Falk 8: Pippo di Fiumes Schatz. Melanie Brosowski

Falk 8: Pippo di Fiumes Schatz - Melanie Brosowski


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Kumpan sprang auf. »Ich bin in einen Hinterhalt geraten!«, stieß er überrascht und vorwurfsvoll zugleich aus.

      Erst jetzt konnte Falk einen Blick auf ihn werfen. Er trug Handschuhe und eine Kapuze über dem Kopf. Offenbar war ihm sehr daran gelegen, dass niemand ihn wiedererkennen konnte.

      »N… Nein, Herr! Das ist … einer der beiden Fremden, die ich eingesperrt hatte«, erwiderte Pietro.

      Herr, dachte Falk. Die zwei schienen also nicht auf gleicher Augenhöhe zu sein.

      Doch erst einmal galt seine Sorge seinem Freund und Gefährten. »Bingo! Bingo! Bist du verletzt?«

      »Bei allen … das ist der andere«, murmelte Pietro.

      »Wenn du schon jemanden einsperrst … du Trottel!«

      Sie stellten sich Falk in den Weg. »Zieh blank, Pietro, wir erledigen den blonden Jüngling! Der Fettwanst hat sich beim Sturz das Genick gebrochen!«, sagte der Kapuzenträger.

      Bingo – tot? Das konnte nicht sein. Das wollte Falk einfach nicht glauben.

      Und dennoch – irgendwas schien sein Herz zu umklammern. Allein der Gedanke daran, seinen Freund so zu verlieren, war unerträglich.

      Wie es Bingo ging, konnte er nicht sehen, denn die zwei versperrten ihm die Sicht.

      *

      Der Sturz hatte sämtliche Luft aus Bingos Lungen getrieben. Für einen Moment war ihm schwarz vor den Augen geworden. Er hatte kurz das Bewusstsein verloren. Als er wieder zu sich kam, bestand sein Körper aus einem einzigen Schmerz. Aber er erinnerte sich sofort wieder daran, was passiert war. Er sah die beiden Männer, wie sie vor Falk standen; hörte, was sie sagten.

      Fettwanst? Hatte ihn da tatsächlich jemand Fettwanst genannt?

      Was für eine Unverschämtheit!

      Er rappelte sich auf und stürzte sich auf die beiden. »Jemand hat Fettwanst zu mir gesagt, und bei so was seh‘ ich rot!«, schrie er. Er rammte dem Kerl, der sie eingesperrt hatte, den Kopf in den Bauch.

      Der Bursche stöhnte und ließ seine Waffe, die er schon gezogen hatte, fallen.

      Falk war überrascht und erleichtert zugleich, Bingo wohlauf zu sehen. Dann musste er auch schon den Angriff des Kapuzenmannes abwehren. Ein heftiger Kampf entbrannte, in dessen Verlauf es Falk gelang, seinem Gegner die Waffe aus der Hand zu schlagen.

      Bingo währenddessen war mit Pietro beschäftigt. Er hatte den Burschen am Bein gepackt und schleuderte ihn durch die Luft.

      »Hilfe! Lasst mich los!«

      Bingo lachte. »Zu Befehl!« Als er ihn losließ, flog der Mann über die Mauer und landete unsanft auf der anderen Seite auf der Erde.

      Das wollte Falks Gegner ausnutzen und verschwinden. Aber Falk packte seinen Umhang. »Nicht so hastig, Freundchen!«

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      Doch diesmal hatte Falk Pech.

      Die Schnalle des Umhangs löste sich, sodass Falk mit diesem zu Boden fiel, während der Kerl fliehen konnte. »Meinen Mantel könnt Ihr behalten!«, lachte er abschätzig und rannte zu seinem Pferd. Mit einem gekonnten Sprung war der Maskierte im Sattel und galoppierte davon.

      »He!«, konnte Falk ihm nur noch hinterherrufen.

      Für einen Moment überlegte Falk, sich Donner zu schnappen und ihm zu folgen. Doch der Abstand vergrößerte sich von Sekunde zu Sekunde – nein, dafür war es bereits zu spät, der Vorsprung, den der andere hatte, war zu groß. Er war entkommen.

      »Schade«, meinte Falk zu Bingo, der inzwischen an seine Seite getreten war. »Ich hätte zu gern gewusst, was dieses geheimnisvolle Treffen zu bedeuten hat.«

      »Fragen wir doch seinen Kumpanen«, schlug der Gaukler vor.

