BWL für Dummies. Tobias Amely
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Lagerarten
Je nachdem, ob das Lager im Betriebsablauf vor, während oder nach der Fertigung positioniert ist, wird auch von Eingangslager, Hauptlager, Reservelager, Zwischenlager oder Fertigwarenlager gesprochen. Weitere Bezeichnungen beziehen sich auf:
den Lagerinhalt, zum Beispiel Stückgutlager, Hilfsstofflager, Betriebsstofflager, Zollgutlager;
die Lagerart, zum Beispiel Kühllager, Freilager, Wabenlager für Lang- oder Flachgüter, Etagenlager, Hochregallager, Silo für Schüttgüter, Gasspeicher.
Lagerfunktionen
Je nach Aufgabe des Lagers ergeben sich die folgenden logistischen Funktionen der Lagerhaltung:
Bereitstellungs- und Sicherungsfunktion: Die Lagerung dient der Versorgung der Produktion mit den benötigten Materialien und sichert die Materialzufuhr.
Pufferfunktion (auch Ausgleichsfunktion genannt): Durch die Lagerung werden Schwankungen in der Produktion ausgeglichen, zum Beispiel aufgrund von Veränderungen in der Nachfrage auf den Absatzmärkten.
Produktionsfunktion: In diesem Fall gehört die Lagerung zum Fertigungsprozess, zum Beispiel der Gärungsprozess bei der Weinlagerung, der Härtungsprozess für die Lagerung von Harthölzern oder auch die Veredelung von Käse oder Schinken durch Reifungsprozesse während der Lagerung.
Kostensenkungsfunktion: Die Lagerung ermöglicht die Beschaffung größerer Einkaufsmengen und in der Folge können bessere Konditionen auf den Beschaffungsmärkten erzielt werden.
Spekulationsfunktion der Lagerung: Diese wird dann wirksam, wenn Schwankungen der Preise auf dem Beschaffungsmarkt durch eine geschickte Wahl des Kaufzeitpunkts ausgenutzt werden und so möglichst günstige Konditionen erzielt werden. Die Spekulationsfunktion hängt auch mit der Strategie zur Kostensenkung zusammen.
Damit die Funktionen des Lagers möglichst wirtschaftlich erfüllt werden können, müssen Sie eine gute Vorbereitung und Wahl unter anderem hinsichtlich folgender Punkte treffen:
Der Lagerstandort, das heißt, wo und ob zentral oder dezentral und an wie vielen Orten gelagert werden soll
Die Lagergröße beziehungsweise die Kapazität, die das Lager haben soll
Die erforderlichen technischen und baulichen Eigenschaften des Lagers, zum Beispiel ob es sich um ein geschlossenes oder offenes Lager handeln soll (eine Halle oder eine freie Fläche) oder ob bestimmte zusätzliche technische Anlagen erforderlich sind, wie sie in Kühlhäusern eingesetzt werden
Optimale örtliche, bauliche und technische Voraussetzungen sind zwar eine gute Voraussetzung, aber für eine erfolgreiche Lagerhaltung noch nicht ausreichend. Dazu müssten Sie das Lager auch gut führen. In diesen Kontext gehören hauptsächlich die Aufgaben der Annahme und Prüfung des Materials, der Einlagerung und der Ausgabe des Materials.
Lagerstrategien
Zur optimalen Ausführung der Lagerfunktionen stehen Ihnen eine Fülle von Verfahrensweisen und Strategien zur Verfügung. Beispielhaft seien Ihnen hier zwei sehr bekannte Lagerverwaltungsstrategien genannt:
FIFO (First In – First Out)-Strategie: Die zuerst im Lager aufgenommenen Materialien werden zuerst ausgelagert.So wird vermieden, dass der Warenbestand veraltet.
LIFO (Last In – First Out)-Strategie: Die zuletzt angelieferten Materialien werden zuerst ausgeliefert. Gerade um gute Kunden zu gewinnen oder zu halten, wird die LIFO-Strategie in der Praxis als Kundenbindungsmaßnahme eingesetzt. Nach dieser Strategie wird zum Beispiel dann verfahren, wenn Ihnen als regelmäßiger Kunde in einer Konditorei immer der frischeste Kuchen angeboten wird.
