Die Bambusstrategie. Katharina Maehrlein
auch künftige Krisen mit Bravour meistern. Gratulation! Für Sie kann das Buch dazu beitragen, noch etwas dazuzulernen – gute Bamboo-Strategen mögen das. Bei Ihnen geht es nur noch darum, den „schwarzen Gürtel“ in Sachen Lebensbewältigung zu erwerben. Und darum, sich zu überlegen, wie Sie sich für Ihre Mitarbeiter verfügbar machen, die noch im Versuch feststecken, mit Schwierigkeiten umzugehen. Menschen lernen von anderen Menschen – am besten von Vorbildern. Sie können ein gutes Vorbild für Ihre Mitarbeiter sein und sie dabei unterstützen, ihren Bamboo genauso stark zu machen wie Ihren eigenen!
■ 330 bis 439 Punkte:
Sie haben schon sehr gute Fähigkeiten als Bamboo-Stratege und sind gut gerüstet! Pflegen Sie Ihren Bamboo! Achten Sie auf die Bereiche mit der niedrigsten Punktzahl und arbeiten Sie in diesen Feldern gezielt an sich. Ein Coach, der auf das Thema Resilienz spezialisiert ist, kann Sie dabei unterstützen.
■ 220 bis 329 Punkte:
Sie tun sich in einigen Bereichen noch schwer. Suchen Sie sich zunächst den Bereich mit der niedrigsten Punktzahl aus und lesen Sie das entsprechende Kapitel, um Ihren Bamboo zu stärken. Ihr Ergebnis zeigt, dass Sie von der Beschäftigung mit diesem Buch eine Menge lernen und noch besser darin werden können, Belastungen gut zu verarbeiten. Suchen Sie sich ein geeignetes Vorbild mit einem hellwachen, starken Bamboo, lassen Sie sich unterstützen, coachen und ermutigen. Vielleicht ermöglicht Ihnen sogar Ihr/e Arbeitgeber/-in ein Resilienz-Coaching. Fragen Sie danach!
■ 110 bis 219 Punkte:
Ihr Ergebnis zeigt, dass das (Arbeits)Leben für Sie vermutlich schwierig ist, und das wissen Sie auch. Es ist für Sie nicht leicht, mit Druck umzugehen. Sie fühlen sich wahrscheinlich leicht verletzt, wenn Sie kritisiert werden. Manchmal erleben Sie sich vermutlich hilflos und ohne Hoffnung. Wenn diese Aussagen auf Sie zutreffen, fragen Sie sich: „Möchte ich lernen, mit Schwierigkeiten besser umzugehen?“ Ist Ihre Antwort „Ja“, dann ist es ein guter Start. Wenn Sie Lust darauf haben, Ihren Bamboo zu stärken, ist das schon ein gutes Zeichen. Das Buch wird Sie ein gutes Stück weiterbringen. Bitte holen Sie sich zusätzlich Unterstützung bei einem Coach, Therapeuten oder Arzt! Sie sollten das Thema dringend angehen!
Überprüfen Sie Ihre Selbsteinschätzung
Bitten Sie Menschen, die Sie gut kennen, diesen Fragebogen für Sie auszufüllen und Ihnen Feedback zu geben. Besprechen Sie Unterschiede in der Einschätzung und hören Sie aufmerksam, was Ihnen diese Menschen sagen. Fällt deren Einschätzung höher aus als Ihre eigene, mag das ein Hinweis darauf sein, dass Sie „gut erzogen“ sind. Das macht Ihren Bamboo schwächer, als er sein könnte.
Bonusfragen
Überprüfen Sie Ihre Selbsteinschätzung, indem Sie die nachfolgenden „Bonusfragen“ beantworten:
a. Hat Sie Ihr Sinn für Humor schon mal in Schwierigkeiten gebracht?
b. Haben Sie schon mal Fragen gestellt, die Sie in Schwierigkeiten gebracht haben?
c. Wurde Ihnen schon mal von jemandem vorgeworfen, dass Sie die schlechte Angewohnheit hätten, mögliche Probleme vorauszudenken?
d. Haben Sie schon mal Konfliktpartner/-innen irritiert, indem Sie gezeigt haben, dass Sie deren gegensätzliche Sichtweise verstehen können?
e. Haben Sie schon einmal auf vordergründigen Erfolg verzichtet, um Ihren Werten treu bleiben zu können, und festgestellt, dass Sie danach zufriedener waren als zuvor?
Geben Sie sich für jedes „Ja“ auf die obigen Fragen jeweils 20 Zusatzpunkte und schauen Sie, ob sich Ihr Ergebnis dadurch ändert. Zu allen Bereichen der elf Bamboo-Bestandteile finden Sie in den folgenden Kapiteln Erläuterungen, Ideen, Übungen und Aufmunterungen. Bamboo freut sich schon darauf, Ihnen zur Hand zu gehen!
Sind Optimisten automatisch resilient?
