Proverbi italiani. Judith Krieg
L’abitudine è una seconda natura.
D: »Gewohnheit ist eine zweite Natur.« L: »Consuetudo quasi altera natura.«
25. L’acqua cheta rovina i ponti.
cheto/a (reg.): still, ruhig. – D: »Stille Wasser sind tief.« / »Stumme Hunde und stille Wasser sind gefährlich.«
26. Acqua passata non macina più.
macinare: mahlen. – D: »Vorbei ist vorbei.« / »Der Schnee vom Vorjahr ist für immer dahin.« Vgl. Nr. 177, Nr. 306, Nr. 695 und Nr. 697.
27. [14]Ad ogni uccello suo nido è bello.
D: »Jedem Vogel gefällt sein Nest.« L: »Suum cuique pulchrum est.« (Cicero, Tusculanae disputationes)
28. Ad ognuno la sua croce.
D: »Jeder hat sein Kreuz zu tragen.« – Biblischen Ursprungs: »Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert.« (Matthäus 10,38)
29. Gli affari sono affari.
l’affare (m.): Geschäft. – D: »Geschäft ist Geschäft.« / »Der Handel kennt keine Freunde.« Vgl. Nr. 616.
30. Agosto, moglie mia non ti conosco.
Das Sprichwort hat mehrere Bedeutungsnuancen. Es spielt auf die Erschöpfung durch die Sommerhitze an, in der jeder Körperkontakt unangenehm ist, und heute auch auf den Sommerurlaub als Zeit der Freiheit von Verpflichtungen. Scherzhafter Titel eines Romans von Achille Campanile (1930).
31. Ai matti si dà sempre ragione.
il matto / la matta: Narr/Närrin, Verrückte(r). | dare ragione a qu: jdm. Recht geben. – D: »Man soll nicht mit dem Narren streiten.«
32. Aiuta i tuoi, e gli altri se puoi.
D: »Die eigene Haut ist einem am nächsten.« Das italienische Sprichwort zeugt vom Stellenwert der Familie, deren Interessen vor denen aller anderen gewahrt werden. Vgl. Nr. 667.
33. Aiutati che il ciel ti aiuta.
D: »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.«
34. [15]Al contadino non far sapere quant’è buono il formaggio con le pere.
Dieses Sprichwort hat mindestens zwei Bedeutungsnuancen. Die erste ist: Wer keine Gelüste wecken beziehungsweise nicht teilen will, sollte andere besser im Unklaren über den Wert beziehungsweise die positiven Seiten einer Sache halten. Historisch gesehen hängt das Sprichwort auch mit sozialer Abgrenzung zusammen: Vom Mittelalter an entdeckte der Adel die Kombination der beiden Nahrungsmittel für sich, sie stand nun für einen raffinierten, exklusiven Geschmack. Zum historischen Kontext gehört ebenfalls, dass Bauern häufig ihre Erzeugnisse an den Gutsherrn abgeben mussten. Das Sprichwort bedeutet also auch: Wer Untergebene ausnutzen will, wird sie möglichst unwissend haltend. Vgl. Nr. 867.
35. Al cuor non si comanda.
D: »Liebe und Singen lässt sich nicht zwingen.« Vgl. Nr. 817.
36. Al nemico che fugge ponti d’oro.
D: »Dem fliehenden Feinde baue goldene Brücken.«
37. Al peggio non c’è mai fine.
il peggio: Schlimmste(s). – D: »Ein Unglück kommt selten allein.« Vgl. Nr. 291 und Nr. 448.
38. Al primo colpo non cade la quercia.
il colpo: Schlag. | la quercia: Eiche. – D: »Es fällt keine Eiche vom ersten Streiche.« Sinn: Wer etwas erreichen will, sollte nicht zu schnell aufgeben.
39. L’albero si conosce dal frutto.
D: »Den Baum erkennt man an den Früchten.« Biblischen Ursprungs: »Denn an der Frucht erkennt man den Baum.« (Matthäus 12,33) Vgl. Nr. 90, Nr. 148, Nr. 440, Nr. 666.
40. [16]All’assente ed al morto non si deve far torto.
l’assente (m./f.): Abwesende(r). | far torto: Unrecht tun/geben. – D: »Über die Toten soll man nur Gutes reden.« L: »De mortuis nihil nisi bene.«
41. L’allegria fa bello il viso.
D: »Das Herz freut sich, das Antlitz blüht.«
42. Ambasciator non porta pena.
l’ambasciatore: hier: Bote. | la pena: Leid, Kummer. – D: »Der Gesandte ist unverletzlich.« Sinn: Der Überbringer einer Nachricht kann und sollte nicht für deren Inhalt verantwortlich gemacht werden. Diesem Grundsatz entspricht die diplomatische Immunität.
43. L’amicizia riconciliata è una piaga mal saldata.
riconciliare: wieder aus-, versöhnen. | la piaga: Wunde. | saldare: verheilen, zusammenwachsen. – D: »Geflickte Freundschaft wird nimmer wieder ganz.« Vgl. Nr. 757.
44. L’amore è cieco.
cieco/a: blind. – D: »Liebe macht blind.« L: »Amor caecus.«
45. L’amore e la tosse non si possono nascondere.
nascọndere: verstecken. – D: »Lieben und Husten lässt sich nicht verbergen.«
46. L’amore vince tutto.
D: »Liebe überwindet alles.« L: »Omnia vincit amor.« (Vergil, Eclogae)
47. Anche l’occhio vuole la sua parte.
D: »Das Auge isst mit.«
48. [17]Anno nuovo, vita nuova.
Das Sprichwort wird zum Jahreswechsel als Glückwunsch oder Vorsatz verwendet.
49. L’apparenza inganna.
ingannare: täuschen, trügen. – D: »Der Schein trügt.«
50. L’appetito vien mangiando.
D: »Der Appetit kommt beim Essen.« Vgl. Nr. 246.
51. Aprile, dolce dormire.
Sinn: Mit dem ersten warmen Wetter kommt auch die Frühjahrsmüdigkeit.
52. Aprile, ogni giorno un barile.
il barile: Tonne, Fass. – Sinn: Der April ist berühmt für seine starken Regenfälle, es regnet wie aus Kübeln. Vgl. Nr. 265.
53. Asino che ha fame mangia di ogni strame.
lo strame: Streu. – D: »In der Not frisst der Teufel Fliegen.« Vgl. Nr. 333 und Nr. 726.
54. Un asino trova sempre un altro asino che lo ammira.
D: »Kein Narr war je so dumm, er fand einen, der ihn für klug hielt.« L: »Asinus asinum fricat.«
55. Gli assenti hanno sempre torto.
l’assente (m./f.): Abwesende(r). | avere torto: Unrecht haben. – D: »Der Abwesende hat immer Unrecht.«
56. Avuta la grazia, gabbato lo santo.
la grazia: Gnade. | gabbare: hintergehen, prellen. – D: »Ist das Fest vorbei, so lacht man des Heiligen.« / »Wie das Gute empfangen, ist der Dank vergangen.«
[18]B
57. Bacco, tabacco e Venere riducono l’uomo in cenere.
Bacco (mit.): Bacchus, Gott des Weines. | Vẹnere (mit.): Venus, Liebesgöttin.