Stellaris Paket 4. Andreas Suchanek

Stellaris Paket 4 - Andreas Suchanek


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rudernd ins Nichts und ... erwachte. Ich fand mich im Sessel vor meiner Positronik wieder.

      Mein erster Blick galt dem Ts'tanar. Er lag da wie zuvor. Nichts hatte sich verändert.

      »Madam Kapitän«, krächzte ich, »Karilantoryn gibt es nicht mehr.«

      Ich berichtete, was ich erlebt hatte. Mittlerweile konnten wir normal auf die Daten zugreifen, die die Positronik für mich visualisiert hatte.

      »Karilantoryn war also ein Cyborg?«, fragte Gashi.

      »Nein«, erwiderte Pracco, »er war mehr als nur ein mit kybernetischen Elementen ausgestattetes Lebewesen. Die Integration von natürlichen und künstlichen Elementen ist perfekter als alles, was in der Milchstraße ohne Hilfe von Superintelligenzen je zuwege gebracht wurde. Aber ... er ist tot, Sourou.«

      Wir hatten es geahnt, und trotzdem schwiegen wir betreten.

      »Weil wir zu lange gebraucht haben«, sagte Gashi endlich.

      »Nein«, widersprach der Mediker. »Er hatte nie eine Chance. In seinem Anzug gibt es keinen normalen Atemkreislauf. Sein Sauerstoff wird in dezentral verteilten ›Lungen‹ direkt am Gehirn, den verbleibenden Organen und den Muskeln aus Kohlendioxid erzeugt. Das Chloraceton gelangte nicht in seine Nase und seinen Mund, wo es die Schleimhäute gereizt hätte, sondern direkt in den Blutkreislauf. Und dort wirkte es giftig.«

      »Ein Kinderstreich, der tödlich ausging«, sagte ich.

      »Freut mich zu hören, dass eure Kinder wenigstens Streiche spielen«, entgegnete Gashi.

      »Teuflische Streiche«, sagte ich. Wir lächelten matt.

      »Haben wir sonst noch etwas erfahren?«, fragte Gashi.

      »Allerdings«, sagte ich. »Ich habe Hyperfunk-Kontaktdaten für die Ts'tanur-Gemeinde im Sol-Sektor erhalten und Anweisungen, wie mit dem Anzug zu erfahren ist.«

      »Ich kümmere mich beim nächsten Orientierungsmanöver darum. Aber vorher nehme ich mir noch einmal Funartin zur Brust. Begleitest du mich?«

      »Nachdem mir der Durchbruch zur Anzugpositronik gelungen ist, würde ich gerne ein wenig stöbern, Madam Kapitän. Es passt einiges nicht zusammen.«

      »Dass Funartin so schnell zusammengebrochen ist? Dir erscheint genauso seltsam wie mir, dass jemand mit aktiviertem Extrasinn so labil ist?«

      Ich nickte. »Ich habe den Verdacht, dass Funartins Biografie weitgehend erfunden ist.«

      »Da habt ihr ja etwas gemeinsam.«

      Ich sah Gashi an. »Wie meinst du das?«

      »Dir ist nicht aufgefallen, dass Funartin seine Dagorhaltung nur nachahmte. Das bestätigt, was ich bereits vermutet hatte: Deine USO-Ausbildung ist genauso erfunden wie seine ARK SUMMIA.«

      »Ich bin bei der USO ausgebildet worden«, entgegnete ich. »Ich habe in meiner Bewerbung nicht gelogen.«

      »Aber hast du auch die Prüfung zum Spezialisten bestanden?«

      Plötzlich war ich der Verhörte. »Ich habe nie behauptet, USO-Spezialist zu sein. Auf der Akademie kam ich nur mit Positroniken gut zurecht.«

      Gashi nickte. »Vielleicht solltest du dich mehr auf positronische Ermittlungen verlegen, Cheborparinam. Wenn es um Personen geht, beobachtest du nicht gut. Du hüllst dich in Penibilität, um deine Unsicherheit zu kaschieren, so wie Maranol sich die Fassade eines glorreichen Forschers geschaffen hat, obwohl er in Wirklichkeit nur Informationen aus Positroniken stiehlt. Gleichzeitig übersiehst du Dinge, die jeder andere hinterfragen würde.«

      Ich biss die Zähne zusammen. »Dann werde ich mich jetzt positronischen Ermittlungen zuwenden. Mir ist während meines Mentalverbunds mit dem Bronzeanzug ein arkonidisches Element aufgefallen, das fehl am Platz wirkte. Dort möchte ich jetzt weiter nachhaken.«

      Zwei Stunden später stand ich mit Kapitän Gashi vor der Arrestzelle, einem Raum mit drei Wänden, den ein transparentes Prallfeld verschloss. Maranol da Funartins Betroffenheit war längst verflogen.

