Perry Rhodan 1241: Der Smiler und die Sphinx. Ernst Vlcek

Perry Rhodan 1241: Der Smiler und die Sphinx - Ernst Vlcek


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Probabilität, das haben die Wahrscheinlichkeitsberechnungen ergeben. Unter gewissen Voraussetzungen könnte es so kommen, wie der Warner es prophezeit. Andererseits führen Hochrechnungen der Computer zu oftmals recht gegenteiligen Aussagen. Manchmal sieht es so aus, als ob jemand Computerergebnisse ins Gegenteil verkehrt und daraus die Schreckensvisionen des Warners zusammenmixt. Irgend jemand strapaziert da sein Gehirnschmalz über die Maßen, und es muss jemand mit genialem Geist sein – oder jemand, der auf adäquate Kapazitäten zurückgreifen kann. Auf einen Supercomputer sozusagen.«

      »Auf das Virenimperium oder auf NATHAN ... Vishna oder Taurec sind auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Niemand ist das.«

      Deighton seufzte wieder nach einem Blick auf das Chronometer.

      »Es wird allmählich Zeit für uns.« Er erhob sich. »Jedenfalls habe ich es aufgegeben, die Verdachtsmomente gegeneinander abzuwägen und sie zu sondieren. Ich halte nichts mehr für unmöglich, versuche aber auch gar nicht mehr, mir in irgendeinem Punkt Klarheit zu verschaffen. Jede scheinbare Antwort wirft eine Reihe weiterer Fragen auf, auf die es keine logischen Antworten gibt. Darum brauche ich dich, Tek. Du bekommst jede gewünschte Unterstützung, nur entwirre diesen gordischen Knoten und bringe mir den Warner. Ich habe jemand für dich, der dir eine große Hilfe sein könnte. Sie müsste eigentlich ... Ah, da ist sie ja. Srimavo!«

      Deighton kündigte die jüngste der drei Kosmokraten-Schwestern an, noch bevor sie zu sehen war. Aber das verwunderte Tekener bei einem Gefühlsmechaniker nicht. Gleich darauf öffnete sich die Tür, und herein kam – der Illu-Teenie, der Tek auf dem großen Platz vor dem HQ-Hanse angesprochen hatte.

      »Nein!«, sagte Tek bei ihrem Anblick, ohne eine Miene zu verziehen. »Das soll Srimavo sein?«

      »Sie hat sich in der kurzen Zeit seit ihrer Genesung zu einer jungen Dame gemausert«, sagte Deighton mit unsicherem Lächeln. »Sri macht einen Reifeprozess durch und ... nun ja, da muss man halt gewisse Pubertätserscheinungen hinnehmen. Aber im selben Maß wie sie sich körperlich entwickelt, entwickeln sich auch ihre geistigen Fähigkeiten. Sri besitzt ein ähnliches Talent wie ich, sie kann Emotionen ...«

      »Ich weiß, was du meinst«, sagte Tekener belustigt. »Sie versucht gerade, mich ihr gewisses Etwas spüren zu lassen. Aber, weiß der Teufel, ich spreche nicht darauf an.«

      Srimavo – in Marabu-Federkleid und Illu-Make-up – hatte Tekener die ganze Zeit wortlos angehimmelt. Er spürte sehr wohl, wie ihre geistigen Fühler ihn umgarnten, hatte aber keine Mühe, sich gegen die Beeinflussung zu wehren. Sri nahm es leicht. Sie lockerte ihre kesse Haltung, spitzte die Lippen zu einem Kuss und sagte mit der Stimme von Vishna:

      »Wow! Was für ein Mann!«

      »Ich könnte dein Urahn sein, Sri«, meinte Tekener.

      Da sah sie ihn mit einem unergründlichen Blick an und fragte:

      »Bist du da sicher, Smiler?«

      Tekener war überrascht von der Tiefe, die hinter ihren dunklen Augen lag – es war das weite Land einer vielschichtigen unerforschten Persönlichkeit.

      »Schluss damit«, sagte Galbraith Deighton, der etwas betreten danebengestanden hatte. »Sri hat sich als Mitarbeiterin für dich selbst angeboten. Akzeptierst du sie, Tek?«

      »Nicht in dieser Maskerade.«

      »War auch nur zu deinem Empfang gedacht«, sagte Srimavo schnippisch. »Als Schocktherapie für einen prüden Alten. Ich bin in einer Minute wieder zurück.«

      »Aber beeile dich, Sri. Wir müssen in zehn Minuten auf Luna sein«, rief Deighton ihr nach, als sie sein Arbeitszimmer verließ. An Tekener gewandt, fügte er entschuldigend hinzu: »Sonst ist sie gar nicht so. Keine Ahnung, warum sie sich dir gegenüber so benahm.«

      Tekener ging nicht darauf ein.

