Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel
selbst nicht finden konnte. Zum Teil war dies geglückt, aber viele entführte Völkergruppen hatten sich auch als nutzlos erwiesen, wie er am Beispiel der Celester hatte erfahren müssen.
Jede intelligente Lebensform, die auch nur über latente Psi-Fähigkeiten verfügt hatte, war von Interesse gewesen. Über das unsägliche Leid, das dieser Teilplan zum Bau EVOLOS über die Betroffenen brachte, hatte der Erleuchtete nie nachgedacht.
Nur die Verwirklichung des Planes hatte gezählt.
Und sie zählte allein auch heute! Die eigentliche Macht kam erst danach.
Irgendwann waren seine Aktivitäten von den Mächten jenseits der Materiequellen erkannt und sein Plan durchschaut worden. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte er sich im Nukleus von Alkordoom bereits so gut abgesichert und die Sonnensteppe aufgebaut gehabt, dass er unerreichbar geworden war.
Aber nicht unerreichbar für Anima!
Die Kosmokraten hatten begonnen, seinen Plan zu durchkreuzen, denn sie mussten befürchten, dass mit der EVOLO-Evolution das Universum ihrer Hilfskräfte ihnen nicht mehr zugänglich wurde. Mehr noch! In ihren Vorausberechnungen musste zu erkennen gewesen sein, dass die EVOLO-Produkte eines fernen Tages die Materiequellen durchdringen und in ihr unfassbares Reich gelangen würden.
Sie hatten den Ritter der Tiefe geschickt, Hartmann vom Silberstern, und seine Orbiterin – Anima. Der Ritter hatte dem damaligen Vergalo Schaden zufügen können, aber zu einem Sieg hatte es nicht gereicht. Er hatte so versagt wie alle anderen Helfer der Kosmokraten.
Als Juwel von Alkordoom hatte er langsam, aber stetig an der Vollendung EVOLOS arbeiten können, bis die Kosmokraten einen neuen Gegner bestimmt und nach Alkordoom entsandt hatten – den Arkoniden Atlan.
Dessen Verdienst bestand für den Erleuchteten eigentlich nur darin, dass es Atlan gelungen war, Anima wieder zu aktivieren. In ihrer neuen Gestalt hatte der Erleuchtete Anima lange Zeit nicht erkannt. Und als das dann doch geschehen war, hatte ihn der Schock zu einer überstürzten Flucht nach Manam-Turu veranlasst.
Voller Zorn dachte das mächtige Wesen daran, dass zu diesem Zeitpunkt EVOLO praktisch vollendet gewesen war. Sein Plan hatte einen Rückschlag erlitten. Er war verzögert worden.
Aber die wenigen Psi-Quellen von Manam-Turu, allen voran die der verbannten Daila, hatten ausgereicht, um das Werk zu vollenden.
EVOLO, sein Werk!
Mehr als alle Störungen bei der Verwirklichung des Planes und mehr als die gescheiterten Versuche, seine Feinde zu beseitigen, ärgerte sich der Erleuchtete darüber, dass EVOLO ihn nun im Stich gelassen hatte. Es schien so, dass sich das Geschöpf gegen den Schöpfer stellte.
Die Spuren waren eindeutig, die Spuren, die EVOLO in wenigen Tagen in Manam-Turu hinterlassen hatte.
Das bewies zwar, dass EVOLO funktionierte. Der Erleuchtete empfand bei dieser Überlegung Stolz. Im gleichen Moment rebellierte aber wieder alles in ihm, denn die Zufriedenheit wurde von dem peinlichen Schmerz hinweggefegt, der ihn erfüllte. EVOLO setzte sich selber ein. Er handelte aus sich allein heraus.
Und nicht nach dem Willen seines Erzeugers!
Er hatte auf Aytab einen Rest an Psi-Energie getankt. Er hatte an den Ligriden seine Kräfte getestet, ziellos zwar, aber das war eingeplant gewesen.
Er hatte es aber versäumt, sich nach diesen ersten Taten beim Erleuchteten zu melden und zu berichten!
Er dachte auch nicht daran, sich weitere Aufträge zu holen, die für seine Ausreifung zweifellos erforderlich waren!
Der Erleuchtete war wütend, aber er resignierte nicht. Er wusste, was er zu tun hatte. Es galt, die Hyptons und die Ligriden zu beschäftigen, so dass diese keine Gelegenheit bekamen, ihre erbärmliche Macht auszuspielen. Das war notwendig, um ein aktives Handeln Animas zu unterbinden. Und dann musste EVOLO gefunden und zur Vernunft gebracht werden.
