Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel
Das suchende Wesen begann, den Planeten Gurays langsam einzuhüllen. Es tastete sich an dessen Echo heran und fuhr dann plötzlich zurück. Der Erleuchtete stand vor einem Rätsel.
Er versuchte, den Unbekannten mit seinen Fühlern zu verstehen, aber er stieß nur auf Unsicherheit, die sich vor allem abkapselte, auf Enttäuschung, die neue Sehnsüchte weckte, und auf einen unbändigen Lebenswillen, der ihn entfernt an seinen eigenen erinnerte.
Ja, ganz plötzlich vermeinte, dass er sich selbst berührt hatte.
Spielten ihm die Fragmentbilder der verschütteten Vergangenheit wieder einen Streich?
Nein! Das war Realität!
Wer oder was war dann aber dieses Fremde? Ein neuer Vorkämpfer der Kosmokraten? Ein Reflex Animas? Anima selbst?
Er suchte und fand, dass alle diese Vermutungen nicht stimmen konnten. Aber er entdeckte bei dieser Suche Anima. Sie war friedlicher und ahnungsloser denn je. Sie stellte keine Gefahr dar.
Das fremdartige und bestens getarnte Etwas wandte sich nun schnell von Guray ab. Es schien dem Erleuchteten, dass dieses Wesen floh. Ja, es floh und suchte weiter.
Der Erleuchtete versuchte, seine Spur festzuhalten und ihr zu folgen, aber dieser Versuch misslang. Der Unbekannte war stärker und perfekter. Er entschwand ohne Echo.
Enttäuscht zog sich der Erleuchtete in sich selbst zurück. Er dachte nach, aber er fand keine Lösung für die beobachteten Ereignisse. Sein Zorn auf EVOLO gewann wieder neuen Nährboden.
Er gab EVOLO alle Schuld und wies diese gleichzeitig von sich weg.
Er fasste noch einmal nach dem Reflex Gurays, aber von Barquass war nichts mehr zu spüren. Guray und die, die bei ihm weilten, hatten sich von der Umwelt abgekapselt.
Wieder gab die Kontaktzelle heftige Signale. Und diesmal aktivierte der Erleuchtete den Kanal.
Zu seiner Überraschung handelte es sich um das Traykon-Zentralgehirn der Geheimwelt Verga-Pre, der Stätte der Roboterproduktion. Der Erleuchtete erkannte, dass diese Welt kein Geheimnis mehr war. Und er hörte von der Robotik, wer hier anwesend war, Atlan mit seiner STERNSCHNUPPE, ein Ligride mit einem mittleren Raumschiff und ...
Dem Erleuchteten wurde schlagartig bewusst, wie es zu diesem Verrat gekommen war, denn der Dritte im Bunde war sein Diener Dharys!
Er versuchte, diesen zu rufen, aber wieder musste er einsehen, dass er nicht mehr alle Dinge kontrollierte.
»Warnen und sofort vernichten!«, befahl er dem Zentralrobot von Verga-Pre.
Dann beobachtete er nur noch.
Das Geschehen entwickelte sich nicht in seinem Sinn, denn die STERNSCHNUPPE und die LJAKJAR widerstanden den Angriffen. Er wollte gerade den Befehl für den Einsatz der ultimaten Waffe geben, als er den Reflex verspürte, der in der Nähe von Verga-Pre aus dem Nichts entstand.
Er kannte dieses Echo. Es war das Wesen, das Barquass-Verga einen kurzen Besuch abgestattet hatte! Und diesmal zeigte sich der Fremde etwas deutlicher, was nicht nur an der geringeren Entfernung lag.
Der Erleuchtete geriet in Panik. Hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. Das Echo gehörte ihm, aber er war es nicht.
Oder? Er war es, aber er war anders. In ihm lebten neue Psi-Impulse, ein ganz beachtliches Potenzial, das er irgendwo auf seiner kurzen Reise gefunden und aufgenommen hatte.
Er war nun wirklich komplett.
Verga-Pre war verloren. Atlan und Dharys flohen. Der Erleuchtete kümmerte sich nicht darum. Zu tief saß ihm der Schock in seinen körperlosen Gliedern.
Die Macht, die er demonstrierte, bewies, dass es sehr schwer werden würde, ihn wieder unter seine Kontrolle zu bekommen. In der entscheidenden Phase seines Werdens hatte er sich das selbst besorgt, was der Erleuchtete in weiser Voraussicht zurückgehalten hatte.
