Geistbestimmtes Leben. Simon Peng-Keller
3.3 Persönliche Berufung und Begabung
4 Geistbestimmtes Leben als neue Lebensform
4.3 Intimität und Spiritualität
5.1 Kirche: geteilte Spiritualität
5.2 Wüste: Einsamkeit vor Gott
5.3 Welt: Engagiert leben im Vorletzten
6.1 Geistliche Lesung und Meditation
6.2 Gebet als Atem des Glaubens
6.3 Kontemplation und mystische Erfahrung
7.1 Via illuminativa: Erleuchtung
Detailliertes Inhaltsverzeichnis
|9| Vorwort
Das vorliegende Buch ist über mehrere Jahre entstanden und in unterschiedlichen Kontexten praktisch erprobt worden. In seiner ersten Fassung entstand es 2005 als Skript für den Studiengang Theologie, für den es im darauffolgenden Jahr erstmals verwendet wurde. Ich konnte dabei auf Vorlagen zurückgreifen, die ich für die Vorlesung Einführung in die Theologie des geistlichen Lebens an der Theologischen Hochschule in Chur (THC) hatte. Auch in den darauffolgenden Jahren bot die Lehrtätigkeit an der THC die Gelegenheit, meine Gedanken weiterzuentwickeln und zu präzisieren. Als ich 2009 von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt den Auftrag erhielt, eine Einführung in die Theologie der Spiritualität zu verfassen, konzipierte ich dieses Buch komplementär zum Skript, das die Grundlage für den vorliegenden Band darstellt. Während die 2010 erschienene Einführung einen Diskussionsüberblick gibt und den Stand der Forschung zu Einzelfragen des Faches Theologie der Spiritualität resümiert, setzt das vorliegende Buch einen anderen Akzent. Im Rahmen einer kohärenten Darstellung der zentralen Aspekte christlicher Spiritualität kommt in vielen Einzelstimmen die gelebte Spiritualität direkt zur Sprache. Darin sind auch eigene Erfahrungen eingeflossen. Dass die kontemplative Dimension christlicher Spiritualität besonders gewichtet wird, hat sowohl mit meinem eigenen Weg zu tun als auch mit der Begleitung von Menschen auf einem kontemplativen Weg. Etwas Ähnliches gilt für den ausgiebigen Rückgriff auf klassische Texte christlicher Spiritualität. Die spirituelle Lesung solcher Texte gehört seit Langem zu meinem Alltag. Die Erfahrung, dass das Trinken an diesen alten Quellen zu heutiger spiritueller Praxis ermutigt und sie befruchtet, hat sich in Lektüreseminaren an der THC und der Universität Freiburg sowie im Rahmen des MAS-Lehrganges Christliche Spiritualität – Quellen, Geschichte und heutige Praxis vielfach bestätigt.
Für die Veröffentlichung habe ich das Skript gründlich überarbeitet und ergänzt. Ich danke den Herausgebern dieser |10| Reihe für ihre intensive Lektüre und die vielen Anregungen zur Verbesserung des Textes. Ein besonderer Dank gilt meiner Frau Dr. phil. Ingeborg Peng-Keller, die das Entstehen dieses Buchs in seinen verschiedenen Phasen ermutigend begleitet und dazu beigetragen hat, dass ein breites Spektrum heutiger Lebenswirklichkeit darin eingeflossen ist.
Zürich, 24. Dezember 2011
Simon Peng-Keller
|11| Einleitung
Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit Quellen und den gegenwärtig gelebten Formen christlicher Spiritualität. Durch ihren theologisch-wissenschaftlichen Charakter unterscheidet sich die Theologie des geistlichen Lebens von einer praktisch orientierten Hinführung zum Geheimnis des Glaubens und kann eine solche nicht ersetzen. Sie beschränkt sich auch nicht auf eine einzige Gestalt und Ausprägung christlicher Spiritualität, sondern hat die Aufgabe, die geschichtlich gewachsene Vielfalt in ihren Hauptströmen zu erschliessen und die farbige Fülle, durch die sich die Lebenswelt des Glaubens auszeichnet, zur Anschauung zu bringen. Als systematisch-theologisches Fach bleibt sie nicht bei der Erkundung und Darstellung von vergangenen und gegenwärtigen Formen christlicher Spiritualität stehen, sondern fragt auch nach den wesentlichen Merkmalen und Orientierungspunkten für ein Leben aus dem Geist Jesu und sucht nach Kritierien, die zur Rechenschaft über den eigenen geistlichen Lebensvollzug dienen können.
Sowohl die historisch-hermeneutische als auch die systematisch-kriterielle Aufgabe der Theologie des geistlichen Lebens kann nicht von «nirgendwo» her betrieben werden. Zur wissenschaftlichen Selbstreflexion gehört es, sich über die unumgänglichen Festlegungen und perspektivischen Eingrenzungen Rechenschaft zu geben. Das vorliegende Buch versteht sich als Ergänzung zu meiner 2010 in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt erschienenen Einführung in die Theologie der Spiritualität, die in einer stärker verobjektivierenden Zugangsweise einen Einblick in die aktuellen Diskussionen dieses Faches vermittelt. Der vorliegende Band versucht demgegenüber eine eigene Synthese. Ich werde darin stärker mit eigener Stimme sprechen und vermehrt eine metaphorische Sprachform wählen, die nicht nur anschaulicher ist als die begriffliche, sondern auch ihre eigene Präzision und Wahrheit besitzt.1
|12| Es sind drei Leitgedanken, die den vorliegenden Entwurf bestimmen. Sie bilden ein dreifarbiges Geflecht: Der erste Leitgedanke trägt der Einsicht Rechnung, dass der Mensch durch den Glauben an den im Christusereignis sich offenbarenden Gott Heil und Heilung erfährt – nicht durch irgendwelche Werke und Eigenleistungen, seien sie noch so «spirituell». Und auch dieser Glaube ist noch Geschenk. Es ist der Heilige Geist, der uns den Glauben «nahelegt», klassisch formuliert: ins Herz einsenkt, indem er es mit seiner Liebe erfüllt