Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore
mein Gehirn diesen Song aus
Hallo, ich liebe dich
Willst du mir nicht deinen Namen sagen
Hallo, ich liebe dich
Lass mich bei deinem Spiel mitmachen
Der Gehweg duckt sich unter ihren Füßen
Wie ein Hund, der um Süßes bettelt
Hoffst du etwa, sie anmachen zu können, hau ab, du Narr
Hoffst du, dieses dunkle Juwel rupfen zu können
Hallo, hallo, hallo.)
„Könntest du mich zu Rosannas Appartement in Beverly Hills fahren? Ich muss hier mal für ein paar Tage raus“, bat mich Jim.
„Wer is denn Rosanna?“, fragte ich, als wir zum Wagen gingen.
„So’n Mädchen. Studiert Kunst auf der UCLA.“
„Oh-oh!“ stichelte ich.
Ich bog von Rays Bude aus nach links in die Ocean Avenue ab.
„Es liegt abseits von Charlieville, in einem dieser spanischen Doppelhäuser.“
„Gut.“
Jim schellte an der Tür.
„Oh, du bist’s. Komm rein.“ Die attraktive, langhaarige Blonde klang überrascht. Anscheinend hatte Jim vorher nicht angerufen. „Das ist John.“
„Hi.“
„Hi.“
Jim steuerte geradewegs auf den Küchentisch zu, entnahm ihm einen Beutel Grass und begann, Joints zu rollen. Er benahm sich, als wäre er dort Zuhause.
Rosanna quittierte dies mit spitzem Sarkasmus. „Bedien’ dich nur, Jim.“ Hatte Jim etwa seinen Meister gefunden? Anscheinend hatte sie Spaß an der verbalen Neckerei.
„Ich komm’·gleich wieder zurück“, sagte ich, weil ich mich von der sich aufbauenden Stimmung beengt fühlte.
Ich fuhr in dem Einkaufsbezirk herum und hielt an einem Getränkeladen, um Apfelsaft zu kaufen. Wollte Jim dort übernachten? Ich beschloss, das Ganze auf dem Nachhauseweg nochmals zu prüfen.
Die Tür ging bei meinem Klopfen von alleine auf, anscheinend hatte jemand sie nicht vollständig geschlossen. Ich stieß sie ganz auf und sah Jim im Wohnzimmer stehen, wie er mit einem langen Küchenmesser auf Rosannas Magengegend zielte. Einige Knöpfe sprangen von ihrer Bluse ab, als Jim ihr den Arm auf den Rücken drehte.
Mein Puls verdreifachte sich.
„Was ist denn hier los?“, rief ich, um die Situation zu entschärfen. „Eine ziemlich ungewöhnliche Art, jemanden zu verführen, Jim.“
Jim schaute mich überrascht an und ließ Rosanna los. „Wir hatten nur ’n bisschen Spaß.“
Rosannas Gesichtsausdruck wandelte sich von Furcht und Wut zu Erleichterung. Jim legte das Messer weg.
Ich bin in einer Band mit einem Psychopathen. ICH BIN IN EINER BAND MIT EINEM PSYCHOPATHEN!
Ich bin im selben Raum mit einem Psychopathen.
„Äh, ich muss jetzt weg … willste mit?“
„Nee.“
Ich verschwand wie ein Blitz. Ich sorgte mich um Rosanna, aber noch mehr sorgte ich mich um meine eigene Person. In dem Raum lag sowohl eine sexuelle Spannung als auch ein Geruch von Gewalt. Deswegen floh ich. Wie benommen kam ich bei meinem Elternhaus an. Warum musste in meiner Band ein Verrückter sein? Ich hätte mich gerne jemandem mitgeteilt, meinen Eltern, irgend jemandem, aber ich wusste, es war unmöglich. Die Doors waren mein einziges Sprungbrett aus der Familie heraus in eine eventuelle Karriere von etwas, das ich mochte. Hätte mir jemand, den ich über diesen Vorfall informiert hätte, gesagt, ich sollte lieber die Band verlassen – mir wäre keine Wahl geblieben. Die Schule bot keine Alternative und es gab nichts anderes, was mich interessiert hätte. Ich versuchte, den Vorfall mit dem Messer zu vergessen. Aber solche Dinge kommen immer dann zurück, wenn man nicht damit rechnet. Ein juckender Hautausschlag bildete sich auf meinen Beinen und wurde chronisch.
