Business Hero. Angelika Höcker
wenn man ständig von ihm wegläuft? Wie soll man sich entfalten, wenn man rund um die Uhr um die besten Plätze auf der Karriereleiter kämpft? Sie können sich die Antwort leicht selbst geben. Wir müssen also einen Weg finden, um »Stopp!« sagen zu können – um schließlich unsere eigene Erfolgsstory erzählen zu können.
Was nicht erzählenswert ist, ist überflüssig
Paul Rebillot und Melissa Kay sprechen gelegentlich von einem »Nullpunkt«, wenn sie den Aufbruch des Helden beschreiben. Der Held hält inne, er sucht einen abgeschiedenen Ort der Ruhe auf, um aus dem reißenden Strom der Zeit auszusteigen. Indem er auf die innere Reise geht, blendet er das Alltagsleben mit seinen kleinen und großen Problemen aus und schafft die Möglichkeit, sich neu zu erfinden. Der Business Hero hält den Zeiger an, wohl wissend, dass die Uhr weitertickt. Er ist jemand, der sich eine Atempause verschafft, um mehr Luft zu bekommen. Er löst sich aus Zusammenhängen und bleibt doch im Kontext. Er verlässt seine normale Existenz, um stärker und erfolgreicher zurückzukehren. Er lernt auf seiner Reise jenseits des Alltags, seine eigene Vision vom Erfolg formulieren zu können.
Für wen kommt die Heldenreise infrage?
Sie fragen sich, ob Sie sich auf die Heldenreise einlassen sollten? »Ist das überhaupt das Richtige für mich?«, überlegen Sie. Sie müssen die Entscheidung selbst treffen. Um sie Ihnen zu erleichtern, führe ich ein paar typische Fälle auf, die ich in meiner Praxis – so oder so ähnlich – kennengelernt habe:
• Ein Selbstständiger, der allein arbeitet oder schon ein paar Mitarbeiter hat, zweifelt, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Jeden Tag, wenn er aus seinem kleinen Büro in einem ehemaligen Ladenlokal kommt, ist die Sonne längst untergegangen. Er fühlt sich ausgebrannt und leer. Das Unbehagen nagt an ihm, aber er weiß es nicht einzuordnen.
• Ein gut bezahlter Angestellter in einem geordneten Beschäftigungsverhältnis, bei dem alles gut läuft, fragt sich, ob es das gewesen ist. Ob das das ganze Leben ist. »Was mache ich hier eigentlich?«, diese Frage bricht manchmal durch, ohne wirklich beantwortet zu werden. Das, was bisher ein auskömmliches Zuhause gewesen ist – der Job –, erscheint immer mehr als Gefängnis. Aber was könnte eine echte Alternative sein?
• Eine Abteilung in einer Firma oder einem Unternehmen. Alle Kommunikationskanäle sind freigeschaltet, die Rahmenbedingungen könnten kaum besser sein. Aber trotzdem funktioniert es irgendwie nicht. Von Teamplay kann keine Rede sein, von gelungener Kommunikation untereinander sowieso nicht. Große Visionen und hochgesteckte Ziele? Fehlanzeige! Stattdessen kleinkarierte Vorgaben wie 2,75 % mehr Umsatz – und selbst das droht schiefzugehen. Woran es hakt, kann niemand so recht sagen. Zur Motivationslosigkeit gesellt sich die Erfolgslosigkeit, der Druck wächst. Vielleicht ist schon etwas unternommen worden, aber vergebens. Die Stimmung ist am Boden, die Situation verfahren. Mit herkömmlichen Mitteln aus der Hausapotheke ist dem Problem nicht beizukommen.
• Ein Manager hat viel erreicht und will noch mehr erreichen. Aber während er am Anfang der Karriere die Stufen mit Leichtigkeit und unwiderstehlichem Schwung genommen hat, sind aus den Sieben-Meilen-Stiefeln inzwischen klobige Hemmschuhe geworden. Im Sternzeichen der Hausse geboren, droht die Karriere in der Baisse zu versinken. Oder ist der berufliche Erfolg, dem er hinterherhechelt, gar nicht mehr das, was er wirklich will? Ein ganz anderer Lebensentwurf muss her. Möglicherweise würde ihn das stille Leben als Schafhirte viel mehr erfüllen als die atemlose Hatz nach der Rendite.
• Ein Unternehmen möchte sich neu aufstellen. Das Management hat erkannt, dass die Geschäfte, die jetzt noch gut laufen, mittel- und langfristig keinen Erfolg mehr versprechen. Märkte in Bewegung erfordern Unternehmen, die sich immer wieder neu erfinden. Aber wohin die Reise gehen soll, ist nicht so leicht zu sagen. Nichts ist schließlich ungewisser als die Zukunft. Hilfe von außen oder besser: Hilfe zur Selbsthilfe ist nötig, um neue Impulse setzen zu können.
