Perry Rhodan 2753: Endstation Cestervelder. Michelle Stern
Mondes!
Es war dieses Detail, das Rhodans Intuition zur Gewissheit machte: Da draußen lag eine schwarze Hölle. Ein geschändeter Planet, des ursprünglichen Lebens beraubt und am Rand der Galaxis liegen gelassen wie eine Leiche in einem mit Laub bedeckten Graben.
»Cestervelder also.« Avestry-Pasik hielt sich den Arm. »Warum? Wegen der Fluchtburg?«
»Ja.« Selthantar rief eine Landkarte auf. »Sie liegt hier.« Er deutete auf einen Punkt, weit von der Stationsmarkierung entfernt.
Rhodan rechnete in Gedanken die Angaben um, die vor ihm standen. Gut zweitausend Kilometer. »Haben wir einen Gleiter?«
Avestry-Pasik fuhr zu ihm herum. »Wir haben gar nichts, Gefangener! Du spielst dich auf wie der Anführer einer Planetenmission! Wenn, dann ist es unser Gleiter, der von Selthantar und mir. Dich lassen wir vielleicht einfach da draußen zurück.«
»Du brauchst mich. Auch ohne Neacue.«
Zornig trat Avestry-Pasik vor ihn. Er packte Rhodan an den Schulterteilen der Kombination und hob ihn ein Stück an. Durch die höhere Schwerkraft, die er gewohnt war, war es ihm möglich, wenn ihm das Halten auch sichtlich schwerfiel. Lackschwarze Flecken bildeten sich auf seiner Stirn. An seinem Hals wölbten sich Muskelstränge.
»Du bist der Grund, warum das alles passiert ist! Hättest du uns gleich gesagt, dass das Vektorion nicht auf Vi verloren gegangen ist, hätten wir nie so lang gezögert! Deine Lügen sind schuld, dass die Onryonen uns gefunden haben!«
»Unsinn. Und sagtest du nicht, dass du das Vektorion spürst? Dass du der designierte Erste Hetran wärst?«
Sie starrten einander in die Augen. Rhodan wusste, dass Avestry-Pasik ihn tatsächlich für den Verantwortlichen hielt. Wie bequem das sein musste.
»Inspizieren wir die Station.« In Selthantars Worten lag eine milde Zurechtweisung Avestry-Pasiks. Wie schon zuvor reagierte der Anführer der Proto-Hetosten auf seinen Begleiter. Er setzte Rhodan ab und trat einen Schritt zurück.
»Irgendwann ...« Weiter kam Avestry-Pasik nicht.
Ein Schatten fiel von der Decke, landete neben ihm auf dem stahlgrauen Boden und griff an.
3.
An Bord der ZHOL-BANNAD
Karynars Hand zitterte. Wollte sie die Sektion wirklich in einen Glutball verwandeln?
»Karynar!« Fartir-Jenaks Griff um ihr Fußgelenk verstärkte sich. Er versuchte, sich an ihr nach oben zu ziehen. Sein ausgestreckter Arm näherte sich ihren Fingern und dem orange glühenden Punkt, den einer von ihnen nur berühren musste, um allem ein Ende zu machen.
»Tritt zurück!«, rief ein bewaffneter Onryone im Schutzanzug. Die Mündung des Strahlers wies auf Karynars Kopf.
Sie konnte die Explosion auslösen und sterben. Ob durch den Schuss des Onryonen oder die Explosion machte keinen Unterschied. Der Schmerz würde kurz sein. Es würde schnell gehen. Aber was wäre damit gewonnen?
Sie dachte an die Kugeln der Zerstörung – diese gewaltigen, runden Gebilde, die sie mit Kälte erfüllten, wenn sie an sie dachte – und an das, was sie antrieb, warum sie unter Proto-Hetosten lebte, obwohl sie keine von ihnen war. Niemals hatte sie ein Leben nehmen wollen. Sie wollte es auch in diesem Augenblick nicht.
Das Leben war das höchste Gut. Wenn sie das verriet, hätte sie sich den Proto-Hetosten von Anfang an offenbaren können. Dann verriet sie ihre Moral und alles, für das sie sich Zeit ihres Lebens eingesetzt hatte.
Langsam sank Karynars Arm ab. Sie fing den Blick Fartir-Jenaks auf – eine hasserfüllte Anklage.
Irgendwo im Schiff wummerte es dumpf. Entweder hatten andere Proto-Hetosten weniger Bedenken als sie, oder die Onryonen griffen ihrerseits mit Sprengsätzen und schweren Geschützen an.
»Da rüber!« Der Onryone wedelte in die Richtung des paralysierten Gerdul.
