steht die einheimische Vespa crabo unter Naturschutz. Wer sich den Tieren behutsam und mit der nötigen Ruhe nähert, wird feststellen, dass Hornissen friedfertige Tiere sind und sogar scheuer als Honigbienen. Ihr Gift ist zudem nicht toxischer als das von Wespen, das Sprichwort ein seit Langem widerlegter Irrglaube.

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      Wespen zeichnen sich durch ihre kontrastreiche schwarz-gelbe Färbung aus, die Warnzwecken dient.

       10 Tipps zum Umgang mit Wespen und Bienen

       Es ist ein Schauspiel, das sich Jahr für Jahr auf Balkonen und Terrassen, auf Wiesen und in Gärten wiederholt: Kaum ist der sonntägliche Kaffeetisch gedeckt oder der Grillteller angerichtet, nähert sich aus der Luft ungebetener Besuch. Und schon ist der Kampf zwischen Mensch und Insekt eröffnet. Was tun? Vertreiben, selbst auf die Gefahr hin, mit den Abwehrmechanismen der Tiere konfrontiert zu werden? Geduldig ertragen und mitansehen, wie sich die Wespen auf den frisch servierten Pflaumenkuchen stürzen oder mit Feuereifer über das Fleisch hermachen? Oder doch besser gleich den Rückzug in sichere Innenräume antreten?

      Die Beantwortung dieser Frage hat schon mehr als eine Kaffee- oder Grillgesellschaft entzweit. Doch wenn man die folgenden Verhaltensregeln beachtet, hat man gute Chancen, dass der Konfrontationskurs durchaus in gegenseitiger Duldung münden kann.

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      • Vermeiden Sie abrupte Bewegungen, denn Hektik und Stress setzen die Verteidigungsmechanismen der Tiere erst recht in Gang. Ruhe zu bewahren, ist der größte Schutz vor einem Stich, zumal der Angstschweiß des Menschen die Alarmbereitschaft und damit die Aggressivität der Tiere erhöht.

      • Decken Sie Gläser, die süße Getränke beinhalten, ab, und trinken Sie nicht direkt aus Flaschen oder Dosen. Benutzen Sie entweder einen Strohhalm oder füllen Sie das Getränk in ein Glas um.

      • Offen liegendes Fleisch oder Süßwaren sind eine wahre Einladung für Wespen. Decken Sie auch diese Lebensmittel ab und entsorgen Sie etwaige Reste möglichst schnell.

      • Pusten Sie Wespen nicht weg, denn das in unserem Atem enthaltene CO2 ist im Nest ein Alarmstoff und löst entsprechende Verhaltensmuster bei den Bienen aus.

      • Machen Sie sich nicht selbst zu einer Blumenwiese, indem Sie bunte Kleidung und süße Parfüms oder Hautcremes benutzen. Auch wenn die Wespen den Unterschied von Nahem erkennen: Angeflogen werden Sie trotzdem!

      • Fünf bis zehn Meter vom Essplatz entfernt können Ablenkungsfutterplätze eingerichtet werden. Als Lockmittel eignen sich reife Früchte mit einem hohen Fruchtzuckeranteil, insbesondere Weintrauben.

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      Da sich Wespen gerne


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