Gemeinsames Abendmahl?. Helmut Fischer

Gemeinsames Abendmahl? - Helmut Fischer


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      Helmut Fischer

      Gemeinsames Abendmahl?

      Zum Abendmahlsverständnis der großen Konfessionen

      Theologischer Verlag Zürich

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.de abrufbar.

      Umschlaggestaltung

      Simone Ackermann, Zürich, unter Verwendung von »Das Abendmahl«; Ravenna, S. Apollinare Nuovo (Mosaik, Anfang 6. Jahrhundert, Ausschnitt); Foto: akg-images / Erich Lessing

      Bibelzitate nach: Zürcher Bibel 2007

      ISBN 978-3-290-17532-0 (Buch)

       ISBN 978-3-290-17680-8 (Epub)

      |XX| Seitenzahlen des Epubs verweisen auf die gedruckte Ausgabe.

      © 2009 Theologischer Verlag Zürich

       www.tvz-verlag.ch

      Alle Rechte vorbehalten

      Inhaltsverzeichnis

       Zur Einleitung

      Alle Kirchen berufen sich auf die Bibel

       I Die Mahlgemeinschaften Jesu als seine Botschaften

       Die Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft

       Die Botschaft vom Heil für die Sünder

       II Die Mahlgemeinschaften der frühchristlichen Gemeinden

       Das Mahl als Symbol der Gemeinschaft

       Die Anfänge nach der Apostelgeschichte

       Die Liebesmahle nach der Apostellehre

       Die Fußwaschung nach dem Johannesevangelium

       Die Entwicklung zum Sakrament

       III Das gegenwärtige Abendmahlsverständnis der großen Konfessionen

       Das Eucharistieverständnis der römisch-katholischen Kirche

       Das Eucharistieverständnis der orthodoxen Kirchen

       Das Abendmahlsverständnis der Kirchen der Reformation

       Zitierte Literatur

      Der Deutsche Evangelische Kirchentag 2005 in Hannover stand unter dem Motto: »Wenn Dein Kind dich morgen fragt …«. Das ist ein fruchtbares Motto – weit über den Kirchentag hinaus, denn die Fragen der Kinder führen meistens geradewegs zum Kern der Dinge.

      Kinder fragen unbefangen und sie fragen oft auch bohrend nach Dingen, nach denen wir Erwachsenen kaum noch fragen, weil wir die Antworten schon zu wissen meinen oder weil wir die Dinge so hinnehmen, wie sie sind. Kinderfragen können deshalb ganz schön nerven.

      Stellen wir uns vor, Tante Maria sei zum 10. Geburtstag ihres evangelischen Patenkindes zu Besuch gekommen. Die Patentante ist katholisch, sie ist aber zum evangelischen Gottesdienst mitgegangen, weil sie einmal eine Pfarrerin erleben wollte. Das Gespräch auf dem Weg nach Hause könnte sich so abgespielt haben:

      Kind: »Mutti, was habt ihr denn da vorn gemacht? Ihr habt etwas zu essen und zu trinken bekommen.«

      Mutter: »Wir haben das Abendmahl gefeiert.«

      Kind: »Ihr habt ein Abendmahl gefeiert? Aber es ist doch erst Vormittag. Weshalb feiert man am Vormittag ein Abendmahl?«

      Mutter: »Heißt halt so! Man kann auch Herrenmahl sagen.«

      Tante Maria: »Oder Eucharistie.«

      Kind: »Weshalb feiert man denn ein Abendmahl?«

      Mutter: »Weil es Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat. Das hat die Pfarrerin ja gesagt.«

      Kind: »Und warum hat Tante Maria nicht mitgefeiert?«

      |8| Tante Maria: »Weil ich das evangelische Abendmahl nicht mitfeiern darf.«

      Kind: »Aber wenn doch Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat, das Abendmahl gemeinsam zu feiern, warum darf dann Tante Maria hier nicht mitfeiern?«

      Mutter: »Das ist halt so.«

      Kind: »Mutti, was feiert ihr denn überhaupt beim Abendmahl?«

      Jetzt werden sie dem Kind erzählen, was sie vom Abendmahl ihrer Kirche wissen. Das wird bei Katholiken, Protestanten oder Orthodoxen unterschiedlich sein. Das Kind wird noch fragen, woher man das alles weiß. Tante Maria wird auf die Kirche verweisen, und sie werden vielleicht hinzufügen, dass das alles in der Bibel steht. Beide haben auf ihre Weise recht.

      Papst Johannes Paul II. hat mit dem Apostolischen Schreiben »Mane vobiscum domine« (MVD) von 2004 das »Jahr der Eucharistie 2004/2005« ausgerufen. In diesem Jahr sollte das Eucharistieverständnis der römisch-katholischen Kirche vertieft werden. »Das Hochfest Fronleichnam mit seinen traditionellen Prozessionen soll in diesem Jahr mit besonderer Inbrunst begangen werden« (MVD 18) und auch »auf den Straßen« dieses Eucharistieverständnis öffentlich machen. Kardinal Lehmann, der damalige Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, schätzte die Gesprächslage in Deutschland sehr nüchtern ein, als er erklärte: »Für das ökumenische Gespräch kann das Jahr der Eucharistie schmerzlich sein, weil gewisse Differenzen erscheinen werden, die bisher nur in Expertenkreisen behandelt worden sind.« (Materialdienst 4/05, 72) Diesen schmerzlichen Prozess der Klärungen werden wir uns freilich nicht ersparen dürfen, wenn wir eine Ökumene |9| wollen, die nicht im Verschwommenen gründet, sondern eine realistische Basis hat. Die Jahrzehnte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind vorbei, in denen sich Katholiken und Protestanten auf dem besten und schnellen Weg zu kirchlicher Einheit und einem gemeinsamen Abendmahl sahen. Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, stellt jetzt in einem Interview fest: »Realistischerweise muss … von einer Ernüchterung gesprochen werden.« (FAZ 16.9.2008) Chancen sieht er in einen sachlichen Dialog: »Jeder Dialog setzt Partner mit eigenem Profil und eigener Identität voraus. Mit einer Schummelökumene und mit einem Wischiwaschi-Christentum ist niemandem gedient.« (ebenda) Repräsentanten der evangelischen Kirchen mahnen in gleicher Weise zum nüchternen Dialog. Manfred Kock, Altpräses der evangelischen Kirche im Rheinland, sagt: »Nur wer sich seiner eigenen Identität bewusst ist und seine Wahrheitseinsicht klar zu beschreiben weiß, kann sich auf die Suche nach gemeinsamer Wahrheit begeben. … Fortschritte im Dialog wird es nur geben, wenn sowohl die erreichte Nähe als auch die einstweiligen bleibenden Unterschiede genau wahrgenommen werden. Die Zukunft des ökumenischen Gesprächs setzt voraus, den Themen nicht auszuweichen, in denen sich die Konfessionen unterscheiden« (Zeitzeichen,Dezember 2008, 21). Der Dialog zwischen den Konfessionen sollte allerdings nicht nur unter offiziellen Kirchenvertretern stattfinden, sondern im ökumenischen Zusammenleben der Gemeinden auf breiter Ebene geführt werden. Dazu möchte diese kleine


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