Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marietta Brem

Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman - Marietta Brem


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wenn sie mit Manfred Brecht gesprochen hatte, blieb ein schaler Nachgeschmack zurück, der ihr leichtes Unbehagen verursachte. Aber ich liebe ihn doch, sagte sich die Frau immer wieder, bis sie davon überzeugt war.

      Seufzend ließ sie sich in den Sessel fallen und schlürfte genüßlich den Kaffee, der inzwischen bereits kalt geworden war. Sie merkte es nicht einmal.

      Gedankenverloren hielt sie ein Bild in ihren Fingern mit den rot lackierten Nägeln, das das Gesicht eines hübschen blonden Jungen zeigte.

      »Wie mag es dir wohl gehen, Peterle?« sagte sie etwas wehmütig und hauchte einen Kuß auf den lachenden Mund des Kindes. Wie hatte sie nur so dumm sein und auf ihren Sohn verzichten können, fragte sie sich wohl zum hundertsten Mal. Peter war ihr ganzer Stolz gewesen und ihm hatte auch ihre ganze Liebe gehört.

      Ob Volker gut mit dem Jungen zurechtkam? Sicher, denn Peter war ein williges, folgsames Kind. Ob er sie, seine Mutter, wohl vermißte?

      Nachdenklich betrachtete Marga ihre gepflegten Hände. Wie lange hatte sie sich die Nägel nicht mehr lackiert, hatte keine Zeit und auch kein besonderes Interesse für ihr Äußeres gehabt.

      Und nun? Nun hatte sie nur noch Zeit. Sie wußte schon morgens, wenn sie aufstand, nicht, was sie machen sollte. Vor Langeweile stieg sie dann meistens nach dem Frühstück wieder ins Bett, denn vor elf Uhr rief Manfred niemals an. Und ohne den Mann erfüllte sie gähnende Leere.

      Marga konnte sich gar nicht vorstellen, was sie früher ohne ihn angefangen hätte. Zugegeben, Volker war ja ganz nett gewesen, und er hatte sie auch immer, wie man so schön sagt, auf Händen getragen, aber war das wirklich alles, was sie noch vom Leben zu erwarten hatte?

      Jetzt endlich konnte sie so leben, wie sie es sich früher manchmal erträumt hatte, wenn die Eintönigkeit des Alltags wie ein reißender Wolf über sie hergefallen war. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte.

      Und trotzdem. So richtig glücklich war sie auch jetzt nicht, denn sie hatte dafür auf etwas verzichten müssen, das ihr Manfred Brecht nicht ersetzen konnte, nämlich ihre Familie.

      Gegen elf Uhr begann Marga, sich für ihre Verabredung herzurichten. Seit sie sich von Volker getrennt hatte, legte sie größten Wert auf ihr Äußeres, denn Manfred war erst achtundzwanzig Jahre alt, sie selbst dagegen schon fast einunddreißig.

      Manfred lachte zwar immer, aber sie selbst störten die drei Jahre Altersunterschied doch ganz empfindlich. Deshalb versuchte sie, sich so vorteilhaft und jugendlich wie nur möglich zu kleiden. Zum Glück hatte sie noch das Sparbuch von ihrer Mutter, auf dem sich eine schöne Summe angesammelt hatte. Das andere Vermögen, das die Eltern ihr als einziger Tochter hinterlassen hatten, war fest angelegt. Aber wenn sie Manfred Brecht je heiraten sollte, dann würde sie es schon flüssig machen. Vorläufig jedoch reichte noch das Sparbuch für ihre kleineren und größeren Wünsche.

      Nachdenklich stand die Frau vor ihrem Kleiderschrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Sonderlich groß war ihre Auswahl nicht, aber alles, was sie besaß, war schick und mit Geschmack ausgewählt. Marga entschied sich für einen roten Strickrock und dem dazu passenden Pullover mit weiten Ärmeln.

      Dann bürstete sie ihr kurzes Haar, bis es glänzte, und zog mit einem dezenten Stift ihre vollen Lippen nach. Als es klingelte, war Marga Eckstein gerade fertig.

      »Du kommst wie gerufen, Manfred«, sagte sie freudig erregt und bot ihm ihre Wange zum Kuß an, obwohl sie ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre. Aber sie sagte sich, daß es bestimmt nicht klug wäre, ihm ihre Liebe zu sehr zu zeigen.

      »Gut siehst du aus, Marga. Man sieht dir dein Alter überhaupt nicht an«, zog er sie auf und grinste. Mit seinen schwarzen Haaren und den leuchtend blauen Augen war er mehr ein südländischer Typ, dem die Frauenherzen nur so zuflogen.

      Manfred hatte schon etliche Freundinnen gehabt, aber nur von einer trug er das Bild noch in seiner Brieftasche. Diese eine aber war nicht sie, Marga, obwohl sie ein bißchen Ähnlichkeit mit seiner ersten großen Liebe hatte. Vielleicht war das auch der Grund, warum er mit allen Mitteln versucht hatte, sie für sich zu gewinnen.

