Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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sperre mich ein, aber nimm mich mit fort von Cirgro. Mein ganzer Wunsch ist, meiner Heimat Aklard ein Stück näherzukommen.«

      »Du findest sicher ein Schiff.«

      »Wieso nicht dieses?« Tolden war nahe daran, sich die Haare zu raufen. »Wieso?«

      »Weil Chrrtl der beste Navigator und Techniker ist, den ich je hatte«, erklärte Musan'J'irkis.

      »Ich habe das Gefühl, wir reden aneinander vorbei. Und das von Anfang an.« Tolden stöhnte verhalten.

      »Du lässt mir keine andere Wahl. Dabei hätte ich dir gerne erspart, zu erfahren, was Chrrtl von dir hält. Wir Ngomis haben uns noch nie über die Andersartigkeit von Lebewesen mokiert, ob sie nun größer waren oder gar eine dunklere Hautfarbe besaßen. Aber Chrrtl ist anders. Sein Volk besitzt eine abgrundtiefe Abneigung gegen Bucklige. Soviel ich weiß, hat diese Antipathie ihren Ursprung bereits in grauer Vorzeit. Erklärungsversuche scheitern ...«

      »Dämon!«, zischte das Vogelwesen. Das war das erste Mal, dass der Translator übersetzte.

      Sekundenlang war Tolden wie vor den Kopf gestoßen, dann begann er lauthals zu lachen.

      »Wenigstens nimmst du die Angelegenheit nicht tragisch«, stellte Musan'J'irkis fest. »Das macht es mir leichter.«

      »Nicht tragisch ...«, prustete der Daila los. Tränen aus seinen Augenwinkeln vermischten sich mit dem Regenwasser. Umständlich löste er die Riemen des Rucksacks und hielt diesen vor sich.

      Chrrtl schrie gellend auf. Er machte eine Reihe von Verrenkungen, die wohl nichts anderes als eine Abwehr gegen den bösen Blick darstellen sollten. »Weg! Fort! Lass mich in Ruhe!«, kreischte er. »Das ist Blendwerk.«

      Noch immer lachend, schleuderte Tolden den Rucksack zur Schleuse hoch. Er hatte gut gezielt. Chrrtl verschwand von einem Moment zum anderen im Schiffsinnern.

      »Überzeuge wenigstens du dich«, forderte der Daila Musan'J'irkis auf. »Das ist keine Verunstaltung meines Körpers, deren ich mich nach Belieben entledigen kann, sondern lediglich ein Behältnis für die verschiedensten Utensilien.«

      Der Ngomi förderte Wäschestücke, Seife, Rasierzeug und einige Bücher zu Tage. Zögernd und schimpfend kam Chrrtl wieder näher. Vorsichtig, mit nur zwei Fingern, betastete er den Rucksack.

      »Ich denke, wir müssen uns bei dir entschuldigen«, sagte Musan'J'irkis endlich.

      »Wenn du etwas wiedergutmachen willst, dann lass mich endlich an Bord kommen«, seufzte Tolden.

      *

      In der Schleusenkammer und dem an diese anschließenden Korridor hinterließ der Daila deutliche Spuren. Wo er auftrat, sammelte sich das Wasser in kleinen Pfützen, die den ohnehin schon glatten Plastikbelag noch glitschiger werden ließen.

      »Du suchst also eine Heuer«, resümierte Musan'J'irkis, der die Führung übernommen hatte. Chrrtl trottete hinter ihnen her. Die dunklen Pigmentflecke seines Schädels waren unverwandt auf Toldens Rücken gerichtet.

      »Nichts lieber als das.« Der Daila nickte. »Aber ich denke, ich sollte mir erst einmal trockene Sachen anziehen.«

      »Natürlich.« Der Kommandant war stehen geblieben und wandte sich um. »Chrrtl wird dir eine Kabine zuweisen. Wir sehen uns anschließend in der Messe.«

      Lifte schien es an Bord der STERNENLEUCHTEN nicht zu geben. Jedenfalls führte Chrrtl den Daila über eine stählerne Wendeltreppe auf die Höhe des nächsten Decks. Das Summen der Umwälzanlage war allgegenwärtig, dennoch lag ein deutlicher Beigeschmack nach Schmierstoffen und Ozon in der Luft.

      Niemand begegnete ihnen. Daraus auf die Zahl der Besatzung schließen zu wollen, erschien Tolden jedoch verfrüht.

      Am Ende eines engen, schmucklosen Ganges, dessen Wände mit einer phosphoreszierenden Farbe gestrichen waren und dessen Belag sich stellenweise ablöste, öffnete Chrrtl ein unscheinbares Schott.

      Noch hatten sie nicht ein Wort miteinander gewechselt. Als das Vogelwesen davoneilen wollte, hielt Tolden es kurzerhand am Arm zurück.

