Please Kill Me. Gillian McCain

Please Kill Me - Gillian McCain


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County –, und es spielte auf Fire Island. Das Stück war episodisch und hatte keine eigentliche Handlung. Am Ende wurden alle getötet, weil die Regierung beschlossen hatte, Fire Island mithilfe von Schlacht­schiffen in die Luft zu jagen. Andy Warhol liebte das Stück. Seiner Meinung nach war es genial, und er sagte zu Regisseur Tony Ingrassia: „Ich habe Ton­bandaufnahmen gemacht …“

      Das war natürlich nicht anders zu erwarten, denn Andy machte von allem Tonbandaufnahmen. Er stand immer mit seinem kleinen Tonbandgerät da und zeichnete jedes Telefongespräch und jedes einzelne Wort auf, das an ihn gerich­tet wurde. Deshalb hatte Andy unzählige Kartons mit Tonbandcassetten, und er sagte zu Tony Ingrassia: „Daraus lässt sich bestimmt ein prima Stück machen.“ Tony fragte ihn:„Ja, aber was soll ich damit anfangen?“ Andy gab ihm die Kartons und meinte: „Oh, ich bin mir sicher, dass du darin einiges an gutem Material finden wirst.“

      Was Tony dann auch tatsächlich tat. Er ging die Cassetten durch und stieß auf einige sehr interessante Gesprächsfetzen, hauptsächlich aus Telefongesprä­chen, und nahm sie als Grundlage für ein Stück namens Pork. In dem Stück trat ein Schauspieler auf, der Andy Warhol darstellte und in einem öden weißen und sterilen Krankenhausflur im Rollstuhl saß. Um ihn herum waren die anderen Schauspieler gruppiert und telefonierten mit weißen Telefonen. Mit Pork war natürlich Brigid Polk gemeint. Die Vulva stellte Viva dar, und sie sollte am Tele­fon mit Andy sprechen und Sachen sagen wie: „Andy, hast du dir schon jemals Gedanken über Affenscheiße gemacht? Hast du eine Ahnung, wie Affenscheiße aussieht? Hat schon mal irgendjemand Affenscheiße gesehen? Ich denke, dass Zoowärter wissen, wie Affenscheiße aussieht. Ich habe bislang noch nie Affen­scheiße gesehen, aber was ist mit Kuhscheiße, ist Kuhscheiße nicht …“

      Jayne County: In Pork ging es hauptsächlich um eine Figur, die Brigid Polk dar­stellte und sich ständig nur Speed spritzte und in einer Tour quatschte. Alle anderen Schauspieler liefen immer nur um sie herum und sprachen über ihren Fetischismus und ihre Perversionen. Jane Callalots, die ebenfalls in Heaven Grand in Amber Orbit mitgespielt hatte, verkörperte Paul Morrissey. Sie schob die Figur des Andy, die von Tony Zanetta gespielt wurde, auf einem gewöhnli­chen Stuhl, an dem Rollen angebracht waren, durch die Gegend. Er saß einfach nur auf diesem Stuhl und sagte ständig: „Ähem, aaah.“

      Leee Childers: Ja, darum ging es hauptsächlich in diesem Stück. Ich habe bei beiden Inszenierungen als Regieassistent gearbeitet – das Stück lief sechs Wochen in New York und sechs Wochen in London. In London hat die Inszenierung allerdings einen Riesenskandal ausgelöst. Wir waren ja damals ziemlich naiv und hatten keinen blassen Schimmer von der Londoner Regenbogenpresse. Als Geri Miller für eine Fotosession vor dem Haus von Queen Mom posierte und plötz­lich ihre Titten rausholte, wurde sie auf der Stelle verhaftet. Das Foto wurde in allenKlatschblätternauf dererstenSeitegebracht:„PORNOSCHAUSPIELERIN VON PORK LÄSST VOR DEM HAUS DER KÖNIGINMUTTER DIE TITTEN RAUSHÄNGEN!“ Und dann wurde sie von allen Zeitungen zitiert:„WAS SOLL AN TITTEN SO SCHLIMM SEIN? DIE KÖNIGIN HAT DOCH SCHLIESS­LICH SELBER WELCHE!“

