Missouri. Christine Wunnicke

Missouri - Christine Wunnicke


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und gefällig neu arrangiert.

       Purple and wet

       Her little heart

       And I squeezed it out like grapes

       And we were married

       Oh, married before God and men.

      Es war kein Wunder, dachte Douglas, dass man bei solcher Tätigkeit Magensaft schmeckte; doch er nahm es für den schönen Ruhm gerne in Kauf.

      «Ein Traum», sagte der Dichter Fortescue, wenn man ihn allzu sehr bedrängte bei den Soireen und in den Salons der Hauptstadt, «nichts als ein Traum vom süßen, süßen Leben.» Mehr sagte er nicht. Er sog die Wangen ein, justierte die Rauchglasbrille und ließ sich klaglos begaffen. Er verließ sich aufs Publikum. Das Publikum würde Thirst verstehen. Denn der Nutzen eines Gedichts, begriff Douglas Fortescue nicht ohne Erstaunen, misst sich einzig am Leser, den es beglückt.

      II

      Etwa fünfzehn Meilen von New Harmony den Wabash abwärts, an der Stelle, die sie das Knochenufer nannten, weil in alter Zeit dort ein Begräbnisplatz gewesen war, dessen Überreste, Tonscherben und gebleichtes Gebein, noch immer die staubige Böschung zierten; in jener Biegung des Wabash erschoss Joshua Jenkyns im August 1832 seinen ersten Mann.

      Sie waren schon oft hier vorbeigekommen. Joshua mochte die Knochen nicht. Wenn er die Augen zukniff, gab ihm Vater eine Kopfnuss. Er wusste, wann Joshua blinzelte, obwohl er hinter ihm saß; das war Joshua ein Rätsel. «Augen auf, Josh», befahl Vater, «sonst lass ich dich da.» Und weil Joshua nicht wollte, dass Vater ihn daließ, irgendwo in den Wäldern am Wabash, wo die Siedler wohl nur darauf warteten, den kleinen Sohn des schrecklichen Cyrus Jenkyns über dem Feuer zu rösten; weil er bei Vater bleiben wollte, wie es sich gehörte, öffnete Josh Jenkyns die Augen und sah hin, schweigend vor Vater im Sattel.

      Er sah viele Tote. Er sah weiße Knochen, verwesende Körper hier und da in der Landschaft, und er sah die frisch Gestorbenen, die mit erstauntem Gesicht in ihrem Blut lagen, während Vater nachlud. Es gehörte zusammen, die Geräusche des Nachladens und das Blut und die seltsamen Mienen der Toten; Joshua hatte das früh begriffen. Als Mutter noch lebte, hatte er sie gefragt, wie das sei mit dem Sterben, und Mutter hatte geantwortet, es sei einerlei. Die Toten gingen zu ihren Familien und blieben dort für immer, geordnet nach Geschlecht und Bedeutung und dem Datum ihres Todes. Mutter wollte das nicht weiter erklären. Und als sie dann starb, war sie fort, und vielleicht war sie in der Hölle, wie Vater behauptete, oder sie war bei ihrer Familie, wie sie selbst es behauptet hatte, bei den Rothäuten und den Geistern ihrer Ahnen.

      Da Cyrus Jenkyns fand, es sei an der Zeit für Josh, hatte er in New Harmony einen Mann gefangen. Er brachte ihn zum Knochenufer und band ihn an einen Baumstamm. Joshua war ungefähr sechs Jahre alt; genau mitgezählt hatte niemand. Cyrus Jenkyns hob ihn vom Pferd und gab ihm eine Pistole.

      Die Männer lachten. Ein Blick von Cyrus brachte sie zum Schweigen. Er hatte seine Leute gut erzogen, und sie saßen ab und bildeten einen Halbkreis um das schwarzhaarige Kind mit den schräg stehenden Augen, dem die Pistole noch viel zu groß war.

      «Ich empfehle Gott deine Seele», sagte Cyrus Jenkyns, «schieß den Mann da tot, und wenn du es mit einer Kugel schaffst, gehört die Waffe dir.»

      Joshua betrachtete den Mann am Baum. Er betrachtete ehrfürchtig Vaters schöne Pistole. «Binden Sie ihn los, Vater, ich versuch’s», sagte Josh.

      Cyrus lachte. «Das ehrt dich, aber wenn ich ihn losbinde, rennt er, und dann schießt du ihn in den Rücken und das ist auch nicht besser.»

      Joshua hielt die Pistole fest in beiden Händen. Er hatte fleißig Schießen geübt an den verwilderten Schweinen der Siedler, und die Schweine rannten wie der Teufel, und der Mann am Baum saß ganz still, und es war eigentlich viel zu einfach.