      »Du hast mich also wirklich für einen Dämon gehalten?«, wollte er wissen. »Gibt es solche Geschöpfe überhaupt?«

      »Sie existieren«, erklang es aus dem Translator.

      »In deiner Phantasie vielleicht«, lachte der Daila. »Wie kann ein guter Techniker – wenn es stimmt, was Musan'J'irkis sagt – solchen Unsinn glauben?«

      »Kein Unsinn!« Chrrtl schüttelte den Kopf.

      »Natürlich«, machte Tolden spöttisch. »Wo Unerklärliches geschieht, sind Dämonen am Werk.« Er tastete nach seinem Glücksstein und rieb ihn sanft zwischen den Fingern. War im Grunde genommen nicht auch unerklärlich, wie ein solch kleiner Stein ihn von seinen Psi-Fähigkeiten befreien konnte? Seit er ihn trug, hatte Tolden weder Vorahnungen noch Wahrträume.

      Hinter ihm glitt das Schott zu. Er sah sich um. Der Raum maß höchstens sechs Quadratmeter. Ein fest verankerter Schrank, ein Tisch und eine Schlafstätte bildeten das einzige Inventar. Abgesehen von dem Staub, der als feiner grauer Schleier überall lastete. Die Kabine schien seit Monaten nicht mehr benutzt worden zu sein.

      Tolden war trotzdem zufrieden. Unter den gegebenen Umständen konnte er wohl kaum mehr verlangen.

      Hinter einer Trennwand lag die Nasszelle. Minutenlang gab er sich den pulsierenden, dampfenden Wasserstrahlen hin, die aus unzähligen feinen Düsen sprühten. Nur zögernd wich das klamme Gefühl, das von ihm Besitz ergriffen hatte; Tolden spürte die Erkältung, noch bevor sie zum Ausbruch kam. Er würde Antibiotika nehmen müssen.

      Der Daila fischte eine Pillenschachtel, die verschiedene Multipräparate enthielt, eine knielange, farbenprächtige Hose und einen kaum weniger schreienden Pullover aus dem Rucksack, der sich wirklich als wasserdicht erwiesen hatte. Viele Händler besaßen nämlich die Unverschämtheit, den Auswanderern die haarsträubendsten Zusagen zu machen und ihnen für den größten Plunder das letzte Geld aus der Tasche zu ziehen.

      Tolden fühlte sich wie neugeboren. In wenigen Stunden würde er Cirgro vom Weltraum aus sehen – als blaugrüne, wolkenverhangene Kugel, die rasch zur Bedeutungslosigkeit schrumpfte. Er schluckte krampfhaft, um das Völlegefühl zu vertreiben, das sich in ihm ausbreitete. Ein Raumflug war längst nichts Besonderes mehr – sagte er sich und suchte doch zugleich hartnäckig nach einer Erinnerung. Mehr als dreißig Jahre lag der Flug von Aklard nach Cirgro inzwischen zurück; dass unangenehme Empfindungen aus jener Zeit überwogen, war verständlich.

      Alles wird gut werden, sagte Tolden zu sich selbst und schickte sich an, die Kabine zu verlassen.

      Ein schrilles Krachen wie von einer fernen Explosion ließ ihn zusammenzucken. Flackernd erstarb die Beleuchtung, die Umwälzanlage gab ein letztes Wimmern von sich und schwieg dann.

      Völlige Finsternis herrschte.

      Vergeblich schlug Tolden mit der Faust auf den Öffnungsmechanismus des Schottes. Er war gefangen, während draußen auf dem Korridor aufgeregte Stimmen laut wurden. Niemand schien zu wissen, was geschehen war.

      Ein wenig vielversprechender Anfang. Sekundenlang spielte der Daila mit dem Gedanken, sich des Glückssteins zu entledigen. Wenigstens für kurze Zeit, bis ein Wahrtraum ihm verriet, was die Zukunft an weiteren Überraschungen bereithielt. Alle bisherigen Vorahnungen hatten sich erfüllt. In einer der letzten, bevor seine Psi-Fähigkeiten geschwunden waren, hatte er sich auf der Piste vor dem gelandeten Raumschiff gesehen.

      Flackernd glomm die Notbeleuchtung auf, düster genug, um kaum die Hand vor Augen erkennen zu lassen. Stärker werdende Vibrationen wie von anlaufenden Generatoren durcheilten die Schiffszelle. Augenblicke später war alles wieder wie zuvor.

      Das Schott glitt auf ... um sofort wieder zuzuschnappen, gerade als Tolden hindurchtreten wollte. Einen erstickten Aufschrei auf den Lippen, warf er sich instinktiv zurück.

      Das Schott hätte ihn zweifellos eingeklemmt. Von schleifenden Geräuschen begleitet,


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