Something’s wrong, something’s not quite right
Touch me, babe, all through the night.
(Irgendwas stimmt nicht, irgendwas ist nicht ganz richtig
Berühre mich, Baby, die ganze Nacht lang.)
*
„Wir brauchen mehr Material“, sagte Jim während einer Session im Dezember ’65. „Heute abend soll jeder zu Hause einen Song schreiben. Nehmt allgemeine Metaphern anstelle von spezifischen. Erde, Luft, Feuer, Wasser.“
Nichts Großartiges passierte bei der Probe am nächsten Tag. Doch gleich nach dem Neujahrstag geschah etwas in Robbys Elternhaus in Pacific Palisades. Wir trafen nachmittags ein, weil wir an jenem Tag nicht Hanks Raum für die Probe benutzen konnten.
Robby begrüßte uns an der Tür mit einem für ihn ungewöhnlichen Enthusiasmus. „Ich hab’ einen neuen Song, meinen ersten Song und ich bin sicher, er wird ein Hit!“ sprudelte er, während er uns ins Wohnzimmer führte, wo wir proben sollten.
Jim sagte: „Ich habe auch einen.“ Ray und ich schwiegen.
Robby schnappte sich seine Gitarre, entlockte ihr einige ins Ohr gehende Akkorde und sang dazu die Anfangszeilen, die tatsächlich wie eine Hitsingle klangen. Der Song klebte in der Erinnerung, sobald man ihn einmal gehört hatte.
Alle nickten. „Yeah, yeah, toll, toll, Robby!“
Dann sang Jim seinen neuen Song a cappella.
This is the end, beautiful friend
This is the end, my only friend, the end
Of our elaborate plans, the end
Of everything that stands, the end
No safety or surprise, the end
I’ll never look into your eyes again.
(Dies ist das Ende, wunderschöne Freundin
Dies ist das Ende, meine einzige Freundin, das Ende
Von all unseren wohldurchdachten Plänen, das Ende
Von allem, was Bestand hat, das Ende
Keine Sicherheit und kein Staunen mehr, das Ende
Ich werde dir nie wieder in die Augen schauen.)
Ein Frösteln kroch mir das Rückgrad hoch. Das war nicht nur ein Text, das war ein Epitaph. Er mag ein Dichter sein, aber er klammerte sich an den Tod. Wundervolle Lyrik … aber sie macht mich traurig.
Robby hatte versucht, im Hintergrund einige Griffe dazu zu finden, schüttelte aber den Kopf. „Für den Song muss ich meine Gitarre anders stimmen“, meinte er. „Ich würde gerne dafür eine sitarähnliche Gitarrenstimmung finden.“
Lasst uns zuerst an deinem Song arbeiten“, schlug Ray vor und nickte Robby zu. „Du kannst danach deine Gitarre umstimmen.“
Sofort war die alte Energie wieder da. lch spielte einen Latinbeat auf meinen Drnms. „Wie wäre es mit einem Schuss Jazz?“ schlug ich vor.
Ray und Robby nickten einander zu. Ray beugte sich über seine Orgel und versuchte, ein Intro zustande zu kriegen.
„Da-dada-da-da – Scheiße. Da-dada-da-da-da – Scheiße. Da-dada-dada-da-da. Verdammt.“
Die nächsten zehn Minuten lang brütete Ray über dem Intro nach, während wir anderen eine Pause machten. Ich ging in die Küche, vergewisserte mich, dass niemand in der Nähe war und klaute eine Handvoll Pepperidge Farm’s Bordeaux-Kekse aus dem Schrank. Robbys Mutter wusste, dass ich danach süchtig war und zeigte deswegen immer große Nachsicht, wenn wieder Kekse fehlten.
„Mein Dad meint, dass ‚The Doors‘ der schlechteste