Perry Rhodan 70: Die letzten Tage von Atlantis. K.H. Scheer

Perry Rhodan 70: Die letzten Tage von Atlantis - K.H. Scheer


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waren wunderbare Freunde und harte Soldaten gewesen; ebenso liebenswert, wie es die Terraner allmählich für mich wurden. Reginald Bull zum Beispiel war die Beherrschung in Person. Vor wenigen Minuten hatte er damit begonnen, dem Schicksal zu trotzen. Ich las in seinen Augen, dass er fest entschlossen war, keine Schwäche zu zeigen. Natürlich wusste er ganz genau, dass er bei einem fortlaufenden Rückentwicklungsprozess auch seine hohen Geistesgaben verlieren würde. Um eine einfache Konzentration oder Zusammenballung seiner Zellen und Molekülverbindungen konnte es sich nicht handeln. Wäre es so gewesen, hätten wir wahrscheinlich seinen Körper schrumpfen sehen.

      So aber wurde er jünger! Es war etwas, was ich weder verstehen noch in mathematische Symbole kleiden konnte. Vom größten Geheimnis des Universums, dem des Lebens an sich, wusste ich so gut wie nichts. Ich war Hochenergieingenieur und Spezialist für kosmische Kolonisation, die das Wissensgebiet der Kosmos-Psychologie in sich einschloss. Ich konnte nicht ahnen, was mit Bullys Zellen geschah. Dennoch hoffte ich auf ein Wunder, das auf Grund einer flüchtigen Wahrscheinlichkeitsberechnung herbeiführbar erschien.

      Ich betrachtete das relativ kleine Physiotron. Es war ein säulenförmiges Gerät mit einer dicken kreisrunden Plattform. Weiter hinten erkannte ich einige Hochleistungsreaktoren, wie sie auf Wanderer überall zu finden waren. Die Energieversorgung der Zelldusche geschah drahtlos.

      »Bist du in der Lage, das Physiotron folgerichtig zu bedienen?«, erkundigte ich mich bei Homunk. Er bestätigte.

      »Welche Kraftstationen sind zum einwandfreien Betrieb erforderlich? Welche Spezialschaltungen müssen mitgenommen werden?«

      »Mitgenommen?«, wiederholte Rhodan gedehnt. »Arkonide, ich glaube, du bist auf den gleichen Gedanken gekommen wie ich. Mache nur weiter so, ich höre!«

      Homunk erklärte die technische Funktion. Sie war relativ einfach zu verstehen, bis er zu den Impulsumformern kam, die im Sockel des Gerätes eingebaut waren. Von da an begann mein Begriffsvermögen zu streiken. So konnte ich mir beispielsweise nicht exakt vorstellen, wie der von dem Robot erwähnte Stabilisierungseffekt entstand.

      Auch ein lebender Organismus besteht aus Atomen, aus denen sich Moleküle zusammensetzen. Das Prinzip des Physiotrons beruhte auf einem katalysatorischen Kreislauf, durch den die Atomballungen für etwa 62 Jahre unverändert stabil gehalten wurden.

      Also war es prinzipiell klar, was mit der Maschine erreicht wurde. Man hatte den Prozess der Zellalterung nicht am Zellkern direkt angegriffen, sondern am Ursprünglichsten überhaupt: dem Atom!

      Nachdem Homunk meine zahlreichen Fragen beantwortet hatte, sah ich etwas klarer. Ich blickte auf die Uhr. Anschließend trat ich näher zu Reginald Bull.

      »Bully, bisher habe ich eine nur vage Idee: Wir werden die Zelldusche mitsamt der Kraftstation mittels Antigravstrahlern aus dem Fundament reißen. Dabei ist es wichtig, die mechanischen Einrichtungen nicht zu beschädigen. Das funktionsfähige Gesamtaggregat wird auf einer großen Lastenplattform montiert, die wir mit einem verstärkten Vibrationstriebwerk ausrüsten. Die DRUSUS baut ein fünfhundert Meter durchmessendes Linsenfeld auf, durch das wir den Normalraum verlassen. Wir dringen in die Druufebene ein, wo wir versuchen werden, den instabilen Halbraumzustand durch eine energetische Ballung innerhalb eines zu errichtenden Schutzschirmes nachzuahmen. Wir wissen, dass der Halbraum eine instabile Zustandsform der fünften Dimension ist, etwa vergleichbar mit dem unbrauchbaren Isotop eines Elementes. Eine Annäherung dürfte möglich sein, jedoch benötige ich zur Berechnung dieser Effekte sämtliche Elektronengehirne der DRUSUS. Sind Sie damit einverstanden?«

      Bully rührte sich nicht, als er fragte: »Die Sache dauert schätzungsweise vier bis fünf Tage. Woher nehmen Sie im Druufraum die Energie für die Kontinuumsauffüllung?«

      Er hatte vollkommen begriffen, worauf es ankam. Rhodan hatte auch schon eine Lösung gefunden.

