JobSearch. Werden Sie Ihr eigener Headhunter. Hans Rainer Vogel
Ein Grund, den verdeckten Stellenmarkt für die Neubesetzung einer Position zu nutzen, könnte ein zwischenmenschlicher sein. Wenn Sie Abteilungsleiter sind und Ihnen die Nase eines Ihrer Mitarbeiter oder seine politische Meinung nicht passt, dann können Sie ihm deswegen nicht den Stuhl vor die Tür setzen. Im Führungskräftebereich geschieht so etwas jedoch sehr häufig. Von Führungskräften trennt man sich, weil die »chemistry« nicht stimmt, auch wenn die Arbeitsleistung nichts oder nur wenig zu wünschen übrig lässt. Nach außen wird das dann mit unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Strategie begründet.
Defizite des bisherigen Stelleninhabers
Wenn es im Management »nicht zusammen geht«, ist eine einvernehmliche Trennung in den meisten Fällen tatsächlich das kleinere Übel. Die ausscheidende Führungskraft erwartet nun, dass die Trennung äußerst diskret und neutral gehandhabt wird, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Würde in einem solchen Fall eine Anzeige geschaltet, um den Nachfolger zu suchen, würde man den Schaden vermutlich maximieren. Anzeigentexte beschreiben oft ja gar nicht, welche Eigenschaften und Fähigkeiten der zukünftige Stelleninhaber haben sollte. Sie beschreiben im Grunde eigentlich die Defizite des bisherigen Stelleninhabers.
Imageschaden vermeiden
Auch das Unternehmen selbst sollte durch einen solchen Trennungsprozess nicht beschädigt werden. Das ungeplante Ausscheiden einer Führungskraft kommt weder bei Kunden noch bei Lieferanten oder den eigenen Mitarbeitern besonders gut an. Aus diesem Grund ist eine diskrete Nachfolgersuche meist die weitaus bessere Lösung. Diskret heißt in solchen Fällen, dass die Stelle mit Hilfe eines Headhunters besetzt wird.
Es gibt viele Gründe, die für die diskrete Suche nach einem neuen Stelleninhaber sprechen. Dazu zählen der Schutz des bisherigen und des potenziellen zukünftigen Stelleninhabers und die Vermeidung eines Imageverlusts für das suchende Unternehmen.
Executive Search als Lösung
Der Begriff »Executive Search« beziehungsweise »Headhunting«, wie der Volksmund sagt, bezeichnet die Suche nach Führungskräften mithilfe einer persönlichen Direktansprache. Dieses Verfahren kam in Deutschland erst mit dem Wirtschaftswunder in den Fünfzigerjahren auf, als die qualifizierten Bewerber knapp wurden. Bevor diese Suchmethode in Deutschland etabliert war, konnte man den Stand der Konjunktur an der Größe der Stellenanzeigen ablesen. Gab es zu wenige Bewerbungen auf eine Ausschreibung, veröffentlichte man die Anzeige kurzerhand ein weiteres Mal – möglichst in einem größeren Format. Nutzte auch das nichts, war allerdings guter Rat teuer. In dieser Zeit brachten amerikanische Personalberatungsfirmen die Methoden des Executive Search nach Deutschland. Die ersten Headhunter arbeiteten allerdings so diskret, dass sie zunächst einmal kaum wahrgenommen wurden.
Phänomen Max Schubart
Nur einer machte wirklich Furore – Maximilian Schubart. Dieser Mann wurde dem deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenpublikum als der Prototyp des Headhunters verkauft. Das war auch ziemlich einfach, denn Maximilian Schubart ließ sich grundsätzlich nur mit Pistole in der Hand ablichten. Er wusste, was PR ist, lange bevor sich das Buchstabenkürzel in deutschen Unternehmen durchsetzte. Wer vor 20 oder 30 Jahren bei irgendeiner Gelegenheit von Headhunting sprach, traf in seinem Umfeld fast immer auf jemanden, der sich als »Wissender« zu erkennen gab, indem er beiläufig den Namen »Maximilan Schubart« erwähnte.
Kein Arbeitsvermittlungsmonopol mehr
Executive Search wurde in der Folgezeit als leistungsfähige Branche und nicht als Sammelbecken von Exoten wahrgenommen. Das hatten die »Headhunter« vermutlich in erster Linie Kienbaum und dem BDU zu verdanken, dem Bundesverband Deutscher Unternehmensberater. Es lag aber natürlich auch an dem Umstand, dass sich ihre Umsätze prächtig entwickelten. Der BDU sah es einige Zeit lang als wichtige Aufgaben an, die Headhunter regelmäßig bei der Bundesanstalt für Arbeit zu »verpetzen« – ihre Arbeit verstieß angeblich gegen das Vermittlungsmonopol und dagegen müsse man etwas unternehmen. Nur die Vorgehensweise von Kienbaum, also die Suche per Stellenanzeige, sollte als »reine Lehre« gelten und alles andere müsse als Teufelszeug auf den Index. Die Suche über Stellenanzeigen durch Personalberater stellte so gesehen eigentlich auch eine Verletzung des Monopols dar, aber diese hatte man sich durch eine Sondervereinbarung absegnen lassen. Spötter bezeichneten den BDU damals gerne als »Kienbaum-Unterstützungsverein«.