      »Was machen wir auf Luna?«

      »Dort findet in etwa fünfzehn Minuten die Übergabe der Kursdaten für die Endlose Armada durch NATHAN statt. Alle anderen sind längst dort.«

      »Im STALHOF?«, fragte Tekener, obwohl für ihn kein anderer Ort als der STALHOF, die bestgesicherte Sektion der lunaren Großpositronik, für die Übermittlung solch wichtiger und gewichtiger Daten in Frage kam. Um so überraschter war er von Deightons Antwort.

      »Ursprünglich war der STALHOF dafür vorgesehen«, sagte der Sicherheitschef der LFT. »Aber Homer legte sein Veto dagegen ein, dass jemand wie Taurec, der kein Hanse-Sprecher ist, den STALHOF betreten dürfe. Dabei ist der Kosmokrat der einzige, für den die Sicherheitssperren kein Hindernis wären. Aber was soll man machen.«

      Als sie auf den Korridor hinaustraten, kam ihnen bereits Srimavo entgegen. Tekener erkannte sie nicht wieder. Sie war groß, bestimmt 175 Zentimeter, schlank und von geradezu knabenhafter Gestalt. Ihr Gang war etwas ungelenk, wie bei jungen Leuten, die einen gehörigen Wachstumsschub bekommen hatten und mit ihrer plötzlichen Größe noch nicht zurecht kamen. Das lange schwarze Haar schlug ihr mit jeder Kopfbewegung in das hübsche Gesicht mit den hochangesetzten Backenknochen, dem vollen Mund – und den großen dunklen Augen, in denen irgendwo tief unten eine uralte Weisheit zu schlummern schien. Sie war eine jüngere Gesil.

      »So gefällst du mir schon besser«, sagte Tekener anerkennend.

      »Danke für das Kompliment«, sagte Srimavo schmachtend und hakte sich bei ihm unter.

      2.

      Sie hatten ihm eine Droge gegeben und sie ihm wieder weggenommen, ohne ihn zu entwöhnen.

      Das war grausam gewesen, brutal, geradezu unmenschlich. Aber er hatte einen Ersatz gefunden, einen Ersatz, der dem ursprünglichen Putscher weit überlegen war. Ja, das konnte man ruhig sagen: bei weitem überlegen.

      »Was bist du dizzy, Mong«, sagte er zu seinem Spiegelbild und zwinkerte ihm zu.

      Er hatte sich fein herausgeputzt. Während er vor dem Spiegel posierte, betrachtete er sich eingehend. Das Gewand war von einfachem Schnitt, an den Armen und Beinen eng anliegend, am Körper gerafft und faltenreich. In besonderem Kontrast zu dem Linearraum-Grau seiner Kleidung hatte er eine grellrote Swing-Krone von der Form eines Hahnenkamms gewählt. Er grätschte die Beine, reckte das Hinterteil und winkelte mit einer eckigen Bewegung den rechten Arm ab, verrenkte sich dabei regelrecht. Ziel dieser Übung war, dass sein Telecommander unter der Ärmelpasse hervorsprang und ihm in die hohle Hand. Seine Spinnenfinger glitten verspielt über die farbigen Sensoren, und dazu sang er:

      »Dizzylands, Dizzylands, ich lern' euch alle kennen ...«

      Er lächelte, seine Miene trübte sich aber sofort wieder, als er den Faden wieder aufnahm und die Erinnerungen an früher, an den Anfang, ihn wieder überkamen.

      Es lag etwas mehr als zweieinhalb Jahre zurück, dass die Terraner aufgefordert worden waren, sich geistig auf die Bildung einer Zweiterde zu konzentrieren. Er war einer von den vielen Millionen gewesen, die an der Entstehung der Pseudoerde mitgewirkt hatten. Aber er gehörte zu den wenigen Ausnahmeerscheinungen, die durch dieses Experiment in einen regelrechten Rauschzustand versetzt worden waren.

      Das war seine Droge, das war ihm sofort klar.

      Als dann kurz darauf die zehntausend stärksten Paratalente aus den Schöpfern der Zweiterde ausgesucht wurden, war natürlich auch er unter ihnen. Er, Mong Deville, war einer der ersten, die dem Psi-Trust angehörten, und kam gleich hinter Stronker Keen. Selbst fühlte er sich Stronker Keen sogar überlegen, aber das war nicht ausschlaggebend.

      Zusammen mit Stronker und den anderen sorgte er von Shisha Rorvic aus für die Erschaffung jenes Zeitdamms, hinter dem sich die echte Erde verbarg. Er, Mong, war in seinem Element. Er ging völlig in seiner Aufgabe auf. Er wusste, dass er im Psi-Trust eine Lebensaufgabe gefunden hatte.

      Aber sein Hochgefühl dauerte nicht lange. Schon beim ersten Zeitdammbruch erlitt er einen psychischen Kollaps und wurde ausgeschieden. Stronker selbst war es, der ihn aus Shisha Rorvic hinausschmiss. Natürlich war Stronker nicht wirklich grob zu ihm. Er fand sogar schöne Worte und eine Reihe guter Gründe, warum


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