Der Erleuchtete würde die Herrschaft über EVOLO zurückgewinnen. Daran zweifelte dieses uralte, mächtige Wesen nicht. Niemand würde ihn an der Verwirklichung dieses nun notwendig gewordenen Planes hindern. Nicht die Hyptons, nicht die Ligriden, nicht die Daila, nicht der geheimnisvolle Guray, nicht Atlan.
Vielleicht Anima? Der Erleuchtete hatte nur bei dieser leise Zweifel, aber die verflogen, als er seine getroffenen Maßnahmen noch einmal überdachte.
Nun galt es, die Schritte einzuleiten, die EVOLO wieder in seinen Bann zwingen würden. Niemand würde je Macht über EVOLO besitzen außer ihm.
Der Gedanke an Anima flackerte noch einmal auf. Nein, sagte sich der Erleuchtete, sie hat mich als Vergalo nicht schlagen können und nicht als Juwel von Alkordoom. Es würde ihr hier auch nicht gelingen.
Es gab keinen Feind, den er zu fürchten brauchte.
Er gab die Anweisungen an die Automaten von Vergatsynn.
In seiner grenzenlosen Arroganz übersah er nur eine Kleinigkeit. Der eigentliche Gegner saß in ihm selbst.
2.
Dharys
Abgesehen von den immer wiederkehrenden peinigenden Erinnerungen an Chipol, aus denen ich selbst nicht schlau wurde, ging es mir gut. Natürlich passte mir vieles nicht. Auch war ich noch weit vom Ziel meiner Wünsche entfernt, aber es ging voran.
Eine wichtige Mauer war eingestürzt, die Bindung an den Erleuchteten.
Ich war frei!
Dabei spielte es für mich eine untergeordnete Rolle, ob diese Tatsache mein Werk war. Wahrscheinlich war es so. Ich ging davon aus, dass der Erleuchtete mich hatte aufgeben müssen, weil mein Wille einfach zu stark gewesen war. Zweifellos hatte das Verschwinden EVOLOS dazu beigetragen, dass er mich nicht mehr kontrollierte. Er musste sich um andere Dinge kümmern.
Vielleicht hoffte dieses Wesen, das sich mir nie in seiner wirklichen Gestalt gezeigt hatte, dass ich so treu ergeben war, wie er mich umerzogen hatte. Vielleicht nahm der Erleuchtete gar an, dass ich auch ohne seine Gegenwart in seinem Sinn handeln würde. Aber da hatte er sich ganz gewaltig getäuscht.
Ich kannte nur meine Ziele.
Ich würde für Chipol eine Situation schaffen, die er annehmen würde. Er würde mit offenen Armen seinen Vater und seine Macht aufnehmen. Der Junge war noch zu grün, um das zu erkennen. Und dieser hergelaufene Atlan hatte ihn verdorben und auf Irrwege gebracht. Die Zeit und meine Aktivitäten würden das ändern.
Ich hing an Chipol. Ich brauchte ihn. Er hatte bis jetzt noch nicht verstanden, dass ich eigentlich alles nur für ihn tat. Aber er würde es bald verstehen. Die Sprossen der Erfolgsleiter standen weit auseinander, aber ich war ein Mann, der diese Abgründe überwinden konnte. Der Junge würde es erleben!
Ich hatte es nicht nötig, meine Liebe zu Chipol zu prüfen, denn eigentlich gehörte er mir. Atlan hatte mir seine Liebe gestohlen, und dafür würde er eines nahen Tages büßen. Das hatte ich mir geschworen.
Ich hasste diesen Weißhaar.
Ich hasste auch den Erleuchteten. Ich hatte ihm zwar viel zu verdanken, denn ohne ihn wären meine psionischen Kräfte noch so schwach wie eh und je. Er hatte sie auf unbegreifliche Weise potenziert. Er hatte neue Fähigkeiten in mir geweckt, die ich noch gar nicht voll zu nutzen verstand.
Die Stimme des Erleuchteten war verhallt. Der Wall und die Fessel, die ich früher nicht empfunden hatte, existierten nicht mehr. Erst mit dem Beginn der wirklichen Freiheit hatte ich erkannt, dass vieles von dem, was ich für meine Gedanken gehalten hatte, von ihm gekommen war. Er war mächtig, das hatte ich zu spüren bekommen. Aber er machte auch Fehler.
Sein größter Fehler war es gewesen, mich zu unterschätzen. Er hatte sich wohl nie vorstellen können, dass ich die Kraft besaß, mich innerlich von ihm zu distanzieren. Nun wusste er es, und er ließ mich in Ruhe.
EVOLO erschien ihm bedeutsamer. Für ihn war dieser das auch. Aber in seiner Resignation mir gegenüber sah ich eine Schwäche.
Selbst