Einfach Shakespeare. William Shakespeare
kommt sie schon! Und nun, Petruchio, sprich.
Guten Morgen, Käthchen, denn so heißt ihr, hör ich.
KATHARINA
Ihr hörtet recht, und seid doch hart geöhrt,
Wer von mir spricht, nennt sonst mich Katharina.
PETRUCHIO
Mein Seel, ihr lügt, man nennt euch schlechtweg Käthchen [...].
Erfahre denn, du Käthchen Herzenstrost:
Weil alle Welt mir deine Sanftmut preist,
Von deiner Tugend spricht, die reizend nennt,
Und doch so reizend nicht als dir gebührt:
Hat mich’s bewegt, zur Frau dich zu begehren.
KATHARINA
Bewegt? Ei seht! So bleibt nur in Bewegung
Und macht, daß ihr euch baldigst heimbewegt;
Ihr scheint beweglich.
PETRUCHIO
So! Was ist beweglich?
KATHARINA
Ein Feldstuhl.
PETRUCHIO
Brav getroffen! Sitzt auf mir.
(II, 1)
1Shakespeare zitiert diese Zeile aus Christopher Marlowes Gedicht Hero und Leander. Marlowe starb am 1. Juni 1593, Wie es euch gefällt hat Shakespeare aller Wahrscheinlichkeit nach 1599 verfasst.
WILLST DU SCHON GEHN?
Fort! Ist die Trennung schon ein ätzend Mittel, Sie dient für eine Wunde voller Tod.
Away! Though parting be a fretful corrosive, It is applied to a deathful wound.
(König Heinrich VI, Teil 2, III, 2)
O tödliche Verbannung!
Valentin, aus Die beiden Veroneser, ist in Silvia, die Tochter des Herzogs von Mailand, verliebt. Doch ihr Vater möchte, dass sie einen anderen heiratet. Valentins bester Freund Proteus ist ebenfalls in Silvia verliebt. Als Valentin und Silvia planen durchzubrennen, verrät Proteus sie an ihren Vater. Daraufhin verbannt der Herzog Valentin vom Hof. Die Zeilen, die Valentin als Reaktion darauf spricht, sind durch den Film Shakespeare in Love zu neuer Berühmtheit gelangt: In dem Film sucht sich die Adelige Viola, verkleidet als junger Mann, genau diese Zeilen aus, um für eine Rolle in Shakespeares Schauspieltruppe vorzusprechen. Shakespeare reagiert wie elektrisiert, weil alle anderen Bewerber um die Rolle beim Vorsprechen seinen Konkurrenten Christopher Marlowe rezitiert haben, der zu der Zeit noch viel berühmter war.
VALENTIN
Und warum Tod nicht eh’r als Qual des Lebens?
Zu sterben, ist von mir verbannt zu sein,
Und Silvia ist ich selbst: verbannt von ihr,
Ist selbst von selbst; o tödliche Verbannung!
Ist Licht noch Licht, wenn ich nicht Silvia sehe?
Ist Lust noch Lust, wo Silvia nicht zugegen?
Und war sie’s nicht, dacht’ ich sie mir zugegen,
Entzückt vom Schattenbild der Göttlichkeit.
Nur wenn ich in der Nacht bei Silvia bin,
Singt meinem Ohr Musik die Nachtigall:
Nur wenn ich Silvia kann am Tage sehn,
Nur dann strahlt meinem Auge Tag sein Licht:
Sie ist mein Lebenselement; ich sterbe,
Werd’ ich durch ihren Himmelseinfluß nicht
Erfrischt, verklärt, gehegt, bewahrt im Leben.
Tod folgt mir, flieh ich seinen Todesspruch;
Verweil ich hier, erwart ich nur den Tod:
Doch, flieh ich fort, entflieh ich jedem Leben.
(III, 1)
Die Hindin, die den Löwen wünscht zum Gatten
In Ende gut, alles gut ist Helena in Bertram, den Graf von Roussilon verliebt, aber wegen des Standesunterschieds traut sie sich nicht, ihre Liebe zu offenbaren. Als Bertram an den Hof des Königs von Frankreich geht, trauert Helena über seine Abwesenheit. Bertrams Mutter denkt, sie trauere um ihren kürzlich verstorbenen Vater, einen berühmten Arzt.
HELENA
Ach wär’s nur das! Des Vaters denk ich kaum;
Und jener Großen Träne ehrt ihn mehr,
Als seiner Tochter Gram. Wie sah er aus?
Vergessen hab ich ihn: kein andres Bild
Wohnt mehr in meiner Phantasie als Bertram.
Ich bin verloren! Alles Leben schwindet
Dahin, wenn Betram geht. Gleichviel ja wär’s,
Liebt’ ich am Himmel einen hellen Stern,
Und wünscht ihn zum Gemahl; er steht so hoch!
An seinem hellen Glanz und lichten Strahl
Darf ich mich freun; in seiner Sphäre nie!
So straft sich selbst der Ehrgeiz meiner Liebe:
Die Hindin, die den Löwen wünscht zum Gatten,
Muß liebend sterben. O der süßen Qual,
Ihn stündlich anzusehn! Ich saß, und malte
Die hohen Brau’n, sein Falkenaug, die Locken
In meines Herzens Tafel, allzu offen
Für jeden Zug des süßen Angesichts!
Nun ist er fort, und mein abgöttisch Lieben
Bewahrt und heiligt seine Spur.
(I, 1)
Helenas Liebe verleiht ihr jedoch die Kraft, einen Versuch zu wagen, wie sie Bertram trotz des Standesunterschiedes gewinnen kann. Ihr Vater hat ihr eine wertvolle Medizin hinterlassen, der König von Frankreich ist todkrank und seine Ärzte haben ihn aufgegeben. Helena folgt Betram nach Frankreich, bietet dem König die Medizin und bittet sich als Gegenleistung für seine Heilung Betram als Ehemann aus.
HELENA
Oft ist’s der eig’ne Geist, der Rettung schafft,
Die wir beim Himmel suchen. Unsrer Kraft
Verleiht er freien Raum, und nur dem Trägen,
Dem Willenlosen stellt er sich entgegen.
Mein Liebesmut die höchste Höh ersteigt,
Doch naht mir nicht, was sich dem Auge zeigt.
Des Glückes weitsten Raum vereint Natur,
Daß sich das Fernste küßt wie Gleiches nur.
Wer klügelnd abwägt, und dem Ziel entsagt,
Weil er vor dem, was nie geschehn, verzagt,
Erreicht das Größte nie. Wann rang nach Liebe
Ein volles Herz, und fand nicht Gegenliebe?
Des Königs Krankheit, täuscht mich nicht, Gedanken;
Ich