      Der Gefesselte blickte Joshua fragend an. Er stammte aus Boston. Er hatte etwas vermessen sollen in dieser Gegend. Nun wartete er darauf, dass ein Kind ihn erschoss. Der Mann aus Boston konnte das nicht verstehen.

      Joshua wünschte sich, der Gefangene würde die Augen schließen, aber er schloss die Augen nicht. Joshua blinzelte. Er wusste plötzlich nicht mehr, wie das ging mit dem Schießen. Die Pistole war schwer. Joshua zog die Nase hoch. «Mach zu, Josh», sagte Vater. Joshua sah dem Gefesselten noch einmal in die Augen und dann schluckte er und dann drückte er ab.

      Er schaffte es nicht mit einer Kugel. Er schoss schlecht. Drei Männer liehen Josh ihre Waffen, damit er nicht nachladen musste, und Josh brauchte vier Kugeln, bis sich der Mann am Baum nicht mehr bewegte.

      Die Männer applaudierten dennoch. Cyrus ließ sie gewähren. Er hieß seinen Sohn in die Rocktaschen des Toten schauen, ob etwas darin wäre, was man brauchen könnte. Joshua gehorchte. Er bekam blutige Finger. Er fand nur ein Schnupftuch und ein kleines Ding aus Leder und Papier. Das trug er zum Vater.

      «Oh, ein Buch», sagte Cyrus verächtlich, «du hast einen mit Buch erwischt.»

      Joshua untersuchte das Ding, das Vater Buch nannte, under stellte fest, dass man es aufklappen konnte und dass Blut an dem Ding war und der Lederrücken angerissen. Wahrscheinlich hatte eine Kugel das so genannte Buch gestreift.

      «Behalt’s», sagte Cyrus, «vielleicht bringt es dir Glück.» Und Cyrus Jenkyns scheuchte seine Leute auf die Pferde und hob Joshua auf das seine, und dann saß er selbst auf und ritt voran. Der Mann aus Boston blieb an dem Baum sitzen und es dauerte nicht lange, bis sein Skelett das Ufer des Wabash zierte, sauber und weiß wie die Knochen aus alter Zeit.

      Joshua Jenkyns behielt das Buch. Vielleicht brauchte er ja Glück in diesem Leben. Es dauerte Monate, bis er sich traute den Professor um Hilfe zu bitten. Der Professor hieß Professor, weil er lesen konnte, und Joshua durfte mit dem Professor nicht sprechen. Der Professor war eine Art Wundarzt. Cyrus behielt ihn, weil man oft einen Wundarzt brauchte in diesem Geschäft, doch im Übrigen zog er vor ihn zu übersehen.

      Auf allen vieren kroch Josh eines Nachts zum Professor, hielt ihm das Buch hin und fragte: «Bitte, was ist das?»

      «Ein Buch», flüsterte der Professor. Er wollte sich nicht von Cyrus erwischen lassen, wie er mit dem Kleinen sprach. Cyrus schlief zwar, aber Cyrus schlief nie tief.

      «Was für eines?», hauchte Joshua.

      Der Professor schlug das Buch auf. Er hielt es zum Feuer und drehte es, bis er die Titelseite entziffern konnte. «Lord Byron, Collected Works, Volume Two.»

      «Danke», flüsterte Joshua, «was ist das?»

      «Schmeiß es ins Feuer, Josh.»

      «Es bringt Glück!»

      Der Professor stöhnte.

      «Lesen Sie was», bat Joshua.

      Der Professor stellte sich vor, was wohl geschähe, wenn ihn Cyrus Jenkyns dabei ertappte, wie er seinem Sohn aus einem Buch vorlas. Der Professor legte keinen Wert darauf, das zu erleben.

      «Bitte», flüsterte Joshua.

      Der Professor schüttelte den Kopf.

      «Nur ganz kurz. Bitte!» Joshua wurde lauter. Der Professor hatte Angst, jemand könne aufwachen. Er schlug das Buch in der Mitte auf und las die ersten besten zwei Zeilen:

       «If solitude succeed to grief

       release from pain is slight relief –»

      Und Josh konnte tun, was er wollte, bei diesem Vers ließ es der Professor bewenden.

      Joshua merkte sich den seltsamen Satz. If solitude succeed to grief … Vieles war einfacher, seit Josh den Satz hatte. Er verstand ihn nicht, aber er war Geheimnis und Trost und Gesellschaft, und man konnte sich still unterhalten mit dem Satz, wenn sonst niemand mit einem reden mochte.

      Irgendwann verlor Joshua das Buch. Der Satz blieb ihm. Er sagte ihn lautlos her, wenn er vor Vater im Sattel saß, und er sagte


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