Der Teil in ihm starb, der die Bindung halten sollte. Die Macht, die er nun ausstrahlte, war trotz seiner fehlenden Erfahrung so groß, dass auf dem Weg der gefühlsmäßigen Bindung nichts mehr zu erreichen war.
Der Erleuchtete musste einen anderen Weg gehen, um ihn wieder in seinen Bann zu schlagen.
Ihn!
EVOLO!
7.
EVOLO
Das Licht war da. Es war in mir, und ich war das Licht, das ewige Licht, innen und außen.
Was außen war, konnte ich wahrnehmen. Von einem Gedanken zum anderen wuchs in mir die Erkenntnis, wie ich zu handeln hatte, was ich konnte und was ich wollte.
Was innen war, konnte ich dennoch nicht erkennen. Ich wusste nur, dass da etwas war, vielleicht eine unstillbare Sehnsucht, vielleicht ein ewiger Traum, der Wirklichkeit werden würde, vielleicht Einsamkeit ...
Einsamkeit!
Das war der Schlüssel zum wahren Licht meines Inneren. Ich war einmalig. Selbst mit meinem Schöpfer hatte ich fast nichts gemeinsam. Ich war das Produkt einer Gegenevolution, die die Naturgesetze der biologischen Entwicklung auf den Kopf stellen sollte.
Die Einsamkeit war schlimm. Sie ließ mich ziellos treiben – irgendwohin. Mir missfiel diese Haltlosigkeit, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren. Es war etwas Fremdes in mir.
Plötzlich wusste ich, woher diese Einsamkeit kam. Es war eigentlich etwas anderes. Es war tiefes Heimweh. Das Problem bestand darin, dass ich nicht in der Lage war zu sagen, wonach ich Heimweh hatte. Ich war irritiert und sehnte mich nach Geborgenheit. Und spielen wollte ich. Endlich einmal spielen. Mit Blumen und Schmetterlingen, mit Bällen und Wolken, mit fremden Lichtern ...
Fremde Lichter? Da waren unzählige Lichter.
Ich konnte sie nicht ansteuern, denn ich gehorchte mir selbst nicht mehr. Etwas hatte mich aus dem Rhythmus meines jungen Daseins geworfen. Es brannte in mir, dieses fremde Heimweh.
Je länger ich die Lichter der anderen Lebenden betrachtete, desto interessanter wurden sie für mich. Ich wollte so sein wie sie.
Etwas Neues erwachte in mir, vielleicht ein noch schlafender Teil meines Bewusstseins. Das Neue sagte mir, dass ich nie so werden könnte wie die anderen Lebenslichter. Es ließ mich aber auch wissen, dass ich das andere Leben so machen konnte, wie ich es wollte.
Ich verstand diese Information nicht und vergaß sie vorerst wieder.
Ziellos ließ ich mich treiben, bis ich den Hauch der toten Lichter von Mannanna spürte. Er reizte mich zum Spiel, und ich spielte, bis der ganze Hauch verbraucht war. Die Erinnerung daran war schön. Sie hielt ich fest.
Immerhin verhalf mir der Hauch der Mannanna-Lichter zu erkennen, dass ein fremdes Heimweh in mir tobte. Es war das Heimweh der Daila-Mutanten, das ich aus den Glückssteinen aufgenommen hatte. Es war mir lästig, aber es ließ sich nicht entfernen. Es klebte in mir.
Ich trieb weiter. Meine Kraft war endlos, meine Geduld nicht.
Endlich fand ich neue Lichter, wirklich lebende Lichter.
Probier dich aus!, wisperte ich in mir selbst.
Ich dachte, wenn ich spiele, würde die Stimme schweigen. Und ich begann zu spielen. Das Spiel war einfach und schön. Es beruhigte mich, denn so lernte ich, mit mir umzugehen. Ich brauchte nur ein paar körperliche Gedanken abzusondern und in die Leiber der Bytha-Ligriden zu pflanzen, und schon besaß ich das schönste Spielzeug.
Ich formte lebende Schmetterlinge und lebende bunte Bälle. Dem Spielzeug gefiel das nicht, aber das war mir egal. Es war herrlich anzusehen, wie verwirrt sie nach der Verwandlung reagierten. Sie verloren sich nach und nach selbst. Sie wurden anders. Bei einigen gingen sogar die Lichter aus, aber das machte nichts, denn inzwischen sah ich, dass es noch viele andere Lichter gab. Ich konnte sie gar nicht zählen.
Auf Aytab, wo ich die toten Lichter der Mannannas erlebt hatte, gab es auch lebende Lichter. Das erkannte ich jetzt. Und in dem Augenblick,