Günter, der innere Schweinehund, wird Chef. Stefan Frädrich
Chefs haben Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz!
Okay, Chefsein ist also auch cool. Aber, lieber Günter, wichtig ist nicht, welche Privilegien ein Chef hat, sondern was er dafür tut und warum. Warum quatscht er mit Leuten? Und mit welchen Leuten? Was tut er, während er nicht gestört werden will? Wozu reist er so viel? Und woher weiß er überhaupt, wo es langgeht? »Keine Ahnung …«, haucht Günter. »Sag ich doch: Chefsein ist schwierig!« Oh, Schweinehund …
Dabei ist es gar nicht so kompliziert, du kannst locker bleiben. Denn unterm Strich geht es immer wieder um das Gleiche: darum, Projekte zu stemmen, dabei die Richtung zu kennen und vorzugeben, Ergebnisse zu erzielen und Menschen zu führen. Chefs müssen also wissen, was zu tun ist, wohin es dabei geht, wie man schafft, was man sich vorgenommen hat, und zwar nicht alleine, sondern zusammen im Team. »Und wie machen die Chefs das?«, will Günter wissen. »Haben die das von Geburt an drauf?« Aber nein. Sie haben dazu erst mal etwas lernen müssen. Im Idealfall Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz. »Das klingt aber geschwollen!« Zugegeben, Günter: Wirtschaftsfuzzis blasen sich gerne mit schlau klingenden Fremdwörtern auf. Dabei ist die Bedeutung aber ganz einfach: Chefs müssen sich in dem auskennen, wofür sie Chef sind, sie müssen schnallen, mit welchen Mitteln sie etwas bewirken und wie sie dabei mit anderen Menschen umgehen. Klarer jetzt?
6. Chefsein ist kein Hexenwerk, aber …
Chefsein ist zwar kein Hexenwerk, aber dennoch manchmal ein Balanceakt: Fehler können sehr weh tun.
»Kapiert!«, freut sich Günter. »Wer sich also zum Beispiel mit Fußball gut auskennt, weiß, wie man gut trainiert, und wer auch noch ein Händchen für die Spieler hat, der kann einen prima Trainer abgeben!« Genau, Schweinehund. Und wer Produkt, Firma und Markt kennt, wer weiß, wie er Einfluss nehmen kann und dabei gut mit dem Team und den Kunden umgeht, kann im Job ein prima Chef werden. Denn all das ist viel wichtiger als der coole Status mit Büro, Sekretärin und Dienstwagen.
»Hey, klingt machbar!«, bellt Günter. Genau: Muss kein Hexenwerk sein. »Ob wir es doch einmal mit der Chefposition versuchen sollen?« Moment, nicht ganz so schnell! Schauen wir doch erst, was sich dahinter noch alles verbirgt. Denn: Als Chef hat man Verantwortung. Und wer die falsch nutzt, landet schnell mal auf dem Boden der Tatsachen oder – schlimmer noch – in der Presse: »Extrablatt! Firma Günter ist pleite! 500 Leute ohne Job!« Tja, falsche Entscheidungen von Chefs tun weh – und zwar vielen Menschen. Der Fisch stinkt schließlich vom Kopf.
7. Die zwei großen Stellschrauben
Die zwei großen Chef-Stellschrauben: Wohin geht es? Und auf welchem Weg?
»Hilfe!«, quiekt Günter und hüpft schnell wieder hinter den Zaun seiner kleinen, bequemen Welt. »Nein, danke! Das mache ich lieber doch nicht. Viel zu riskant!« Na ja, dann wird eben bald der Müller Chef, die Meier oder der Schulze. Oder eben doch der Azubi. Denn irgendjemand muss schließlich Verantwortung übernehmen. Ganz ohne Chef geht es nicht. »Auweh!«
Keine Sorge, Günter! Fangen wir am besten ganz einfach an – bei den beiden größten Stellschrauben, die gute Chefs beherrschen müssen. Erstens: Wohin geht es? Und zweitens: Auf welchem Weg? Hier zeigen sich riesige Unterschiede zwischen verschiedenen Führungskräften. Die einen haben weder einen Plan dafür, was sie wollen, noch einen dafür, wohin sie wollen. Die anderen wissen zwar auch nicht genau, wohin es geht, aber dafür umso genauer, wie. Die Nächsten kennen zwar Richtung und Ziel, aber noch nicht den Weg. Und nur wenige kennen beides. Kurz: Es lohnt sich, hier näher hinzusehen. Betrachten wir also vier unterschiedliche Führungsstile, in denen Chefs ihren Job ausüben: Macht, Management, Leadership und Unternehmenskultur.