Selbst wenn Sie die Lagerung in jeder Hinsicht optimiert haben, so ist es doch am wirtschaftlichsten, wenn möglichst gar keine Lagerung erforderlich ist. So stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit der Lagerung beziehungsweise ob eine Vorratshaltung überhaupt wirtschaftlich ist. Denn den Vorteilen der Vorratsbeschaffung (zum Beispiel Absicherung der Verfügbarkeit von wichtigen und knappen Materialien bei Turbulenzen auf den Beschaffungsmärkten oder bessere Konditionen aufgrund größerer Mengenabnahmen) können nicht unbeträchtliche Nachteile gegenüberstehen (zum Beispiel die mit der Vorratsanschaffung und Lagerhaltung verbundene Kapitalbindung oder die Minderung des Wertes der Materialien durch Veralterung).
Die Beschaffung ohne Bevorratung, das heißt ohne Einlagerung von Materialien, bietet sich Ihnen insbesondere in zweierlei Hinsicht an, und zwar bei der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall und der parallelen Belieferung zu den Fertigungsprozessen.
Bei der Einzelbeschaffung wird eine Bestellung erst dann vorgenommen, wenn ein Kundenauftrag vorliegt, was nur bei der Anfertigung von einzelnen Produkten oder in der Kleinserienherstellung zutreffend ist.
Die fertigungsbegleitende Beschaffung kommt vor allem bei der Massen- oder Großserienfertigung zum Einsatz. Dadurch, dass die Materialien möglichst zeitnah zum Einsatz beschafft und bereitgestellt werden, kann die Lagerung beziehungsweise die Vorratshaltung für den Besteller beziehungsweise Hersteller minimiert werden.
Just in Time
Mit der sogenannten Just-in-Time-Belieferung wird statt des Fertigungsprozesses der Bedarf des Endkunden zum Bezugspunkt der gesamten Lieferkette (Supply Chain) festgemacht:
Beim Just-in-Time-Verfahren soll eine Leistung genau dann bereitgestellt werden, wenn sie gebraucht wird.
Eine Bedingung für den Einsatz des Just-in-Time-Verfahrens ist, dass der jeweilige Bedarf genau bestimmt werden kann. Dies ist umso eher zutreffend, wenn eine Standardisierung des Fertigungsprogramms vorliegt und die Arbeitsabläufe als Serien- oder Massenfertigung gestaltet und organisiert sind (mehr dazu in Kapitel 3). Zudem müssen die Zulieferer äußerst zuverlässig hinsichtlich der Qualität des gelieferten Materials, der Lieferbereitschaft und Termingenauigkeit sein.
Allerdings bringt die Just-in-Time-Beschaffung neben dem Vorteil der Verringerung der Lagerhaltung den Nachteil der Erhöhung der Transportleistungen mit sich. Da niedrigere Vorräte eine Erhöhung von Zulieferungen nach sich ziehen, sind damit höhere Ausgaben für den Transport verbunden. Insbesondere bei längeren Transportwegen wird die Lagerhaltung damit zumindest ein Stückweit auf die Straßen verlegt.
Supply Chain Management
Das Konzept des Managements der Lieferkette oder der Logistikkette (Supply Chain Management) richtet sich ebenso wie die Just-in-Time-Belieferung auf die Gestaltung der Materialflüsse entlang der betrieblichen Prozesse. Jedoch werden hauptsächlich nicht mehr nur die Elemente des Transports und der Lagerung betrachtet, vielmehr werden alle Organisationsund Funktionsbereiche entlang der betrieblichen Prozesse mit in die Steuerungs- und Gestaltungsmaßnahmen aufgenommen. Besondere Beachtung finden dabei die Übergänge zwischen den einzelnen betrieblichen Funktionsbereichen. Dabei gilt es, die Prozesse aufeinander abzustimmen und so den Leistungsfluss zu optimieren und schließlich eine höhere Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit im Interesse des Unternehmens und des Endkunden zu erreichen.
Damit wird gleichsam der Beschaffungsprozess mit den anderen betrieblichen Leistungsprozessen verknüpft und eine ganzheitliche Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette angestrebt.