Einzelne Aspekte von Resilienz herauszugreifen, macht nicht resilient. Jemand, der zum Beispiel ausschließlich optimistisch ist, ist nicht automatisch besonders widerstandsfähig. „Wird schon werden“ ist keine Lebensstrategie. Ein resilienter Mensch sieht auch das Risiko: „Ich könnte meinen Job verlieren.“ Oder: „Es kann sein, dass mich meine Führungsaufgabe überfordert.“ Die besten Bamboo-Strategen sind nicht die Daueroptimisten, sondern diejenigen, die zwar grundsätzlich voller Hoffnung sind, sich aber trotzdem bewusst machen, dass etwas nicht klappen könnte, und auf diese Eventualität vorbereitet sind. Mit dieser Haltung wächst Ihr Bamboo. Und je kräftiger er ist, desto mehr kann er Ihnen den Rücken stärken.
Allen Stürmen standhalten
„Wenn wir eine Situation nicht ändern können,
müssen wir uns selbst ändern.“
VIKTOR FRANKL,
PROFESSOR FÜR LOGOTHERAPIE
Gibt es ein Patentrezept dafür, wie man mit den Unsicherheiten und Unwägbarkeiten im Job und im Leben so zurechtkommt, dass man den Kopf oben behält? Nein, ein Patentrezept, das bei jedem in jeder Situation hilft, gibt es nicht. Aber es gibt Strategien, unseren Bamboo zu stärken. Strategien, die uns dabei helfen, wie der Bambus selbst heftigen Stürmen standzuhalten, ohne zu brechen. Das sind Fähigkeiten, Überzeugungen und Einstellungen, die besonders hilfreich dafür sind, auch große Krisen zu bewältigen.
Diese Fähigkeiten lassen sich stärken, und die Überzeugungen und Einstellungen können wir uns aneignen und einüben. Wir sind, wie auch neue Erkenntnisse aus der Psychologie und den Neurowissenschaften gezeigt haben, keineswegs festgelegt, ein Leben lang in der gleichen Art und Weise zu denken, zu fühlen und zu handeln. Ganz im Gegenteil: Wir sind in der Lage, uns auf geradezu unglaubliche Art an alle erdenklichen Situationen anzupassen.
Souveräner Umgang mit der Krise
Vielleicht haben Sie sich gründlich organisiert, Prioritäten gesetzt, delegiert und sind immer noch im Stress. Sie haben Fortbildungen zum Thema Selbst- und Zeitmanagement besucht, aber es hilft alles nichts – manchmal wächst Ihnen alles über den Kopf. Sie wissen einfach nicht mehr, wie Sie die ständigen Veränderungen, das hohe Arbeitsaufkommen und die unterschiedlichen Anforderungen aus Positionen über, unter und neben Ihnen bewältigen sollen. Und es fällt Ihnen schwer, all die Ansprüche mit Ihren eigenen Bedürfnissen unter einen Hut zu bringen. Vielleicht haben Sie manchmal das Gefühl, gescheitert oder ein Versager zu sein. Egal, wie gut Sie alles planen oder wie hart Sie arbeiten, es ist anscheinend nie genug. Damit sind Sie nicht allein. Viele Menschen in Ihrer Lage fühlen sich häufig überrollt, ausgelaugt und stehen dauernd unter Stress, weil sie versuchen, mehr zu tun, als sie können. Wenn Sie das Gefühl haben, viel zu viel zu tun und viel zu wenig Zeit dafür zu haben, dann könnte es gut sein, dass Sie damit recht haben: Oft gibt es wirklich zu viel zu tun. Und nicht immer ist alles zu schaffen.
Leiden gehört dazu
Zu allen Zeiten versuchte die Philosophie zum souveränen Umgang mit Leid und Krisen zu erziehen. Die antike Schule der Stoa beispielsweise war eine einzige Suche nach Resilienzfaktoren. Den großen Gelassenheits-Lehrern von Epiktet über Seneca bis Marc Aurel ging es immer um den rechten Umgang mit dem Leiden und die Suche nach dem Seelenfrieden.
Allerdings meint Resilienz nicht, dass alles Unangenehme künftig wie an einer Regenhaut an Ihnen abperlt! Das sollten Sie sich auch gar nicht wünschen: Neuropsychologen stellten vor einigen Jahren im Rahmen einer breit angelegten klinischen Untersuchung sogar fest, dass „die gänzliche Abwesenheit von Leiden bei einem Menschen als Indikator für einen pathologischen Zustand“ zu werten sei. Anders gesagt: Wer gar nie leidet, der hat sie nicht alle.
Wahre Lebenskunst kann eben nicht darin liegen, das Leid zu verleugnen, die Unzufriedenheit zu unterdrücken. Leiden gehört einfach dazu. Wie resilient ein Mensch ist, bemisst sich allerdings auch daran, ob der Mensch an der Leiderfahrung wächst, und