Andalusien Reiseführer Michael Müller Verlag. Thomas Schröder
Nordosten der Region ist die Provinz Jaén so ein bisschen das Stiefkind der Comunidad Andalucía, zumindest, was die Zahl ihrer Besucher angeht.
♦ Fläche 13.498 Quadratkilometer, Bevölkerung 640.000 Einwohner, das entspricht der sehr geringen Bevölkerungsdichte von 47 Einwohnern pro Quadratkilometer. Schöne Orte: Baeza, Úbeda, Cazorla. Reizvolle Landschaften: Der Naturpark Parque Natural Sierras de Cazorla, Segura y las Villas. Internet-Info: www.jaenparaisointerior.es
Der Name Jaén bedeutet etymologisch soviel wie „Karawanenweg“, und wirklich war die Provinz immer schon vor allem eine Durchgangsstation. Hier liegt mit dem Pass Despeñaperros die wichtigste Pforte von Kastilien nach Andalusien. Schon die christlichen Heere, die sich zu Beginn des 13. Jh. an die Rückeroberung Andalusiens von den Mauren machten, nahmen zwangsläufig diesen Weg.
Von Durchreisenden abgesehen, verirren sich nicht allzu viele Besucher in diese Nordostecke Andalusiens, die keine Küste und nur in wenigen Orten echte Sehenswürdigkeiten besitzt. Selbst die erstaunlichen Renaissance-Städtchen Baeza und Úbeda empfangen nur verhältnismäßig wenige Touristen, von der insgesamt nicht unbedingt besonders glanzvollen Hauptstadt Jaén ganz zu schweigen. Dabei verfügt die Provinz über einen Schatz, der bisher fast nur von inländischen Gästen gewürdigt wird: Der Naturpark Sierras de Cazorla, Segura y Las Villas am Oberlauf des jungen Guadalquivir ist eine traumhafte Gebirgslandschaft mit herrlichen Wandermöglichkeiten, außerhalb der spanischen Urlaubssaison weitgehend menschenleer.
Der allgegenwärtige Reichtum der Provinz Jaén sind ihre Olivenhaine. Spanien steht in der Herstellung von Olivenöl weltweit auf dem ersten Rang, liefert mehr als die Hälfte der Welternte. Innerhalb Spaniens ist Andalusien der bei weitem wichtigste Hersteller und hier wiederum die Provinz Jaén, aus der (je nach Erntejahr) rund ein Drittel bis die Hälfte der spanischen Produktion stammt. Über 60 Millionen Ölbäume liefern pro Jahr durchschnittlich 600.000 Tonnen Öl, mehr als ganz Italien. Hügelauf, hügelab wellen sich die säuberlich in Reihen gepflanzten Ölbäume. Weithin glänzen die silbrigen Blätter über roter oder ockergelber Erde, bilden aus der Entfernung geometrische Muster. Der Dichter Antonio Machado nannte Jaén deshalb „das gekämmte Land“. Ein schöner, wenn auch mit der Zeit etwas ermüdender Anblick. Und ein Zeichen gefährlicher Abhängigkeit: Mit den Oliven blüht und welkt die Wirtschaft Jaéns, eine einzige Fehlernte brächte die Provinz in bittere Schwierigkeiten.
Was anschauen?
Jaén: Die mit kaum mehr als 100.000 Einwohnern relativ kleine Provinzhauptstadt mag nicht zu den städtebaulichen Schönheiten Andalusiens zählen, einige hochrangige Sehenswürdigkeiten gibt es aber doch. An erster Stelle steht die monumentale Renaissance-Kathedrale des Architekten Andrés de Vandelvira, die künftig sogar in die Liste des Welterbes aufgenommen werden könnte. Den Besuch lohnen auch das Castillo de Santa Catalina und der Palacio de Villardombardo mit seinen maurischen Bädern. Sofern erst einmal komplett bestückt, wird sicher auch das neue Museo Íbero zu den Höhepunkten der Hauptstadt zählen.
Baeza: Ganz im Zeichen der Renaissance glänzt dieses verschlafen wirkende Landstädtchen von knapp 16.000 Einwohnern, in dem mehr als 50 Paläste des 16. Jh. stehen, ein frühes Beispiel der Verbreitung dieses aus Italien kommenden Stils in Spanien. Seit 2003 ist Baeza als Weltkulturerbe der UNESCO ausgewiesen.
Úbeda: Auch Úbeda, größer und etwas lebendiger als Baeza, investierte nach der Reconquista seinen durch Handel erwirtschafteten Reichtum in prachtvolle Gebäude, die Zahl der Renaissancebauten ist hier sogar noch größer als im Nachbarstädtchen. Der Einfluss der hiesigen Architektur reichte bis nach Südamerika. Úbeda wird ebenfalls seit 2003 in der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes geführt.
Und sonst?
Parque Natural Sierras de Cazorla, Segura y las Vilas: In der nordöstlichen Ecke der Provinz, bereits an der Grenze zu Kastilien-La Mancha, erstreckt sich dieser größte Naturpark Spaniens. Er besteht aus mehreren Gebirgszügen, die bis über 2000 Meter Höhe aufragen und ist Quellgebiet des Guadalquivir, des längsten Flusses von Andalusien. Die wasserreiche, von Schluchten und ausgedehnten Wäldern geprägte Berglandschaft ist ein Paradies für Naturfreunde und Wanderer, der Hauptort Cazorla zählt zu den schönsten Dörfern Andalusiens.
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