Vermintes Gelände. Eine Streitschrift gegen den Mainstream der deutschen Integrationsdebatte. Stefan Böckler
ibidem Verlag, Stuttgart
Einen Menschen aber, der die Wissenschaft einem nicht aus ihr selbst (wie irrtümlich sie immer sein mag), sondern von außen, ihr fremden, äußerlichen Interessen entlehnten Standpunkt zu akkommodieren sucht, nenne ich „gemein“. (Karl Marx 1861-1863: 771)
Es handelt sich um ein Thema, das mit Ängsten und manchmal auch mit Abwehrhaltungen verbunden ist, die mehr oder weniger irrational unseren öffentlichen Diskurs verwirren. … Und darum ist es wichtig, dass wir eine rationale, auf Fakten gestützte Debatte zur Norm machen. (Joachim Gauck 2013 in Bezug auf die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien)
Inhaltsverzeichnis
Einleitende Bemerkungen
Wer schreibt?
Warum eine Streitschrift? Warum ein Essay?
An und gegen wen richtet sich der Text?
Was sind die zentralen Anliegen des Textes?
I. Does culture matter? Dogmen, Paradoxien und Fehlschlüsse der Kulturalismuskritik
Interkulturelle Belange ohne Kultur?
Du sollst meinen Namen nicht nennen (und Dir schon gar kein Bildnis von mir machen)
Terminologischer Exkurs: zur Definition zentraler Begriffe
Ethnisierung online und offline oder von der Scheinheiligkeit von Integrationsdiskursen
Ein etwas schlichtes Weltbild oder: die Alleinverantwortlichkeit des Sozialen
Den Wald vor lauter Bäumen nicht oder von Äpfeln und Birnen
Kind mit dem Bade: weitere Dekonstruktionsversuche
Dogmen, Fehlschlüsse und Paradoxien ‚erster Ordnung‘
II. Schuld ist immer die Mehrheitsgesellschaft: Was sein soll, muss auch sein
Zwei Einseitigkeiten machen noch keine Zweiseitigkeit
(Fast) alle Antiziganisten? Zum politischen Missbrauch wissenschaftlicher Forschungsergebnisse
Alles Rassismus? Zum inflationären Gebrauch eines Terminus
Vorurteile gegenüber Vorurteilen, oder: ihre Unvermeidbarkeit und ihr möglicher wahrer Kern
Worum ging es und was folgt daraus?
Einleitende Bemerkungen
Wer schreibt?
30 Jahre Leben in bi-kulturellen familiären Zusammenhängen und 15 Jahre Leben und Arbeiten in einem anderen europäischen Land haben die Beziehungen zwischen Angehörigen verschiedener Herkunftsgruppen zum ‚Lebensthema‘ des Autors dieses Textes werden lassen. Mehr als 25 Jahre wissenschaftliche Beschäftigung mit solchen Beziehungen haben dieses Thema darüber hinaus auch zu seinem beruflich dominierenden Betätigungsfeld gemacht: In unterschiedlichen nationalen/regionalen Kontexten und in Bezug auf unterschiedliche Herkunftsgruppen hat er sich sowohl grundlagentheoretisch als auch empirisch intensiv mit diesem Thema befasst. Auf Basis solcher lebensgeschichtlichen Erfahrungen und wissenschaftlichen Studien hat er unvermeidlich Grundüberzeugungen darüber entwickelt, welche Rolle solche Beziehungen im Zusammenleben von Menschen spielen und welche Faktoren Einfluss auf sie nehmen.
Warum eine Streitschrift? Warum ein Essay?
Diese Grundüberzeugungen sind mit der Zeit immer deutlicher in Gegensatz zu den in seinem beruflichen und privaten Umfeld vertretenen Überzeugungen geraten, was Anlass für vielfältige Diskussionen und einschlägige Publikationen gegeben hat. Die Resonanz auf diese Interventionen war durchweg enttäuschend: Entweder wurden sie überhaupt nicht wahrgenommen oder trafen bei den Adressaten auf keinerlei Bereitschaft, die eigenen Überzeugungen zu überprüfen. Wenn man über Jahrzehnte hinweg dieselben aus der eigenen Sicht überzeugenden Argumente ins Feld führt und auf derartige Reaktionen stößt, baut sich unvermeidlich einiger Ärger auf, dem im Folgenden in entsprechendem Ton öffentlicher Ausdruck gegeben werden soll – selbstverständlich auf Basis der Annahme, dass die gelieferten Argumente jenseits eines solchen persönlichen Ärgers auch für andere mit diesem Thema Befassten zu einem besseren Verständnis der Probleme und Perspektiven von Integrationsprozessen beitragen.
Dass die daraus hervorgegangene ‚Streitschrift‘ die Form eines Essays angenommen hat, hängt mit den spezifischen Möglichkeiten zusammen, die dieses literarische Genre bietet. In gedrängter Form erlaubt es eine Entfaltung und Zuspitzung von Thesen, ohne in jedem Fall einen umfassenden und systematischen empirischen Beleg (in diesem Fall an der Literatur- und Diskussionslage) erbringen zu müssen1. Tatsächlich hätte eine im strengen Sinne wissenschaftlich-akademische Beschäftigung mit der Vielfalt der angesprochenen Aspekte des Integrationsdiskurses den Rahmen einer einzelnen Publikation mit Sicherheit