      Wir waren wirklich das Medienereignis schlechthin und wussten es noch nicht einmal, aber Cherry Vanilla hatte die geniale Idee, dass wir uns als auf Rock ’n’ Roll spezialisierte New­Yorker Journalisten ausgeben könnten. Cherry war die Einzige, der klar geworden war, dass wir in London ein paar Betrüge­reien abziehen könnten. Sie kontaktierte einen der Herausgeber der Zeitschrift Circus, und der sagte ihr: „Okay, macht, was ihr wollt, und benutzt von mir aus meinen Namen, aber wenn mich jemand anruft, weiß ich von nichts.“

      Also haben wir uns als Rock ’n’Roll­Journalisten von Circus ausgegeben – Cherry war die Schreiberin, ich war der Fotograf, und es funktionierte auf wun­dersame Weise. Wir kamen in jede Garderobe und bekamen jede Woche den New Musical Express und haben geschaut, wer wo Konzerte gab. Natürlich sind wir in alle Konzerte gegangen. Wir haben sie wirklich alle gesehen: Marc Bolan, Rod Stewart …

      Dann habe ich eine winzige Anzeige entdeckt, kaum größer als zwei oder drei Quadratzentimeter: „David Bowie im Country Club.“ Ich hatte einen Arti­kel von John Mendelssohn über ihn gelesen, also erzählte ich, ich hätte gehört, er würde in Frauenkleidern durch die Gegend laufen.„Das ist ja geil, den Typen werden wir uns anschauen.“ Also riefen wir an und wurden auf die Gästeliste gesetzt – ich, Cherry und Wayne County. Es war ein winziger Club, und ich denke, es waren nicht mehr als dreißig Leute im Publikum. Mein erster Ein­druck von David Bowie war nicht sehr positiv. Ich dachte nur: „h Mann, was für eine Enttäuschung. Was für ein Langweiler.“ Er trug gelbe Schlaghosen und einen großen Hut.

      Jayne County: Wir hatten gehört, dass dieser David Bowie angeblich androgyn sein soll, aber dann kam er auf die Bühne. Er hatte lange Haare und trug diese komischen Folkklamotten. Dann setzte er sich auf einen Stuhl und spielte Folk­songs. Wir waren alle total enttäuscht von ihm. Wir schauten ihn an und sag­ten: „Jetzt seht euch diesen alten Folkhippie an!“

      Wir saßen im Publikum mit unseren schwarz lackierten Fingernägeln und unseren gefärbten Haaren. Damals gab es noch nicht diese grellen, leuchtenden Punkfarben, aber Leee Childers hatte diese Magic Marker entdeckt und sich damit seine Haare in allen möglichen Farben angemalt. Irgendwann sagte David Bowie: „Und die Leute von Andy Warhols Pork sind heute Abend auch hier. Steht bitte mal auf.“ Also mussten wir alle aufstehen – Cherry stand auf, zog ihr Oberteil aus und wackelte mit ihren Titten. Es war großartig. Wir sorgten über­all für einen Skandal.

      Leee Childers: David war eine herbe Enttäuschung, aber wir liebten seine Frau Angela Bowie heiß und innig.Angie war laut, schwanger und völlig durchgeknallt. Sie fasste uns in den Schritt, lachte sich dabei kaputt und amüsierte sich.

      Wir unterhielten uns die ganze Zeit über Angie, aber nicht über David. Bereits am nächsten Abend luden wir sie in diese Schwulenbar namens Yours and Mine in Highgrove ein, und bei der Gelegenheit lernten wir David ein wenig näher kennen und erkannten seinen Sinn für Humor, und dann wurde er uns ziemlich sympathisch. Als wir England dann schließlich verlassen muss­ten, mochten wir ihn wirklich sehr.

      Jayne County: Natürlich haben wir David extrem beeinflusst, dass er sein Image ändert. Nachdem er uns kennen gelernt hatte, fing er an, sich anders zu stylen. Ich habe die rasierten Augenbrauen bei Jackie Curtis abgekupfert, und dann fing auch David an, sich seine Augenbrauen zu rasieren und seine Finger­nägel zu lackieren, er ging sogar mit lackierten Fingernägeln in die Nachtclubs, genau wie wir. Er hat sein Image total verändert und lief inzwischen ziemlich ausgeflippt herum.

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