Big Ideas. Das Management-Buch. Philippa Anderson
1994 Die Fortschrittsfalle
EINE FÜHRUNGSKRAFT KENNT DEN WEG, WEIST DEN WEG UND GEHT MIT
EFFEKTIVE FÜHRUNG
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Führung
WICHTIGE DATEN
1520er-Jahre Der italienische Diplomat Niccolò Machiavelli schreibt in seinem Buch Der Fürst über die Gefahren für Führungspersönlichkeiten in der Politik.
1916 In dem Werk Administration Industrielle et Générale definiert Henri Fayol Führungskräfte: Sie haben Mut zur Verantwortung und leben ihren Mitarbeiter dies vor.
um 1950–1970 Es herrscht ein autoritärer Managementstil (Befehl und Kontrolle) vor. Charismatische Führungspersönlichkeiten dominieren die Organisationen.
um 1980–2000 Leadership-Vordenker wie Warren Bennis rufen zu einer Führung auf, die auf Integrität, Vertrauen und der Fähigkeit, Veränderungen umzusetzen, beruht.
Seit Jahrhunderten versuchen Forscher, einen bestimmten Stil sowie typische Eigenschaften und Charakterzüge guter Führungspersönlichkeiten zu bestimmen. Wie effektive Führung auszusehen hat, ist trotz vieler Studien umstritten, nur in einem Punkt herrscht weitgehend Einigkeit: Sie erfordert nicht nur Intelligenz, sondern auch Tatkraft.
Führungskräfte können sich nicht allein auf ihr Charisma verlassen. Zwar ist diese Eigenschaft nützlich – Henry Ford etwa war für seinen charismatischen Stil berühmt –, aber häufig stimmen die Worte und Taten dieser Menschen nicht überein. Starke Führungskräfte übergeben ihren Mitarbeitern kaum Verantwortung. Sie kontrollieren zu sehr, sodass die Mitarbeiter ihre Arbeit als unbefriedigend empfinden. Zudem wird der Erfolg der Organisation oft allein der Führung zugeschrieben. Dies kann sich dann als Fluch entpuppen, wenn eine Führungskraft eine Lücke hinterlässt, die niemand füllen kann. Es ist wohl schmeichelhaft, als Held gefeiert zu werden, aber echte Führungspersönlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Fähigkeit der Organisation stärken, sich laufend zu verändern. Darauf beruht dauerhafter Erfolg.
Persönliches Engagenment in allen Bereichen bis hin zur Fertigung ist für effektive Führung wichtig. Daher lässt sich Ghosn regelmäßig bei allen seinen Mitarbeitern sehen und hält Kontakt.
Effektiv sein
Gute Führungskräfte strahlen Selbstsicherheit aus und sind offen und empathisch. Sie wecken die Fähigkeiten anderer Menschen, indem sie mit ihnen arbeiten, sprechen, ihnen zuhören, sie weiterentwickeln und Vertrauen aufbauen. Sie erlangen ihre Glaubwürdigkeit nicht durch Herrschaft, sondern durch Kooperation. Doch vor allem müssen sie die Kunst beherrschen, andere zu Leistungen zu befähigen.
Einer der effektivsten Unternehmensführer ist derzeit Carlos Ghosn, der CEO von Renault und Nissan. Ein Jahr nach seiner Ernennung 1999 war Nissan wieder rentabel. Der Firma gelang eine der dramatischsten Kehrtwendungen in der jüngeren Geschichte, dieser Erfolg wird Ghosn zugeschrieben.
Als effektive Führungskraft vertritt Ghosn die Überzeugung, dass Führung »durch praktische Arbeit« erlernt wird. Als CEO besuchte er alle Betriebe und schüttelte jedem Mitarbeiter persönlich die Hand. Auch heute sieht man ihn noch oft in der Fertigung. Ghosn ist davon überzeugt, dass Integrität und Vertrauen nur entstehen, wenn Führungskräfte mit den Arbeitern in Kontakt bleiben und sich auch »die Hände schmutzig machen«.
Verantwortung übertragen
Führungskräfte müssen eine starke Vision kommunizieren, vor allem geht es jedoch darum, den Mitarbeitern eigene Entscheidungen zu erlauben. In großen, diversifizierten Organisationen kann und darf der Leiter nicht alles entscheiden. Vielmehr muss er andere in die Lage versetzen, Veränderungsbedarf zu erkennen und Neuerungen umzusetzen. Der Erfolg von Nissan beruht nach allgemeiner Ansicht auch darauf, dass Ghosn interkulturelle Teams führen kann. Ghosn selbst sagt, dass zum Führen das Zuhören und Mitfühlen gehöre. Dies bezieht er auf alle Mitarbeitern, insbesondere auf die aus anderen Ländern und Kulturen.
Die wichtigste Erkenntnis von Ghosn lautet: Führungskräfte, die effektiv arbeiten, setzen Visionen in Taten um. Dazu brauchen sie mehr als gute Rhetorik, sie müssen den Weg kennen und ihn zusammen mit den Mitarbeitern gehen.
»Das Universum belohnt nicht Gedanken, sondern Taten.«
Russell Bishop Management-Berater
Carlos Ghosn
Carlos Ghosn (geb. 1954) ist französisch-libanesischer Brasilianer. Er begann seine Laufbahn bei Michelin und wechselte 1996 zu Renault. Im Jahr 1999 wurde er CEO von Nissan, nachdem Renault einen großen Anteil an der schwächelnden japanischen Firma erworben hatte. Damals hatte Nissan 20 Mrd. Dollar Schulden und nur drei der 48 Fahrzeugmodelle erwirtschafteten Gewinne. Ghosn wollte zurücktreten, sollte die Firma nicht bis Jahresende Gewinne bringen. Entgegen japanischer Gepflogenheiten strich er 21 000 Stellen und schloss unrentable Standorte. Drei Jahre später war Nissan einer der profitabelsten Autohersteller mit einer operativen Gewinnspanne von über neun Prozent – mehr als der doppelte Branchendurchschnitt.
Nach dieser Wende, die als eine der großartigsten der Geschichte gilt, bezeichnete die Zeitschrift »Forbes« Ghosn 2011 als den »fleißigsten Manager der Autoindustrie«.
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