Durch die Europäisierung des Rechts hat sich aber inzwischen einiges geändert. Das Arbeitsvermittlungsmonopol ist gefallen und die Streitigkeiten und Anfeindungen sind Schnee von gestern. Selbst die VDESB (Vereinigung der Deutschen Executive-Search-Berater), mit der sich die Branche vor den Querschlägern von BDU und der Bundesanstalt für Arbeit zu schützen versuchte, ist mittlerweile im BDU aufgegangen. Jeder Manager weiß mittlerweile, was Executive Search ist und was ein Headhunter tut, und die meisten Führungskräfte wünschen sich nichts sehnlicher, als dass doch endlich mal einer bei ihnen anruft.
Die Geschichte des Headhuntings in Deutschland: Zunehmend wurde dieses Art der Personalsuche als eine leistungsfähige Branche wahrgenommen, in der es nur noch wenige »Exoten« gab.
Etwas Geheimnisvolles bleibt
Wie im Executive Search genau gearbeitet wird, wissen aber immer noch die wenigsten. Und solange Journalisten sich bei den falschen Leuten danach erkundigen, wird das wohl auch so bleiben. Das ist auch nicht weiter schlimm. Die Headhunter stört es nicht, wenn ihre Arbeit auch weiterhin mystifiziert wird, und für Kandidaten und Klientel der Headhunter sind diese bestehenden Wissenslücken auch nicht von Nachteil. Sie werden nun hier erfahren, was Sie sich von der Arbeitsweise der Headhunter abgucken können, um mit diesen Instrumenten den verdeckten Stellenmarkt zu knacken.
Diskretion zum Schutz des Bewerbers
Diskretion ist übrigens auch ein sehr wichtiges Mittel, um Personen für eine Position zu interessieren. Jede Bewerbung ist immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, eine Position in einem anderen Unternehmen anzunehmen und das Ihrem derzeitigen Arbeitgeber zu Ohren kommt, kann das für Sie unschöne Folgen haben. Man wird Sie zukünftig vielleicht für einen unsicheren Kandidaten halten und bei einer anstehenden Beförderung einfach übergehen.
Sie werden sich also nur dann überhaupt mit einer anderen Position befassen, wenn es kein unnötiges Risiko für Sie darstellt. Diskretion senkt Ihr Risiko. Manche Positionen sind auch einfach deshalb schwer zu besetzen, weil sie ungeschickt und unprofessionell »verkauft« werden. Stellt Ihnen ein Headhunter eine Position vor, die genau passen würde und für Sie auch sehr attraktiv ist, wird das sicherlich Ihr Interesse wecken. Sollte Ihnen aber zu Ohren kommen, dass dieselbe Position bereits einem oder mehreren Ihrer Mitarbeiter angeboten wurde, werden Sie sicherlich misstrauisch werden und den Kontakt abbrechen. Da hat sich vermutlich jemand nicht sorgfältig vorbereitet und die Ebenen des Unternehmens nicht richtig zugeordnet.
Geheimnisträger auswählen
Man kann es also drehen und wenden, wie man will: Für die meisten Jobwechsel ist Diskretion immer noch das wirksamste Geheimrezept. Je mehr Leute wissen, dass eine Führungsposition neu besetzt werden muss, desto weniger gut ist es für den Prozess der Besetzung und für die potenziellen Interessenten. Wenn eine Führungsposition neu besetzt werden muss, sollten möglichst wenige Menschen davon erfahren – und die wenigen sollten dann möglichst schon »die Richtigen« sein. Daher die »Geheimnistuerei« der Headhunter.
Eintritt in neue Märkte
Diskretion ist übrigens auch dann absolut notwendig, wenn man in neue Märkte oder Geschäftsfelder vordringen möchte und dafür geeignete Mitarbeiter sucht. Würden die Unternehmen zu diesem Zweck die Stellen öffentlich ausschreiben, gäben sie so unfreiwillig auch immer einen Teil ihrer Strategie preis.
Diskretion ist in den meisten Situationen, in denen ein Jobwechsel ansteht, eine Art Geheimrezept. Davon lebt die Branche der seriösen Headhunter.