Perry Rhodan 235: Die Kaste der Weißrüssel. William Voltz

Perry Rhodan 235: Die Kaste der Weißrüssel - William Voltz


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in der Mittel- oder Bauchetage wieder völlig anders sein. Von den vornehmen Rotrüsseln wird jeder einzelne ein größeres Wohngebiet beanspruchen.«

      Nach zehn Minuten hatten sie auch diese Halle durchquert und betraten einen weiteren Hohlraum, der in seiner Ausdehnung die beiden anderen Hallen noch übertraf.

      Vor den Augen der Männer lag eine kleine Stadt. Baynes zählte etwa fünfzig Gebäude, die ungefähr im Mittelpunkt der Halle standen. Die künstliche Sonne ließ die Metalldächer glänzen. Die Häuser hatten ovale Form, sie erinnerten Baynes an ein aufrecht stehendes Ei, dessen untere Spitze eingedrückt war. Es gab keine Fenster, aber vorgewölbte Luken und unzählige warzenähnliche Ausbuchtungen. Von Dach zu Dach spannte sich ein Netzwerk von Drähten.

      Mit Leuchtsäulen markierte Straßen führten von der Stadt in allen Richtungen davon. Auf einer der Straßen glitt ein scheibenförmiges Fahrzeug dahin, das von drei Rotrüsseln besetzt war.

      Baynes' scharfe Augen erkannten mehrere Leitungen, die vom Dach der Halle mitten in die Stadt führten. Anscheinend war das die Energieversorgung. Die Twonoser mussten schon seit Jahrhunderten innerhalb des Mobys leben. Nur so war die perfekte Einrichtung zu erklären.

      »Dort leben sie«, sagte Rhodan ruhig. »Wahrscheinlich gibt es noch mehr solcher Städte.«

      Als sie weitergingen, konnte Baynes zu seiner Überraschung hinter der Stadt einen kunstvoll angelegten Park erkennen. Die Rotrüssel schienen durchaus einen Sinn für natürliche Schönheit zu besitzen. Wahrscheinlich hätte man mit den Twonosern gut auskommen können, wären sie nicht solche eingebildeten Burschen gewesen.

      Wir werden es ihnen schon zeigen, dachte Kendall Baynes zuversichtlich.

      Die Kolonne bog in eine Straße ein und marschierte in einem Abstand von dreihundert Metern an der Stadt der Rotrüssel vorbei. Niemand schien den Gefangenen große Bedeutung beizumessen, denn am Stadtrand zeigten sich nur vereinzelte Zuschauer.

      Der Anführer der vorausgehenden Wachgruppe kam zu Rhodan.

      »Wir bringen Sie nun zum Bahnhof«, hörte Baynes ihn sagen. »Dort werden Ihre Männer in einen Interkastenzug einsteigen, der sie an ihren Bestimmungsort bringen wird.«

      Rhodan nickte schweigend. Was, fragte sich Baynes verwirrt, war ein »Interkastenzug«? Hoffentlich verbarg sich hinter diesem Begriff keine unliebsame Überraschung.

      Ohne Aufenthalt marschierte die Kolonne bis zum Ende der Straße. Neben der Straße führte eine Senke zum Ende der Halle. Inmitten der Senke sah Baynes eine Art Schiene aus blankgescheuertem Metall.

      »Glauben Sie, dass der Interkastenzug dort unten vorbeifährt, Sir?«, wandte sich Baynes an Rhodan.

      »Ja«, sagte Rhodan. »Dort vorn scheint der Bahnhof zu sein.«

      Rhodans ausgestreckter Arm wies auf einen runden, von Leuchtsäulen umgebenen Platz, von dem aus eine kurze Straße zur Senke führte. Baynes wäre nie darauf gekommen, diese Stelle als Bahnhof zu bezeichnen, aber jetzt, da Rhodan seine Vermutung ausgesprochen hatte, zweifelt Baynes nicht daran, dass sie die Bahnstation erreicht hatten. Verstärkt wurde diese Vermutung durch die Anwesenheit einiger Rüsselträger auf dem freien Platz, die offensichtlich auf den Zug warteten.

      Baynes hatte mit irgendeinem utopisch wirkenden Transportmittel gerechnet. Die Tatsache, dass man sie in einem gewöhnlichen Zug von hier wegbringen wollte, verwirrte ihn.

      Die Wächter ließen die Gefangenen auf dem runden Platz Aufstellung nehmen. Die wartenden Twonoser zogen sich zurück, als seien sie empört über die Zumutung, in der Nähe der Terraner bleiben zu müssen.

      Keiner der Wächter sprach, aber auch Rhodan machte keine Anstalten, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Ab und zu unterhielt sich der Großadministrator mit John Marshall, doch Baynes konnte nicht hören, worüber die beiden Männer sprachen. Lord Kendall Baynes fühlte sich von Rhodan und seinen Begleitern immer mehr enttäuscht. Er hatte zumindest erwartet, von großangelegten Fluchtplänen zu erfahren. Scheinbar teilnahmslos nahmen Rhodan, Atlan und Marshall die Geschehnisse hin. Und Icho Tolot, dieses unheimliche Wesen, empfand offenbar noch Freude an den Ereignissen.

