Versicherungsmanagement. Группа авторов

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– insbesondere der Rentenpapiere – jedoch nur zu deutlich schlechteren Konditionen erfolgen wie zuvor. Als Reaktion auf diese Entwicklung ziehen viele Lebensversicherer eine moderate Steigerung des Kapitalanlagerisikos in Erwägung.25 Bei Rentenpapieren wird mitunter eine Erhöhung des Kreditrisikos, des Illiquiditätsrisikos sowie der Laufzeit (und damit der Sensitivität der Preise gegenüber Zinsänderungen) in Kauf genommen. Ferner besteht bei vielen Lebensversicherungsunternehmen ein verstärkter Anreiz, »die Investitionstätigkeit auf nicht-traditionelle Anlagen auszuweiten«26. Solche nicht-traditionellen Anlageformen können bspw. Infrastrukturprojekte, Immobilien und Private Equity-Investments sein. Zudem kommt es aufgrund des Niedrigzinsumfeldes bei einem Großteil der Lebensversicherungsunternehmen zu Produktanpassungen, sodass bspw. vermehrt fondsgebundene Lebensversicherungen angeboten werden, die keinen Garantiezins bieten und das Kapitalanlagerisiko auf den Versicherungsnehmer übertragen (image Kap. 6.3.10).

      Leitzinsänderungen und Anleihekaufprogramme beeinflussen zudem die Geldmenge in einer Volkswirtschaft. Wenn eine wachsende Geldmenge auf ein konstantes oder gar sinkendes Angebot von Waren, Dienstleistungen und Investitionsobjekten trifft, werden deren Preise in einer Volkswirtschaft tendenziell steigen. In einem Umfeld mit niedrigen Nominalzinsen führt zunehmende Inflation somit zu Realwertverlusten des größten Teils des Kapitalstocks der Versicherungsunternehmen, der in Rentenpapieren angelegt ist. Zudem steigen die zu erwartenden nominalen Schadenaufwendungen, bspw. weil im Zuge der Inflation mit höheren Reparaturkosten zu rechnen ist. Im internationalen Kontext besteht zudem ein Zusammenhang zwischen den Zinsniveaus in einzelnen Währungsräumen und den zugehörigen Wechselkursen. Bei international tätigen Versicherungsunternehmen können auch aus den Änderungen der Wechselkurse Effekte auf deren Versicherungsgeschäft und Kapitalanlagen resultieren.

      (Informations-)technologische Faktoren

      Die im Hinblick auf die Versicherungswirtschaft relevanten, technischen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte waren insbesondere geprägt durch eine zunehmende Digitalisierung, d. h. die Überführung von Daten und Informationen in eine digitale Form sowie die daraus resultierenden Veränderungsprozesse. Weil Daten und Informationen für das Versicherungsgeschäft – wie zuvor beschrieben – von zentraler Bedeutung sind, haben digitale Technologien, welche die Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung derselbigen betreffen, weitreichende Auswirkungen auf die Versicherungsbranche. Veränderungen, die durch die Einführung dieser Technologien hervorgerufen werden, betreffen zunächst die zunehmende Datenverfügbarkeit: Mittels Sensoren, Computer-, Informations- und Netzwerktechnik in Geräten und Alltagsgegenständen (Internet der Dinge (IoT)) werden z. B. Gesundheitsdaten (Wearables) oder Daten aus Smart Home-Produkten gesammelt; auch die Überwachung des Fahrverhaltens im Rahmen sog. Telematik-Tarife der Kraftfahrzeugversicherung ist möglich. Das alleinige Sammeln dieser Daten bringt den Versicherern jedoch noch keine Vorteile. Erst in Kombination mit ausgefeilten Datenanalysetechniken werden eine Reduktion der Informationsasymmetrien zwischen VN und VU, neue Produkte, eine immer genauere Einschätzung des einzelnen versicherten Risikos und präventive Maßnahmen zur Schadenvermeidung möglich. Weil für die zuvor genannten Zwecke sehr große Datenmengen ausgewertet werden müssen, fasst man die in diesem Kontext eingesetzten Datenanalysetechniken auch unter dem Begriff »Big Data« zusammen. Der Umfang der hier analysierten Daten wächst sehr schnell und kann zudem in unterschiedlichen Formaten vorliegen, sodass eine Analyse mit traditionellen Methoden meist nicht möglich ist.

      Weitere Auswirkungen, die aus der Digitalisierung für Versicherungsunternehmen resultieren, betreffen die Markttransparenz, das Verbraucherverhalten und die Wettbewerbsdynamik. Letztere wird auch durch das Aufkommen neuer, technologiegetriebener Unternehmen, die in den Markt für Versicherungs- und Finanzprodukte drängen, intensiviert. Die zuvor genannten Unternehmen werden auch als FinTechs oder spezieller als InsurTechs bezeichnet, wenn der Bezug zur Versicherungsbranche betont werden soll.

      Definition 2.A:

      FinTechs/InsurTechs sind Unternehmen der Finanzbranche/Versicherungsbranche, die neue Technologien nutzen, um innovative Produkte zu entwickeln und anzubieten und/oder Unternehmensprozesse mithilfe dieser Technologien neu zu gestalten, sodass ein Wettbewerbsvorteil gegenüber etablierten und traditionell agierenden Konkurrenten erzielt werden kann.

      Mit den Errungenschaften im Bereich der digitalen Technologien gehen aus betriebswirtschaftlicher Sicht vor allem Kostensenkungs- und Rationalisierungspotenziale einher. Auch in der Finanz- und Versicherungswirtschaft lassen sich immer mehr Tätigkeiten automatisieren, sodass Geschäftsprozesse beschleunigt, Personalkosten gesenkt und gleichzeitig die Qualität der betrieblichen Leistung verbessert werden kann. Sind Prozesse vollständig automatisiert, so spricht man in Versicherungsunternehmen von sog. Dunkelverarbeitung, weil die Arbeitsschritte weitestgehend ohne menschliche Beobachtung und Einflussnahme ablaufen. Zur Dunkelverarbeitung eignen sich hauptsächlich standardisierte Vorgänge, bspw. bei der Erstellung von Bescheiden oder der Datenkontrolle, die durch gleichartige oder ähnliche Tätigkeiten geprägt sind, welche in hoher Zahl zu verrichten sind.


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