Wenn Wandel zur Routine wird
All diese Situationen – und die Liste ist sicher nicht komplett – haben eins gemeinsam. Die Zeichen stehen auf Veränderung, aber Lösungen sind nicht in Sicht. Benötigt wird ein professionelles Change-Management. »Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?«, ist man versucht zu fragen, obwohl genau das Gegenteil der Fall zu sein scheint: Change-Programme haben seit Langem Konjunktur, ihre Zahl ist nachgerade inflationär. Wie Martin Claßen und Felicitas von Kyaw in Warum der Wandel meist misslingt kompetent gezeigt haben, hat sich längst und auf breiter Basis ein erheblicher Überdruss an Change-Prozessen eingestellt. Und zwar auf allen Ebenen, bis hin zu den Führungsspitzen. Zu viele haben zu oft die leidige Erfahrung gemacht, dass Veränderung eine hohle Worthülse sein kann – und dass Change-Prozesse selbst zur ewigen Routine werden.
Veränderung heißt, sich auf etwas einzulassen
In diesen Fällen ist offensichtlich der Sinn für und der Sinn von Veränderung verloren gegangen. Manchmal wird von der »Implementierung« von Change-Prozessen gesprochen – aber Veränderung kann kein umsetzender, abwickelnder Akt der Bürokratie sein. Veränderung heißt, sich auf etwas einzulassen, das man nicht ganz und gar beherrscht und nicht ganz beherrschen kann. Wenn man die Veränderung wirklich will, wird man sich auf etwas einlassen müssen, das man nicht gänzlich steuern kann. Wenn man, ob als Einzelner oder als Unternehmen, Prozesse, Systeme, Strategien, Strukturen oder Verhaltensweisen aufbrechen möchte, dann sollte man den Konsequenzen ins Auge sehen. Vielleicht verändert sich im dynamischen Prozess das Ziel selbst. Vielleicht brechen unangenehme Wahrheiten durch die Oberfläche. Vielleicht erfasst die Veränderung nicht nur jenen kleinen Bezirk, der neu aufgestellt werden sollte, sondern das große Ganze. Echte Veränderung ist nur bedingt planbar – mitunter aber unbedingt notwendig.
Change findet wirklich statt
Findet die echte Veränderung aber wirklich statt, kann der Benefit des Unternehmens gigantisch sein. Ist die Quote der Helden in einem Unternehmen gering, dann wird sich hier und da etwas tun, steigt sie aber und erreicht schließlich eine »kritische Masse«, dann werden Kettenreaktionen ausgelöst, die sich am Anfang niemand vorstellen konnte. Dann könnte es passieren, dass etwas »durch die Decke geht«, wie man so schön sagt, nämlich die Kreativität, die Motivation, der Erfolg. Einzelkämpfer haben es schwer, bilden die vielen Helden aber eine Allianz der Veränderung – und das heißt: Verbesserung –, dann bleibt Change keine Worthülse, sondern stellt sich schneller ein, als man das »von oben« durch Steuerungsmechanismen jemals bewirken könnte.
Veränderung ist die Realisierung der Zukunft – jetzt
Zu den interessantesten und eindrucksvollsten neueren Versuchen, die Problematik des Wandels zu denken, gehört zweifelsohne C. Otto Scharmers Theorie U. Am Anfang seiner Überlegungen steht ein einfacher Gedanke: Wandel kann nichts Äußerliches sein, er geht, wenn er wirklich ist, von einer »inneren Quelle« aus. Und zweitens: Wandel ist nicht die Fortsetzung der Vergangenheit mit anderen Mitteln, sondern die Realisierung der Zukunft im Jetzt. Die Veränderung kann also schaffen, wer in sich zukünftige Möglichkeiten aktualisiert. Scharmer nennt das »Presencing« – von presence, Gegenwart/Anwesenheit, und sensing, fühlen/erspüren – und meint damit, dass Veränderung geschehen kann, wenn man sie von der Zukunft her denkt. Der Weg nach innen, ins Ich, und nach vorne, in die Zukunft, ist der Königsweg, das Andere, das Neue, die Veränderung zu realisieren. Scharmer gibt uns sehr genau an, wie das aussehen könnte. Die Schritte, die äußere Wirklichkeit über den scheinbaren Umweg des Inneren, des Ich, zu verändern, sind: »innehalten, umwenden, loslassen, kommen lassen, in-die-Welt-bringen, verkörpern«. Sie werden diesen programmatischen Etappen so oder so ähnlich auch auf der Heldenreise begegnen. Auch bei ihr geht es wesentlich darum, dass Veränderung etwas ist, was zuerst und vor allem mit einer Reise nach innen zu tun hat – mit der Entdeckung verborgener Möglichkeiten.
Innovation ist Pflicht
Ökonomie ist heute, mehr noch vielleicht als früher, die