      »Der Vertreter der Ts'tanur im Sol-Sektor lässt den Anzug auf Ferrol abholen«, sagte Gashi. »Wahrscheinlich nimmt er dich gleich mit. Er hat einen Auslieferungsantrag gestellt.«

      »Karilantoryn hätte seinen Anzug öffnen sollen«, argumentierte der Arkonide. »Dann wären uns die ganzen Scherereien erspart geblieben.«

      »Damit hätte er nicht nur sich selbst, sondern sein ganzes Volk bloßgestellt«, sagte ich. »Ich habe festgestellt, dass er den Anzug bewusst nicht geöffnet hat. Das Geheimnis war ihm wichtiger als sein Leben.«

      Gashi und ich hielten uns an die Geschichte, die wir abgesprochen hatten. Weder Funartin noch die galaktische Öffentlichkeit sollten erfahren, dass die Ts'tanur integrierte Hybridwesen waren.

      »Ich hätte zu gern gewusst, wie er aussieht.« Funartin klang tief enttäuscht. »Diese wehleidigen Lügner haben es verdient, bloßgestellt zu werden! Die Ts'tanur sind Betrüger!«

      »Davon haben wir ja einige an Bord«, sagte ich. »Du zum Beispiel hast keine ARK SUMMIA und bist eher ein Cyberkrimineller als ein Forscher. Vermutlich ist die Manipulation von Positroniken dein wichtigstes Recherchewerkzeug.«

      »In unserem Bericht werden wir betonen, dass Karilantoryns Anzug aufgrund deiner Manipulationen versagt hat«, sagte Gashi.

      »Du hast einen Wurm in Karilantoryns Anzugpositronik eingeschleust«, fuhr ich fort, »der den Chemosensor außer Gefecht gesetzt hat. Der Sensor hätte nie zugelassen, dass das Chloraceton den Materialisator verlässt. Du hast diesen Schutz ausgehebelt. Das war kein Dummerjungenstreich, der aus dem Ruder lief, das war wenigstens fahrlässige Tötung.«

      »Ach, welche Hellsichtigkeit«, höhnte Funartin. »Seid ihr jetzt zufrieden?«

      »Noch nicht ganz«, sagte ich. »Unterhalten wir uns darüber, wie du unentdeckt in Karilantoryns Kabine eindringen konntest, obwohl STELLATRICE den Befehl hatte, dich zu beobachten.«

      Er grinste selbstgefällig. »Terranische LPVs genießen nicht gerade den besten Ruf.«

      »He!«, rief STELLATRICE. »Das habe ich gehört.«

      Funartin zuckte zusammen.

      »Ich sehe und höre dich wieder«, sagte STELLATRICE. »Mein neuer Freund hat mich geheilt.«

      »Geheilt?«, fragte Gashi. »Was soll das heißen?«

      »Ich fand STELLATRICE die ganze Zeit befremdlich und suchte den Fehler bei mir«, sagte ich. »In Wirklichkeit lag ich mit meiner Einschätzung richtig.«

      »Ich war mit einem Wurm infiziert, Madam Kapitän, der verhinderte, dass ich Maranol da Funartin wahrnehmen konnte«, sagte der Bordrechner. »Ich wusste zwar meist, wann ich auf ihn reagieren sollte, aber im Grunde war ich mir über seine Gegenwart nie im Klaren. Es ist schwer zu erklären. Ach ja, Funartin, bilde dir bloß nicht ein, du könntest mich noch dazu bringen, deine Zelle zu öffnen und dir Zugang zu der Space Jet zu gewähren, mit der du bei günstiger Gelegenheit fliehen wolltest.«

      Der Arkonide presste die Lippen zusammen.

      »Du hast mit dem Wurm zuerst versucht, den Anzug zu öffnen, und als das nicht funktionierte, wolltest du Karilantoryn mit dem Tränengas dazu zwingen. Nur war Chloraceton für ihn ein tödliches Gift.« Ich blickte Gashi an. »Nachdem diese Angelegenheit geklärt ist, werde ich auf Ferrol selbstverständlich abmustern.«

      »Das steht dir frei, aber was einmal passiert ist, könnte wieder geschehen. Deshalb würde ich dich gern in anderer Funktion auf der STELLARIS beschäftigen: als Sicherheitsspezialisten für die Positronik. Würde dich das interessieren?« In ihrem Gesicht lag die Andeutung eines Lächelns.

      »Probieren wir es aus«, sagte ich. »Wenigstens bis auf Ferrol. Mittlerweile mag ich eure Biopositronik ganz gern.«

      »Ach, bin ich plötzlich doch nicht nur ›der LPV‹?«, meldete sich die Positronik.


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