Karynar wollte sich von Fartir-Jenak entfernen, doch der hielt ihr Gelenk schmerzhaft fest.
»Warum?«
Sie wollte ihm sagen, dass es etwas zu tun gab. Dass sie eine Aufgabe hatte. Aber das würde er nicht verstehen. Wie auch. Für ihn war sie eine Proto-Hetostin.
Die Waffe des Onryonen zuckte zu Fartir-Jenak. »Lass sie los!«
Einen Moment glaubte Karynar, Fartir-Jenak würde es darauf anlegen, erschossen zu werden, doch er musste wissen, dass dieser Plan zum Scheitern verurteilt war. Der Onryone würde ihn lediglich paralysieren.
Als gingen Fartir-Jenak ähnliche Gedanken durch den Kopf, öffnete er die Finger. Seine Haut war schweißbedeckt, die Stirn von gräulichen Flecken überzogen. Er musste große Schmerzen haben. Mit einem letzten, anklagenden Blick zog er den Arm zurück.
Karynar ging mit gehobenen Händen zu Gerdul.
Weitere Onryonen in Raumanzügen schwärmten herein. Sie umringten sie, Gerdul und Fartir-Jenak. Schmale, kräftige Finger tasteten sie nach Waffen ab. Ein Onryone, der besonders groß war, etwa einen halben Kopf größer als die anderen, richtete ein Analysegerät auf sie.
Karynar hielt den Atem an. War es vorbei? Was genau konnte der Feind damit messen?
Der große Onryone senkte das Messgerät. »Schafft sie rüber zu den anderen.«
Die graue Wandung verschwamm leicht, als Karynar ausatmete. Offensichtlich hatten die Onryonen nur nach Waffen gesucht.
Ein Raumsoldat trieb sie voran. Auch Fartir-Jenak stießen die Onryonen vor sich her. Gerdul dagegen trugen zwei von ihnen, bis ein Roboter mit Traktorstrahl übernahm.
Aus dem Schiffsinneren kamen neue Schläge, weitere Erschütterungen. Die Luft hingegen wurde besser. Den Onryonen musste daran liegen, die Sauerstoffversorgung und andere Grundsysteme der Lebenserhaltung zu verteidigen. Die Proto-Hetosten wehrten sich mit Sicherheit immer erbitterter. Sie kämpften, weil sie miterlebt hatten, wie die anderen beiden Raumer zerstört worden waren. Sie hatten die flehenden Notrufe empfangen, die ängstlichen Stimmen gehört, die mit einem Schlag zusammen mit der Explosion für immer geschwiegen hatten. Viele hatten Familienangehörige verloren, denen sie lieber nachfolgten, als allein zurückzubleiben. Karynar vermutete, dass sie Fallen legten und Selbstmordattentate verübten, ähnlich wie Geldis-Tara.
Die Onryonen ermahnten zur Eile. Sie brachten sie in einen nahezu leeren Frachtraum. Zwei der Goldäugigen waren dabei, die letzten Metallcontainer in andere Räume zu bringen.
Auf dem kargen Boden hockten zwanzig Gefangene in Fesselfeldern zwischen Projektoren. Sie trugen schlichte graue Anzüge mit Helmen. Drei Onryonen in patronitroten Anzügen bewachten sie.
»Ausziehen!«, befahl eine Onryonin in fahlorangefarbenem Schutzanzug. Sie trug einen Helm, das Visier war geschlossen. Dahinter erkannte Karynar das rötliche Emot im lackschwarzen Gesicht über den Goldaugen. Dieses Emot war anders. Es sah steif aus und veränderte sich weder in der Farbe noch in der Form. Die Wellen darauf waren festgefroren. Eine Behinderung?
Zögernd legte Karynar den Anzug ab, gedrängt von zwei Wachen, die ihren Bewegungen mit Strahlergesten Nachdruck verliehen. Ein weiteres Mal durchsuchten die Onryonin sie nach Waffen und Sprengstoff. Dann warfen sie ihr einen schlichten grauen Anzug mit Falthelm hin.
Fartir-Jenak legte das Kleidungsstück mit sichtlichem Widerwillen an. Auf seiner Stirn pulsierte eine schwarze Ader.
Auch Karynar überwand sich.
Die Onryonin trat näher. »Runter mit euch!«
Karynar setzte sich. Ein Fesselfeld legte sich bis zum Hals um sie und raubte ihre jede Kraft. Sie konnte keinen Muskel mehr rühre.
»Bist du jetzt glücklich?«, fragte Fartir-Jenak. »Gefangene der Onryonen! Was hast du dir dabei gedacht?«
Die Onryonen ignorierten ihr Gespräch. Es herrschte hektische Betriebsamkeit. Die Onryonin mit dem gefrorenen