8. Modell »Macht«
Gesetz der Macht: Der Stärkere gewinnt. Ziel und Weg sind egal.
Der einfachste Führungsstil funktioniert nach dem Modell »Macht«. Der Chef befiehlt, die anderen folgen. Der Chef denkt, die anderen schalten ihr Gehirn aus. Trifft der Chef auf Widerstand, gibt es dafür auf die Mütze. Ganz einfach. Wie in einer Söldnertruppe: Die Hierarchie ist klar. »Kommt mir bekannt vor!«, seufzt Günter. »Das sind die Typen, die ganz alleine an der Spitze stehen und dann einen auf Alleinherrscher machen.« Genau. Autokraten nennt man solche Chefs. Sie haben das Sagen, sonst keiner. »Ganz doof sind auch diejenigen, die sich mit Ellenbogen an die Spitze kämpfen und dann von oben aus Angst und Schrecken verbreiten!« Richtig, die sogenannten Despoten oder Tyrannen. Sie haben viel Spaß am Herrschen – und tun das oft recht grob.
Der Vorteil des Modells »Macht« ist, dass ganz klar ist, wer das Sagen hat. Und dass Entscheidungen schnell umgesetzt werden können – schließlich machen alle, was der Chef sagt. Die Nachteile allerdings wiegen meist schwerer: Die Mitarbeiter sind vorwiegend aus Angst motiviert, und keiner traut sich, mitzudenken oder seine Meinung zu sagen. So verschwendet man die Intelligenz des Teams. Und: Wer vor allem auf die Hierarchie und seinen Machterhalt guckt, verliert dabei schnell Sinn, Ziel und Weg seiner Aufgabe aus den Augen. Das Wichtigste wird die Macht an sich – und nicht mehr der Erfolg als Chef. Und so herrscht unter reinen Macht-Chefs schnell mal Entwicklungsstillstand im Betrieb. Die Politik lässt grüßen …
9. Modell »Management«
Ist der Weg – ohne Sinn und Ziel – genau vorgegeben, wird es schnell bürokratisch.
Ein wenig zivilisierter ist das Modell »Management«. Hier geht es nicht so sehr darum, wer das Sagen hat, als darum, wie etwas gemacht wird. Der Weg ist allen nämlich klar: in Form von Dienstanweisungen, Ablaufplänen, Projektschulungen, standardisierten EDV-Programmen und Arbeitsprozessen, gültigen Mess- und Kontrollsystemen, kostenorientierten Preisberechnungen und etlichen anderen Instrumenten, die den Weg vorgeben. So weiß jeder ganz genau, was er zu tun hat.
»Klingt aber ziemlich bürokratisch«, stellt Günter fest. Ja, oft ist es das auch. Zwar hilft es Chefs und Mitarbeitern, wenn sie sich an den vorgegebenen Regeln orientieren können. Leider aber geraten dabei auch leicht Sinn und Ziel der einzelnen Aufgaben aus den Augen. Die Folge sind dann oft behördenartige »Unternehmenstanker«, in denen zwar jeder genau zu wissen meint, was er zu tun hat, die aber nur träge auf Veränderungen reagieren und somit trotz aller Perfektion hin und wieder in die falsche Richtung dampfen oder einen fetten Eisberg übersehen. Oder besser gesagt: nicht trotz, sondern wegen der Perfektion! Denn könnten Chefs hier einfacher Entscheidungen treffen und diese auch durchsetzen, ließe sich mancher Umweg oder Kollisionskurs vermeiden. Stattdessen aber sind Chefs oft in einem Regelgestrüpp gefangen. Sie haben gegen die Trägheit des Systems keine Chance.
10. Modell »Leadership«
Sind Sinn und Ziel klar, wird der Weg egal, weil jeder auf seine Weise ankommen will.
»Und was ist Leadership?«, will Günter wissen. Sozusagen der Gegenentwurf zum reinen Management: Denn hierbei richtet man die Arbeit vor allem danach aus, wohin es gehen soll – also an Sinn, Richtung und Ziel. Der Weg ist dabei eher unwichtig, selbst wenn jeder seinen eigenen Kurs nimmt. Hauptsache eben, man kommt an. Chefs, die das Modell »Leadership« anwenden, führen ihr Team vor allem durch das Vermitteln von Visionen und konkreten Zielen. Sie fungieren dabei als Vorbilder. Weil sie von ihrem Tun so überzeugt sind, haben sie meist ein ausgeprägtes Charisma – und vermitteln dadurch besonders gut, was sie wollen.
Leadership klappt besonders gut in kleinen Teams, überschaubaren Unternehmen oder Start-ups. Das Beste daran: Die Motivation unter den Mitarbeitern ist meist sehr