      »Mit einer zweiten Antigravplattform werden wir einen Großreaktor des Planeten mitnehmen. Homunk, kannst du das besorgen?«, fragte er.

      Der Robot rechnete schnell. Nach einer halben Sekunde kam die Antwort: »In zwölf Stunden und vierzehn Minuten steht ein Kompritormlader transportfertig bereit!«

      »Himmel, was ist ein Kompritormlader?«, fragte Sikerman ärgerlich.

      Der Robot lächelte nur. Zu einer anderen Mimik schien er nicht fähig zu sein.

      »Ein Spezialkonverter zur Überdosierung eines in sich gekrümmten und geschlossenen Außenringfeldes, von dem vierdimensionale Einflüsse reflektiert werden.«

      Damit wussten wir es sehr genau! Ich sah allmählich ein, dass die Technik des Kollektivwesens unvergleichlich höher entwickelt war als die unsere.

      »Wir können es in fünf Tagen schaffen«, sagte Rhodan nach einer kurzen Kopfrechnung. »Major Forster, Sie kümmern sich um die Triebwerksverstärkung der Antigravplattform. Sikerman und Sie, Aurin, berechnen die Zugstrahlstärke für die Saugprojektoren. Homunk wird Ihnen sagen, wie die Geräte am besten aus den Fundamenten zu lösen sind. Atlan, wir sehen zu, dass wir einwandfreie Schaltungswerte erhalten. Fangen wir an.«

      Der schlanke Mann drehte sich einfach um. Für Perry war die Sache einstweilen erledigt.

      »Und ich?«, rief Bull ihm nach.

      Der Chef des Solaren Imperiums blieb stehen. Dabei wendete er uns den Rücken zu.

      »Ich habe bereits mit Dr. Sköldson gesprochen. Du bleibst bis zur Fertigstellung der Ausrüstung in der medizinischen Abteilung. Ein biochemischer Tiefschlaf setzt die normalen Körperfunktionen um fast achtzig Prozent herab. Es mag sein, dass der Verjüngungsprozess darauf reagiert. Sköldson wird das machen. Nun, worauf warten wir noch?«

      Ja, worauf warteten wir eigentlich noch! Es gab nicht mehr viel zu bereden. Gucky, das seltsame Lebewesen vom Planeten Tramp, heftete sich an meine Fersen.

      »Soll ich dich zur DRUSUS bringen?«, fragte der Kleine kläglich. Seine großen Augen schienen in einem Meer von Tränen zu schwimmen. Fast war mir, als kämpfte er mit aufsteigender Übelkeit.

      Ich bückte mich und nahm ihn auf die Arme. So schritten wir ohne zu sprechen auf die großen, gewölbten Tore der Physiotronhalle zu.

      Hinter uns entwickelte sich ein hektisches Treiben. Sikermans laute Stimme war unüberhörbar. Homunk, der perfekte Roboter, stand reglos und aufreizend liebenswürdig lächelnd zwischen den hastenden Besatzungsmitgliedern des irdischen Superschlachtschiffes.

      Als ich den freien Platz vor dem Bauwerk erreichte, öffnete Rhodan soeben die Tür eines kleinen Impulsgleiters. Stumm deutete er auf den Rücksitz.

      Ich blieb dicht vor ihm stehen und musterte ihn eingehend. Nein, bei ihm schien sich nichts geändert zu haben. Er wirkte so jung, kräftig und elastisch wie immer.

      Sein Lächeln verriet mir, dass er meine Gedanken ahnte.

      »Glück gehabt«, sagte er abwesend. »Meine Zellaktivierung war am 1. Mai, 17:24 Uhr beendet. Ich bin von der Phasenverschiebung nicht betroffen worden. Bully kam erst um 19:30 Uhr aus der Maschine. Die Verformungskräfte müssen ihn noch während der totalen Entmaterialisierung angegriffen haben.«

      »Die Tatsachen sind bekannt«, antwortete ich nachdenklich. »Ebenso wichtig erscheint mir aber die Frage, was mit Ihm geschehen ist! Wo ist das Kollektivwesen geblieben?«

      Rhodans Auflachen klang unecht. Gucky schmiegte sich leise wimmernd an meine Schulter.

      »Das dürfte unser zweites Problem sein, Atlan. Du möchtest von ihm einige Auskünfte, wie?«

      Ich nickte bedächtig. Natürlich hätte ich gerne erfahren, weshalb man mir vor etwa zehntausend Jahren Terrazeit ein seltsames Gerät überreicht hatte. Ich tastete unwillkürlich das Bruststück meiner Uniformkombination ab. Der Aktivator hing fest an seiner unzerreißbaren Gliederkette.

      »Gehen wir«, meinte Rhodan mit einem Unterton der Hoffnungslosigkeit in der Stimme. »Ich möchte nicht gerne einen Freund verlieren. Dabei wäre es hochinteressant, zu sehen, wie der Prozess der Rückentwicklung abläuft. Wo, oder wie


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