      Falk nickte. »Gute Idee, mein Freund.«

      Sie wandten sich um, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Doch der Platz, wo Pietro eben noch gewesen war, war leer.

      »Oh!«, stieß Bingo hervor. »Er ist verschwunden!«

      Ja, das sah Falk auch.

      »Da!« Bingo streckte die Hand aus. »Das Scheunentor ist offen.«

      Vielleicht war es doch noch nicht zu spät. »Der Kerl holt sein Pferd. Schnell!«

      Doch auch diesmal war ihnen kein Glück beschieden. In einem halsbrecherischen Tempo jagte der Kerl an ihnen vorbei, hinaus in die Nacht.

      »Wieder zu spät!«, fluchte Falk.

      »Hm. Nun werden wir wohl nie erfahren, warum die beiden Männer sich hier heimlich getroffen haben.«

      Das fürchtete Falk auch. Aber es war nicht mehr zu ändern.

      Bingo seufzte theatralisch und setzte eine betroffene Miene auf. »Wenn dieser Balken nicht nachgegeben hätte …«

      »Tja, sie wollten gerade etwas sagen, als du in Erscheinung tratest.«

      »Es tut mir leid, Falk!« So, wie er dreinsah, tat es das wirklich. »Ich wollte bei dir bleiben …«

      »Schon gut. Es ist ja auch gar nicht so wichtig.« Schließlich war ihnen nichts passiert. »Geht es dir wirklich gut?«

      »Ja. Nur mein Stolz ist ein wenig verletzt.«

      »Das wird wieder. Lass uns in die Scheune zurückgehen und weiterschlafen. Die Sonne wird bald aufgehen, und dann wird auch hoffentlich der Regen nachgelassen haben.«

      »Ja. Du hast recht. Oh … da liegt etwas!« Er kniete sich hin und hob den Gegenstand auf. »Ein kleines Buch.«

      Auf dem Deckel befand sich eine Blume mit einer roten Blüte. Wunderhübsch und filigran gearbeitet. Das Werk eines Meisters.

      »Es muss dem Burschen aus der Tasche gefallen sein, dem ich das Fliegen beigebracht habe«, vermutete Bingo.

      »Ja. Lass uns schauen, was drinsteht. Vielleicht bringt das ein wenig Licht ins Dunkle.«

      In der Scheune setzten sie sich auf den Boden und lehnten sich an die Wand. Neugierig schlug Bingo das kleine Büchlein auf. Die Schrift war klein und im Schein der Lampe kaum zu entziffern.

      Vielleicht war es ein Notizbuch, das die Rezepte eines Alchemisten enthielt. Oder das Tagebuch eines Minnesängers, der seine amourösen Abenteuer mit den hohen Damen der Höfe aufgeschrieben hatte.

      »Und?« Auch Falk konnte kaum erwarten zu erfahren, wer da was geschrieben hatte.

      Bingo schien ein wenig enttäuscht zu sein. »Es stehen Gedichte in dem Büchlein, Falk.«

      Falk lachte. Das meinte er doch nicht etwa ernst, oder? »Sieh an. Ich hätte dem Kerl keine poetische Ader zugetraut.«

      »Ich auch nicht. Das Büchlein scheint ihm nicht zu gehören, oder er hat es geschenkt bekommen.«

      Falk krauste die Stirn. »Wie kommst du darauf?«

      »Auf dem Vorsatzpapier steht ein Name. Ein weiblicher Name. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner der beiden von heute eine Frau war.«

      »Hm.«

      »Lucia di Fiume. Hm … Fiume, Fiume … Der Name kommt mir bekannt vor«, sinnierte er. »Dir auch?«

      Falk dachte nach. Schüttelte dann den Kopf. »Nein.«

      »Ah, jetzt habe ich es. Pippo di Fiume ist ein berühmter Heerführer. Er hat sich große Verdienste an der Seite des Grafen Colleverde während des letzten Kreuzzuges erworben.«

      »Dann ist die Besitzerin des Büchleins seine Frau?« Es wäre eine logische Schlussfolgerung gewesen. Falk hatte sich wieder hingelegt. Er wollte noch ein paar Stunden schlafen, ehe sie wieder aufbrachen.

      Bingo


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