      »Können wir gehen? Ich habe schon einen Bärenhunger«, gestand er und zog die Frau dann ganz sanft an sich.

      »Ich bin fertig, Liebling. Oder meinst du, daß noch etwas an mir fehlt?« Kokett drehte sich Marga vor ihm im Kreis, damit er sie von allen Seiten bewundern konnte. Beifallheischend blieb sie dann vor ihm stehen und schaute ihn mit blitzenden Augen an.

      »Fabelhaft siehst du aus, Marga. Ich kann es nur immer wiederholen. Man sieht dir dein Alter überhaupt nicht an.«

      »Jetzt reicht es aber, Manfred Brecht. Wenn du mich unbedingt verärgern willst, dann mach nur weiter so.« Beleidigt zog sie sich in ihr Schlafzimmer zurück.

      »Sei doch nicht so empfindlich, Liebling«, rief ihr Manfred noch nach, aber sie drehte sich nicht mehr nach ihm um. Marga wußte ganz genau, daß er ihr gleich folgen würde. Das machte er nämlich immer so, denn es erhöhte den Reiz und die Spannung, die für sie beide so wichtig war.

      Tatsächlich wurde schon nach wenigen Augenblicken vorsichtig die Schlafzimmertür geöffnet, und der Mann streckte seinen Kopf herein.

      Als Marga ihn nur wortlos anstarrte, holte er aus seiner Tasche ein weißes Taschentuch und schwenkte es in der Luft. »Frieden«, sagte er dann lachend und kam vollends ins Zimmer. »Ich verspreche dir hoch und heilig, daß ich dich heute nicht mehr ärgern werde. Erst morgen wieder.«

      »Schuft«, stieß Marga zwischen den Zähnen hervor, aber dann lachte auch sie. Sie konnte ihm nie lange böse sein.

      »Können wir jetzt gehen, Ma­dame?« Er verneigte sich vor ihr und ergriff ihre Hand. »Oder möchtest du lieber...?«

      »Ich habe ebenfalls einen riesigen Hunger. Ich glaube, wir sollten jetzt besser gehen, damit wir unser Programm einhalten können, das du für uns zusammengestellt hast. Wir schaffen es sonst nicht, denn der Verdauungsspaziergang ist sehr wichtig für mich.« Die Frau sprach hastig und abgehackt, um die Peinlichkeit der Situation zu überspielen. Sie war Manfred zwar rettungslos verfallen, aber zum Letzten hatte sie es noch nicht kommen lassen. Schließlich war sie noch verheiratet. Sie fragte sich nur, wie lange sich Manfred noch mit einer Geliebten zufriedengeben würde, die er nur platonisch lieben durfte.

      Immerhin kannten sie sich schon seit fast einem Monat, und er hatte mehr als einmal darauf angespielt. Nur die Tatsache, daß sie noch verheiratet war, hatte ihn davon abgehalten, mit ihr darüber zu reden.

      »Dann auf in den Kampf«, sagte Manfred betont lustig und zog sie an der Hand hoch. »Ich habe einen Tisch im Lamm bestellt. Du weißt ja, daß es mittags dort immer sehr voll ist.«

      Nach außen schien wieder alles in Ordnung zu sein, aber beide wußten, daß ihre Beziehung ihnen nicht das gab, was sie sich am Anfang ihrer Bekanntschaft versprochen hatten.

      *

      »Wer hilft mir mit dem Osterstrauß?« fragte Sabine Kroff beim Mittagessen.

      »Ich! Ich will auch!« erklang es von allen Seiten, und viele Hände schossen in die Höhe.

      »Ich will auch mithelfen«, piepste die kleine Heidi Holsten, mit ihren fünf Jahren das jüngste der Dauerkinder von Sophienlust.

      »Einverstanden«, sagte Sabine. »Wir haben genügend ausgeblasene Eier zum Anmalen. Und wenn es zu viele sind, dann machen wir eben zwei Sträuße.«

      Die Kinder jubelten, denn sie freuten sich auf die Abwechslung.

      Auch Sabine freute sich. Sie hatte sich gut eingelebt in den letzten drei Wochen, seit sie in Sophienlust lebte. Zwar hatte sie kein festes Aufgabengebiet, aber Denise von Schoenecker hatte ihr gesagt, daß sie sich um die Kinder kümmern und sich mit ihnen beschäftigen sollte, damit Schwester Regine ein bißchen entlastet wurde.

      Vor allem die kleineren Kinder dankten es Sabine mit rührender Anhänglichkeit, daß sie ihnen ihre ganze Zeit widmete.

      »Darf ich auch mithelfen?« fragte Agnes nach dem Essen. Das kleine


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