Eine spanische Eröffnung. Harald Kiwull
Ich entschloss mich, mit dem eigentlichen Knüller herauszurücken. „Und ich plane auch jetzt hier einen Einbruch. Deswegen habe ich mir das Werkzeug schicken lassen.“
Um ihr keine Zeit für eine Antwort zu lassen, erklärte ich, dass ich den Kerlen ausgeliefert sei, wenn ich nicht Näheres über sie in Erfahrung bringen würde. Wahrscheinlich handelte es sich bei den beiden auch nur um die Handlanger. Ich müsste unbedingt versuchen herauszubekommen, wer und was dahinter steckt. Und dafür müsste ich bei ihnen in ihre Unterkunft. Müsste sie durchsuchen in der Hoffnung, dass ich etwas finde, aus dem ich Rückschlüsse ziehen kann.
Ich hielt erschöpft inne.
Nach einer Pause sagte ich: „Aber dafür muss ich sie erst mal finden.“
Paquita lehnte sich zurück, breitete die Arme nach beiden Seiten aus und grinste verschmitzt. „Dafür hast du ja schließlich mich!“
Ich fand, dass sie sich ziemlich schnell beruhigt hatte. Wohl doch eine Abenteurernatur. „Sag bloß? Hast du die beiden aufgestöbert? Ich kann es nicht glauben. Du hattest doch kaum Zeit dafür.“
Jetzt lehnte sie sich zu mir vor.
„Um ehrlich zu sein, nicht ich allein. Ich habe meine sämtlichen Kollegen mobilisiert. Paco aus Peñíscola, Joaquin aus Torreblanca und Ana aus Alcala de Xivert. Alle auf ihren Postmotorrädern. Die habe ich auf die deutsche Bande angesetzt! Die ganze Post im Umkreis!“
Sie blickte mich erwartungsvoll an.
Ich war sprachlos. Paquita aber platzte beinahe vor Stolz.
Schließlich fasste ich mich. „Paqui, was hast du, um Himmels Willen, deinen Kollegen erzählt? Das gibt doch einen Riesenärger, wenn die Typen irgendwas spitz gekriegt haben!“
Paquita wedelte beruhigend mit der Hand. „Keine Sorge. Ich habe denen gesagt, dass dein Auto vor der Post ein bisschen angefahren worden ist, eine Schramme, und ein schwarzer Mercedes mit deutschem Kennzeichen hat vorher daneben gestanden. Du bist ein Freund von mir und wolltest das klären. Sie sollten beim Herumfahren einfach nur aufmerksam sein.“
Zufrieden lehnte sie sich zurück.
„Wenn ich das in Karlsruhe erzähle, glaubt es mir kein Mensch“, stöhnte ich. „Der Karlsruher Landrichter Knall verursacht die Bildung einer speziellen kriminellen, motorisierten Vereinigung mittels Unterwanderung der gesamten Post an der Costa Azahar, die ,banda correos criminal‘“.
Paquita kicherte vor sich hin. „Ja, genau!“
Ich riss mich zusammen. „Also, was haben deine Komplizen feststellen können?“
„Joaquin war erfolgreich. Er fährt Torreblanca und Umgebung ab, auch Torrenostra am Meer. Und dort hat er tatsächlich den Mercedes in einer Einfahrt vor einem Haus gefunden.“
Ich kannte Torrenostra. Von Alcossebre aus war ich oft auf dem Fahrrad auf kleinen Wegen durch die Orangen- und Mandarinenfelder mit den goldglänzenden, reifen Früchten gefahren. Nicht sehr weit, eine wunderbare Tour, immer mit Blick aufs Meer. Im letzten Jahr hatten sie unvermittelt alle Bäume abgeholzt und riesige Reklameschilder für einen geplanten Golfplatz samt Apartmenthäusern aufgestellt. Na bravo! Die Verwirklichung des Vorhabens stand natürlich wie üblich absolut in den Sternen. Erfreulicherweise!
Ich konzentrierte mich wieder. Diese spanische Bausünde hatte ja nun wirklich nichts mit meinem Problem zu tun.
„Es ist ein altes Haus nahe beim alten Turm, dem ,Torre Vigía‘, an der Strandpromenade“, setzte sie den Satz fort und sah mich stolz an. „Ich bin keine schlechte Assistentin, oder?“ Ihre Augen strahlten. „Ich glaube, jetzt ist ein Cava fällig!“
Schon sprang sie die Treppe hinauf und war nach wenigen Augenblicken mit einer Flasche „Anna de Codorníu“, einem spanischen Sekt, und zwei Gläsern zurück, feucht beschlagen, offenbar direkt aus dem Eisfach.
Nach zwei herrlichen Schlucken blickte ich auf die wunderbaren, etwas bauchigen, altertümlichen Gläser. „Auch in den Räumen, die ich gerade bei dir bewohne, stehen überall fast historische Gegenstände herum. Eine Glasvitrine ist voll mit altem Zeug: Faustkeile, kleine Steinfiguren, alte Teller und Schalen. Hast du das gesammelt?“
Ich merkte, dass meine Frage ihre Stimmung beeinträchtigte. „Entschuldige, dass ich neugierig bin. Das geht mich ja wirklich nichts an.“
„Nein, nein. Es ist doch klar, dass dich das interessiert“, sagte sie leise und sprach dann weiter: „Meine Eltern sind bei einem Unfall ums Leben gekommen, auf dem Weg zum Flugplatz nach Barcelona. Sie hatten einen Flug nach Vietnam gebucht.“
Sie sah mich traurig mit ihren schönen Augen an. „Tödlich verunglückt vor einem Flug um die halbe Welt auf den paar Kilometern mit dem Auto, wirklich absurd. Mein Vater wollte dort an Ausgrabungen teilnehmen, er hat für einen Archäologen gearbeitet.“
Als sie merkte, dass ich sie etwas erstaunt ansah, riss sie sich zusammen, nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas und blickte nachdenklich über das Meer.
Schließlich wandte sie sich mir zu und grinste. „Ja, Paquita und das Postmotorrad ist nun wieder eine ganz andere Geschichte.“
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