      Baynes begann, sich über das Verhalten dieser Männer ernsthafte Gedanken zu machen. Vielleicht, überlegte er, waren sie von den Twonosern mit irgendeinem Gas behandelt worden, das ihre Willenskraft lähmte. In diesem Fall wäre es seine, Kendall Baynes' Aufgabe, sich intensiv um die Befreiung der Besatzung des Flaggschiffes zu bemühen.

      Als Baynes darüber nachdachte, welche Schritte er zuerst unternehmen sollte, kam der Zug.

      Er schoss auf der anderen Seite der Halle aus einer Röhre herein, eine lange Raupe aus mattglänzendem Stahl, scheinbar mühelos auf der einzigen Schiene dahingleitend. Als der Zug seine Geschwindigkeit verlangsamte, konnte Baynes erkennen, dass es einzelne Wagen gab, die gelenkartig aneinandergekoppelt waren. Etwa einen Meter über dem Boden waren lange Fenster eingebaut, hinter denen Baynes einzelne Gestalten sah. Die Wageneingänge waren halbrunde Löcher ohne Türen.

      Die Wächter formierten sich und riefen den Gefangenen Befehle zu. Lautlos kam der Zug zum Stehen.

      Einer der Rotrüssel näherte sich Rhodan.

      »Ihre Männer werden in den drei letzten Wagen untergebracht. Sie und Ihre vier Begleiter kommen mit uns in den viertletzten Wagen.«

      Die Wächter mussten die Terraner mit vorgehaltenen Waffen in die Wagen treiben. Es kam wiederholt zu Zwischenfällen, weil sich einige Männer weigerten, den Befehlen der Rotrüssel nachzukommen.

      Rhodans Gruppe musste warten, bis alle anderen im Zug untergebracht waren. Schließlich forderten drei schwerbewaffnete Wächter auch die letzten Gefangenen auf, in den Zug zu gehen.

      Kendall Baynes kletterte hinter Tolot in den Wagen. Der Haluter passte gerade noch durch den Eingang. Ein Geruch wie nach brackigem Wasser schlug Baynes entgegen. Der Wagen war in einzelne Abteile unterteilt. In jedem Abteil waren nur auf einer Seite flache Sitze aufgestellt, so dass die Passagiere immer in Fahrtrichtung sitzen konnten. Innerhalb des Abteils, in das sie gebracht wurden, saßen bereits zwei Rotrüssel.

      Als Rhodan und Atlan eintraten, wandten sich beide demonstrativ ab und starrten aus dem Fenster. Rhodan und der Arkonide nahmen direkt hinter der Tür Platz. Für Tolot waren die Sessel zu klein. Er musste stehenbleiben. Marshall ließ sich neben Rhodan nieder.

      Innerlich kochte Baynes vor Zorn über das Verhalten der beiden Rotrüssel. Ohne zu zögern, nahm er neben ihnen Platz.

      »Glauben Sie nicht, dass es besser ist, wenn Sie zu uns herüberkommen?«, fragte Rhodan mit einem Seitenblick auf zwei bewaffnete Wächter vor dem Abteileingang.

      »Mir gefällt es hier, Sir«, entgegnete Baynes störrisch. »Wenn die Wächter etwas dagegen haben, sollen sie es mir sagen.«

      Er errötete, weil er Rhodan so scharf widersprochen hatte, blieb aber trotzdem auf seinem Platz sitzen. Wenn er sich in seinem Sessel etwas anhob, konnte er auf den Bahnhof hinausblicken. Er fragte sich, was in den letzten drei Wagen vorging.

      Noch stand der Zug. Lord Baynes zog seine Mundharmonika hervor und begann Blue Heaven zu spielen. Er spürte, wie die beiden Rotrüssel noch weiter von ihm abrücken wollten. Die Wächter starrten herein. Wenn ihnen Baynes' Musik missfiel, zeigten sie es nicht.

      Mit einem kaum merklichen Ruck fuhr der Zug an. Baynes verschluckte sich, setzte einen Augenblick aus und starrte aus dem Fenster. Er fragte sich, was sie am Ziel erwartete. Er wünschte sich, Kapitanski wäre bei ihm gewesen, damit er sich mit ihm über die Qualität seiner Musik hätte streiten können.

      Wahrscheinlich bin ich der einzige Terraner im ganzen Zug, der die Nerven behält, wenn es brenzlig wird, dachte Lord Baynes selbstgefällig.

      Sekunden später klangen die ersten Töne von Summertime – sehr laut und sehr schlecht gespielt – durch das Abteil.

      Der Zug wurde immer schneller.

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