Gemeinsames Abendmahl?. Helmut Fischer

Gemeinsames Abendmahl? - Helmut Fischer


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als den Schöpfer aller Gaben preisen. Die jüdische Mahlgemeinschaft ist deshalb stets eine Gemeinschaft, die sich zu Jahwe bekennt. Jede jüdische Tischgemeinschaft ist also eine Bekenntnisgemeinschaft. Das schließt die Tischgemeinschaft von Juden mit Heiden grundsätzlich aus.

      Den Juden war es also nicht erlaubt, mit Nichtjuden zusammen zu essen oder zu trinken. Fromme Juden vermieden es sogar, mit jüdischen Menschen zu speisen, deren religiöse Untadeligkeit und Reinheit sie anzweifelten. Gänzlich unmöglich war es für sie, sich mit Zolleintreibern, Kollaborateuren oder Frauen zweifelhaften Rufs an einen Tisch zu setzen. Diese Leute galten ihnen als Sünder. Die Gemeinschaft mit ihnen sprengte die Bekenntnisgemeinschaft und gefährdete so das Verhältnis der gesamten israelitischen Glaubensgemeinschaft zu Gott.

      Genau das, was die Gesetze der jüdischen Religion so streng verbieten, das tat Jesus. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte |17| von der Berufung des Zöllners Levi (Mk 2,13–17). Darin heißt es: »Und es geschieht, dass er in dessen (des Zöllners) Haus bei Tisch sitzt. Und viele Zöllner und Sünder saßen mit Jesus und seinen Jüngern bei Tisch. Es waren nämlich viele, und sie folgten ihm.« Als die Schriftgelehrten das sahen, sagten sie entrüstet zu Jesu Jüngern: »Mit den Zöllnern und Sündern isst er!« Das verstößt doch gegen die elementarsten jüdischen Gesetze!

      Jesus vermittelte seine Botschaften eben nicht nur durch Worte, sondern auch durch symbolische Handlungen oder durch Handlungen mit symbolischen Hinweisen. Seine Tischgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern war eine solche symbolische Handlung. Die Botschaft dieser zeichenhaften Handlung muss in den Ohren seiner jüdischen Zeitgenossen geradezu schrill geklungen haben.

      Die jüdische Religion gründet in dem Glauben an den einen und einzigen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Israel weiß sich von diesem Gott aus allen Völkern zu seinem Volk erwählt, und es weiß sich durch einen göttlichen Bund exklusiv mit ihm verbunden. Der Bund besteht, in einer Art von wechselseitiger Verpflichtung, darin, dass Jahwe zu Israel steht und dass Israel die Gebote Jahwes hält und nach dessen Gesetzen lebt. Zur Zeit Jesu waren das 248 Gebote und 365 Verbote. Israeliten, die diese Vorschriften nicht einhalten, gefährden nicht nur ihr eigenes Heil; sie setzen darüber hinaus den göttlichen Bund und damit die gesamte Existenz Israels aufs Spiel.

      Vor diesem Hintergrund kann man verstehen, dass die frommen Juden entsetzt waren, als sie Jesus mit Zöllnern und religiös und moralisch zweifelhaften Leuten an einem Tisch sahen, denn er verstieß damit gleich mehrfach gegen die Gesetze des göttlichen Bundes. Sie verstanden sehr wohl, |18| was er mit dieser Symbolhandlung ausdrücken wollte, nämlich: Gott grenzt niemanden aus, auch die nicht, die durch religiöse Gesetze von Menschen ausgegrenzt und abgewertet werden. Und die Menschen, mit denen Jesus gegen die geltenden Grundregeln Mahlgemeinschaft hielt, verstanden noch mehr. Sie erfassten die tiefere Botschaft: Hier und heute hat sich uns der lebendige Gott in seinem wahren Wesen gezeigt, nämlich als ein Freund und Bruder auch derer, die sich verloren und verirrt haben und die von den strengen Hütern der Religion längst abgeschrieben sind.

      Dieser Kern der Symbolhandlung Jesu ist der vielleicht schwerste Angriff auf das Selbstverständnis des damaligen jüdischen Glaubens. Denn ihre Botschaft lautet: Gottes Liebe hängt nicht von meinen religiösen Vorleistungen ab. Gottes Liebe kann man sich nicht verdienen, auch nicht dadurch, dass man alle 613 Vorschriften genauestens erfüllt. An den religiös Abgeschriebenen verdeutlicht Jesus, dass Gott allen Menschen nahe sein will, dass er ihre Gemeinschaft sucht und sie in seine Gemeinschaft ruft.

      Diese religiös Randständigen begriffen und erfuhren an sich selbst, was die Gegenwart Gottes und die Gemeinschaft mit Gott in ihrem Leben und für ihr Leben bedeutet, nämlich: Wer Liebe erfährt, der wird dadurch selbst zur Liebe stark gemacht. Das kommt eindrucksvoll in der Geschichte vom Zöllner Zachäus (Lk 19) zum Ausdruck. Auch hier heißt es: Als die Leute Jesus in des Zöllners Haus gehen sahen, »murrten (sie) und sagten: Bei einem sündigen Mann ist er eingekehrt«. Als sich aber Zachäus in so selbstverständlicher Weise von Jesus angenommen und in seiner Gemeinschaft gewürdigt sah, »trat (er) vor den Herrn und sagte: Hier, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, Herr, und wenn ich von jemandem etwas erpresst |19| habe, will ich es vierfach zurückgeben. Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus Heil widerfahren« (Lk 19,8f). So also ereignet sich Gottes Gegenwart, so wird Gottes Herrschaft im menschlichen Leben wirklich! Die Reaktion des Zachäus auf die Gemeinschaftserfahrung mit Jesus macht deutlich, in welcher Weise sich Gott als gegenwärtig erweist und Gottes Herrschaft reale Gestalt annimmt.

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